1422 - Mörderischer Muttertag
die ihn umgab. Elton Baker fühlte sich in einen Horrorfilm versetzt. Er sah den Inspektor in der Wanne liegen, aber sein Hauptaugemerk richtete sich auf die Frau mit dem Messer, die seine Mutter war.
Sie hatte sich über die Wanne gebeugt, und die Klinge zielte bereits auf den Kopf des Polizisten.
Das Öffnen der Tür hatte die Mörderin abgelenkt, und sie drehte sich sogar um.
Es war der Augenblick, in dem für Elton Baker die Zeit stehen blieb und er sich mit der Vergangenheit konfrontiert sah. Er schaute in das Gesicht, in die kalten Augen und hatte das Gefühl, wieder Kind zu sein.
Auf einmal stieg wieder alles in ihm hoch. Auch deshalb, weil sich seine Mutter nicht verändert hatte. Sie trug immer noch die weiße Bluse mit den kurzen Ärmeln, und auch den langen dunkelblauen Rock hatte sie nicht gewechselt. Die halblangen Haare, die so dicht waren, und natürlich das Gesicht, dessen Züge keine Alterserscheinung aufwies. Sie war so jung wie damals.
Ein zweiter Schrei war in Eltons Kehle erstickt. Der Blick dieser kalten Augen hatte ihn wie ein Bannstrahl getroffen, und das Wissen, sich in einer tödlichen Gefahr zu befinden, stieg in ihm hoch.
Der mörderische Muttertag setzte sich fort!
Wie lange er in dieser Haltung erstarrt gewesen war, konnte er nicht sagen. Aber er erwachte daraus, als Tamina Baker ihr Opfer in der Badewanne vergaß, sich aufrichtete und dabei noch weiterdrehte, sodass sie Elton jetzt direkt anschaute.
Die Mörderin setzte Prioritäten. Der Polizist war zwar wichtig, aber noch wichtiger war ihre Familie, deren Mitglieder sie auslöschen musste.
Da riss Eltons Erstarrung. Er hatte gedacht, sich nicht mehr bewegen zu können, doch zum Glück kam es anders, und so sprang er zurück, ohne die Türklinke dabei loszulassen.
Er stieß die Tür zu, und dann gab es für ihn nur noch eins: Die Flucht zu seiner Schwester, die er warnen musste, denn der mörderische Muttertag setzte sich fort…
***
Tina Baker wurde von unguten Gefühlen nahezu gefoltert. Sie stand im Zimmer und schaute nach draußen, wo sich die Terrasse ausbreitete, deren Steine im Licht der Sonne glitzerten. Es war eigentlich ein Tag der Freude, doch sie verspürte nur Angst, die sie wie eine Fessel umschlang und ihre Bewegungen lähmte.
Sie hatte nicht auf die Uhr geschaut, aber ihrer Meinung nach war auch Elton schon zu lange weg. Bis zum Bad zu laufen und einen Blick hineinzuwerfen, das dauerte nicht lange. Möglicherweise hatte er Suko noch nicht gefunden, weil dieser sich auch die Büroräume anschauen wollte. Oder beide standen zusammen und sprachen über Tamina, die Mord-Mutter.
Tina Baker konnte es noch immer nicht fassen. Sie war da in etwas hineingeraten, das man keinem Menschen erzählen durfte. So etwas konnte sich kaum ein Autor ausdenken. Man sagt immer, dass die Wirklichkeit die Fantasie übertrifft, und diese sprichwörtliche Theorie war hier tatsächlich zur Praxis geworden.
Das alles fasste sie nicht. Er war wie eine Welle, die sie ohne Ankündigung überschwemmt hatte.
Und dann hörte sie die Schritte. Nicht normal. Ein heftiges Trappeln, und sie hatte kaum Luft geholt, als die Tür aufgerissen wurde und Elton in den Wohnraum stürmte.
Nur für einen Moment sah sie sein Gesicht, dann drehte er sich um, weil er die Tür zuhämmerte und sie von innen verschloss.
Die Drehung zurück. Dann der Blick!
Er sagte alles. Elton brauchte nichts zu sagen, seine Schwester wusste auch so Bescheid.
Sie sagte nur: »Tamina ist da!«
»Ja, verdammt!«
Jetzt reiß dich zusammen! Tu nichts! Bleib cool. Dreh bitte nicht durch!, hämmerte sie sich ein.
Mit beinahe normal klingender Stimme fragte sie: »Wo hält sich Tamina auf?«
»Sie war im Bad.«
»Und Suko?«
»Ich habe ihn in der Wanne liegen sehen.«
Tina erschrak. »War er tot?«
»Nein, aber Tamina hat ihn töten wollen. Ich bin ihr wohl dazwischen gekommen.«
»Und jetzt?«
Elton hob die Schultern. »Ist sie wohl auf dem Weg zu uns, nehme ich mal an.«
Die Frau riss den Mund auf, ohne allerdings etwas zu sagen. Sie konnte nur staunen, und durch ihren Kopf huschten zahlreiche Gedanken.
»Wir müssen weg, Schwester!«
»Ja, aber wohin?«
»Es gibt nur eine Chance!« Elton deutete nach vorn auf die breite Scheibe. »Das ist der Fluchtweg!«
»Gut.«
Elton lief bereits hin.
Tina tat nichts. Sie überließ alles ihrem Bruder. Ob das nun richtig war oder nicht, darüber dachte sie nicht nach. Sie fühlte sich in ihrer eigenen Angst gefangen und
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