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Mitternachtspicknick

Mitternachtspicknick

Titel: Mitternachtspicknick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Die Sommerferien hatten gerade begonnen, und der Bahnhof war schwarz von Menschen. Lautsprecheransagen schallten durch die Luft, laut quietschten die Bremsen der einfahrenden Züge. Überall wurde gerufen, gelacht, begrüßt, verabschiedet, geschimpft, manchmal auch geweint. Es herrschte ein Riesentrubel, aber das empfanden Angie und Diane Heller, die beiden Schwestern, die gerade den Bahnsteig entlangeilten und einen schönen Platz suchten, als angenehm.
    »Da kriegt man überhaupt erst die richtige Urlaubsstimmung«, bemerkte Angie zufrieden. »Schau mal, hier beginnt die zweite Klasse! Du lieber Himmel, das sieht aber alles ziemlich besetzt aus!«
    Diane seufzte und wechselte ihre Reisetasche von einer Hand in die andere. »Nicht so schnell, Angie! Unsere Eltern kommen ja nicht mehr mit!«
    Tatsächlich waren Hans und Elisabeth Heller, die den Wagen mit den großen Koffern schoben, ein ganzes Stück zurückgeblieben. Das sperrige Gefährt zwang sie immer wieder zu stoppen, wenn sie in einen neuen Pulk von Menschen gerieten.
    Angie blieb stehen. »Warten wir eben einen Moment«, sagte sie friedfertig. Und dann leuchteten ihre Augen plötzlich auf. »Diane, du ahnst ja nicht, wie ich mich freue!«
    Die Schwestern sahen einander sehr ähnlich, waren beide blond und schlank und hatten klare, offene Gesichter. Diane, mit ihren dreizehn ein Jahr jünger als Angie, wirkte zarter und blasser, schaute schüchterner drein als die robuste ältere Schwester mit dem großen Mund und den lebhaften Augen. Angie neigte dazu, Diane hin und wieder zu bemuttern und dabei gern auch ein wenig zu bevormunden, aber Diane akzeptierte das, weil sie dadurch immer eine starke Schulter zum Anlehnen hatte. Eng verbunden wie sie waren, hatten die Mädchen auch keine Sekunde lang gezögert, ihre Ferien gemeinsam zu verbringen. Sie hatten sich etwas Besonderes ausgedacht: einen Reiterhof am Meer, die Eulenburg, wo es Wasser und Sand, grüne Deiche und Schafe, viele Pferde und viele Jungen und Mädchen gab. Die ganzen sechs Wochen wollten die Mädchen in der Eulenburg verbringen.
    Inzwischen waren auch die Eltern herangekommen. Hans Heller schnaufte etwas, denn der Wagen schob sich schwer.
    Elisabeth Heller musterte ihre Töchter vorwurfsvoll. »Was, um Gottes willen, habt ihr denn alles eingepackt?«
    »Nur die notwendigsten Dinge«, behauptete Angie. »Du musst bedenken, dass die Reitsachen allein schon ein ziemliches Gewicht haben. Und dann Regenmäntel, Gummistiefel, ein paar warme Pullover und ...«
    »Also, ich hoffe doch, ihr werdet auch ein bisschen schönes Wetter haben und nicht nur Kälte und Regen«, unterbrach ihr Vater. »Seht mal, hier ist ein leeres Abteil! Lauft mal schnell vor und besetzt es, ich komme dann mit dem Gepäck nach!«
    Es dauerte eine ganze Weile, bis alles verstaut war und sich die Eltern wieder hinaus auf den Bahnsteig begeben konnten.
    »In Hamburg müsst ihr umsteigen«, erinnerte Heller noch einmal. »Hoffentlich kommt ihr mit den Koffern zurecht!«
    »Das klappt schon alles! Tschüs Mutti, tschüs Papi! Werdet ihr uns ein bisschen vermissen?«
    Langsam fuhr der Zug an. Die beiden Mädchen lehnten sich weit zum Fenster hinaus und winkten eifrig.
    »So, das hätten wir«, sagte Angie zufrieden, schloss das Fenster und ließ sich in ihren Sitz fallen. »Es werden wundervolle Ferien, ich weiß es!« Ihre blauen Augen blitzten unternehmungslustig. »Hoffentlich sind die anderen alle nett!«
    »Das hoffe ich auch«, stimmte Diane etwas zaghaft zu, »und hoffentlich ist der Reitlehrer nicht zu streng.«
    »Bestimmt nicht. Du wirst sehen, alles ist ganz einfach. Wir werden reiten, im Meer baden, picknicken und nur tun, was uns Spaß macht.«
    Diane wollte gerade etwas darauf erwidern, da wurde polternd die Abteiltür aufgezogen und ein schwarzhaariges Mädchen mit hochgezogenen Augenbrauen blickte herein.
    »Hallo«, sagte sie. »Ist hier noch ein Platz frei?«
    Sie wartete keine Antwort ab, sondern betrat mitsamt all ihren zahlreichen Gepäckstücken das Abteil. Sie besaß eine Koffergarnitur aus weichem rotem Leder, trug einen eleganten Overall und verströmte ein aufdringliches Parfüm. Leise schimpfend wuchtete sie ihre Habseligkeiten hinauf in das Gepäcknetz. Dann nickte sie den Schwestern kühl zu, setzte sich, schlug die Beine übereinander und vertiefte sich in eine Modezeitschrift.
    Diane und Angie warfen einander vielsagende Blicke zu. Was für eine Ziege! Sie tat so, als sei es geradezu eine Beleidigung,

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