1424 - Das Hexenherz
wollte.
Etwas fiel uns allerdings auf. Es waren nur Männer, die sich vor der Bühne aufhielten, denn die Frauen spielten keine aktive Rolle.
Sie waren nicht mehr als Objekte, die den Gästen den entsprechenden Spaß verschafften.
Es gab Proteste, denn wir gingen nicht eben rücksichtsvoll zu Werke. Freiwillig wollte niemand Platz machen. Es gab genügend Zuschauer, die sich wehrten. Mehr reflexartig schlugen sie um sich, wenn wir in ihre Nähe kamen und uns den Weg bahnten. Einmal hatte ich das Pech und spürte, wie eine feuchte Handfläche gegen meinen Mund klatschte. Ich räumte den Mann zur Seite, der anfing zu fluchen, weil er zusätzlich gegen zwei andere getaumelt war und diese umriss.
Ich ließ mich nicht aufhalten und Suko auch nicht. Er bewegte sich noch vor mir und hatte die Hindernisse förmlich zur Seite geschaufelt. Da wir uns auch dem Licht stetig näherten, konnten wir die Bühne jetzt besser erkennen.
Sie lag nicht so hoch, wie wir gedacht hatten. Die Rampe schloss mit ihrer Vorderseite in Hüfthöhe ab. Da reichte schon ein kleiner Satz, um sie zu erklimmen.
Wie es Jane Collins erging, wusste ich nicht. Ich hatte keine Zeit gehabt, ihr einen Blick zuzuwerfen. Wichtig war es erst einmal gewesen, durch die Zuschauer hindurch zur Bühne zu gelangen.
Suko erkletterte die Bühne vor mir. Ich glaubte auch, Janes Schrei zu hören, war mir aber nicht sicher, sondern hatte erst mal damit zu tun, die letzten Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Ein schwitzender Fleischberg mit klatschnassem Hemd, das an seinem Körper klebte, stellte sich mir in den Weg.
Die untere Hälfte seines Gesichts bestand fast nur aus einem Mund, als er sich gegen mich warf.
Ich hatte genug von diesen menschlichen Hindernissen, die hier erschienen waren, um grausame Sensationen zu erleben, und deshalb ging ich nicht eben sanft vor.
Für einen Moment verlagerte ich das Gewicht auf mein linkes Bein. Dann hob ich das rechte an und benutzte das Knie als Rammbock. Ich traf einen fetten Bauch, ich merkte, dass seine Wampe nachgab, hörte ein Würgen und stieß die Gestalt zusätzlich mit beiden Händen zurück, sodass sie gegen die Rampe prallte.
Endlich hatte ich freie Bahn.
Ob mich jemand daran hindern wollte, als ich die Bühne erkletterte, war nicht zu sehen. Ich kam jedenfalls gut hoch und konnte mich endlich um Jane Collins kümmern.
Suko hatte das Ziel schon erreicht.
Er war zu Jane Collins gelaufen und hielt sie fest. Dabei stand er nicht im Käfig, sondern draußen. Seine Arme hatte er zwischen den Stäben hindurchgesteckt und hielt die Detektivin so umfangen.
»Komm her, John! Hilf mir!«
Ob es etwas brachte, darüber dachte ich nicht weiter nach. Suko hatte bestimmt seine Gründe, warum er so reagierte. Ich lief an der linken Seite des Käfigs entlang, um die Rückseite zu erreichen.
Jane keuchte heftig. Sie war fertig und am Ende ihrer Kräfte. Hätte Suko sie nicht gehalten, wäre sie sicherlich schon durch das Loch in die Tiefe gefallen.
»Halt du sie jetzt, John!«
»Und dann?«
»Ich muss an die Klauen heran!«
Verdammt, die hatte ich ganz vergessen. Ich kümmerte mich nicht weiter um sie, denn jetzt war Jane Collins wichtig, die auf keinen Fall abrutschen und in das Loch fallen durfte.
Es war am besten, den gleichen Griff wie Suko anzusetzen. Unter dem Stoff des Umhangs spürte ich, wie Jane zitterte. Sie konnte nicht mehr, denn die letzten Minuten hatten ungeheuer an ihren Kräften gezehrt.
»Ich hab dich, Jane!«
»Mein Gott, ich weiß nicht, in was wir uns da hineingeritten haben! Aber ich kann mich nicht ewig halten.«
»Das wirst du auch nicht müssen. Wir finden einen Weg.«
Ihr Lachen klang gequält. »Wie denn, John? Wie willst du einen Weg aus diesem Dilemma finden?«
»Keine Sorge, das haben wir bisher noch immer.«
»Ich weiß auch nicht, wie wir in den verdammte Käfig geraten sind. Es war dunkel. Man führte uns auf diese Bühne, dann fiel plötzlich etwas vor uns nieder, und wir waren gefangen.«
»Ja, das sehe ich.«
»Und ich will nicht, dass sie gewinnen, verdammt! Justine ist schon weg!«
»Mach dir um sie keine Gedanken…«
»Nein, aber ich mache mir Gedanken um mich. Du kannst mich nicht ewig halten.«
Das traf zu. Aber ich wusste auch, dass wir sie nicht in die Tiefe fallen lassen würden. Zur Not mussten Suko und ich uns abwechseln, um sie festzuhalten. Einer konnte dann Hilfe herbeiholen.
Zunächst einmal wurden wir durch Suko abgelenkt, der sich um die verdammten
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