1422 - Mörderischer Muttertag
ändern. Der Teufel hatte ihr zur Seite gestanden, sonst hätte sie nicht so ausgesehen, wie sie aussah, und wäre auch nicht wieder zurückgekehrt.
Mit dem alten Messer…
Nichts hatte sich in ihrem Gesicht verändert. Als Tamina lächelte, erinnerte sich ihre Tochter wieder daran, dass sie immer so gelächelt hatte. Nie warm und freundlich. Mehr kalt und zugleich abschätzend.
Sie wollte es nicht, aber Tina sprach trotzdem. »Mutter?«, fragte sie mit ersterbender Stimme.
»Ja, Tina…«
Es war der nächste Schock für Tina. Sie hatte gehört, dass eine Tote reden konnte. Für sie war es nicht zu begreifen, und sie wunderte sich darüber, dass sie nicht dem Wahnsinn verfiel.
In der rechten Hand hielt Tamina Baker das Messer fest. Der Arm schlenkerte bei jedem Schritt hin und her, sodass noch einige Tropfen von der Klinge wegspritzten.
Dann stoppte sie.
Etwa zwei kleine Schrittlängen vor ihrer Tochter.
Tina stand immer noch schwankend. Sie wunderte sich darüber, dass sie in das Gesicht ihrer Mutter schauen konnte, ohne vor Entsetzen ohnmächtig zu werden.
Nein, das war nicht ihre Mutter. Das durfte, verdammt noch mal, nicht sein!
In dem bleichen Gesicht bewegte sich etwas. Um es herum zitterte es leicht. Jede Kontur wurde aus dem Unsichtbaren nachgezeichnet wie mit einem hellen Bleistift.
Es hatte etwas zu bedeuten, aber darüber machte sich Tina keine Gedanken. Etwas anderes nahm sie viel mehr mit, und das hing auch mit dem Gesicht zusammen.
Darin sah sie etwas.
Ob auf oder unter der Haut, das war für sie nicht genau festzustellen. Jedenfalls war es eine Bewegung, die sich dort abmalte und für eine Veränderung sorgte.
Hell war es. Rötlich. Fast wie Feuer. Als wären die Flammen damals in die Gestalt der Tamina Baker hineingefahren.
Tina konnte ihren Blick nicht davon lösen. Da war etwas, und es wollte auch hervorkommen.
Noch bewegte es sich, stand nicht starr, aber es verdichtete sich, und so erkannte sie innerhalb des Frauengesichts noch ein zweites Antlitz, das mit einem Menschen nichts zu tun hatte. Eine zuckende, feurigrote Fratze.
Dreieckig. Mit einer hohen Stirn, die von hässlichen Hornwülsten geziert wurde.
Ein Maul, eine lange Zunge, nicht zu überbieten an Hässlichkeit.
»Du bist der Teufel, Mutter!«
»Ja, das bin ich…«
Tina Baker wusste jetzt Bescheid. Und sie war am Ende. Sie konnte nichts mehr sagen. Eine neue Schwäche stieg in Wellen in ihr hoch.
Die Gestalt der höllischen Person kreiste vor ihren Augen, und der Zwang, sich in ihre Arme begeben zu müssen, verstärkte sich.
»Ich bin der Teufel. Er hat mich gerettet. Er hat mich bei sich behalten. Ich habe das Feuer nicht nur überstanden, es hat mich sogar gestärkt. Ich lernte nie die Tiefe eines Grabes kennen, denn ich wurde aus dem Sarg geholt. Niemand hat sich um mich gekümmert. Ich war nur eine Mörderin, eine Person, die man verscharren musste. Aber die wahren Hintergründe waren nicht bekannt. Zum Glück nicht, denn so konnte ich mich entwickeln und warten, bis meine Zeit gekommen war. Sie ist jetzt da, denn der Satan gibt nichts umsonst. Dein Vater reichte ihm nicht. Er will auch noch meine Kinder, und ich bin ihm sehr dankbar. So dankbar, dass ich euch der Reihe nach aus dem Weg räumen werde. Das ist mein Tag, das ist der Muttertag des Teufels, meine Tochter.«
»Nein, nein, du kannst alles sagen, aber ich – ich – sehe dich nicht als meine Mutter an. Du bist ein Geschöpf des Satans! Du bist ein furchtbares Wesen, du darfst nicht unter Menschen sein und dort leben, verdammt noch mal! Du gehörst in die Hölle!«, brüllte sie die Gestalt an.
»Ja, das ist mein Platz! Aber die Hölle ist überall, und ich bringe sie überall hin!« Sie hob den Arm mit dem Killermesser. »Wo ich bin, ist die Hölle!«
Den letzten Satz hatte Tina Baker wie aus weiter Ferne gehört. Sie konnte nur auf die Klinge starren, deren Spitze auf sie gerichtet war und jeden Moment in ihr Fleisch eindringen würde.
Dann sah sie hinter Tamina eine Bewegung. Sie konnte nicht erkennen, was es genau war.
Sie ging einen Schritt zurück.
Tamina folgte ihr.
Sie hob die Klinge und zielte jetzt direkt auf die Kehle ihrer Tochter.
Da fielen die Schüsse!
***
Wir waren da. Aber wir hielten uns im Hintergrund.
Tamina Baker tat uns den Gefallen, sich nicht umzudrehen, sodass wir für sie unsichtbar waren. Es warnte sie auch nichts, und so hatten wir die Chance, bis zum alles entscheidenden Moment zu warten.
Dann schossen wir
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