1429 - Totenkopf-Ballade
die hier hereingeschwappt war, hielt sie fest. Es war nicht die ihre, denn hier hatte der Teufel nichts zu sagen.
»Komm, komm her…«
Malinka bewegte ihren Kopf. Sie warf ihn hin und her. Sie ballte die Hände, drückte den Kopf zurück und riss ihren Mund weit auf.
Da griffen die Kinder zu.
Zugleich wurde die Zimmertür aufgerissen!
***
Ich hatte vor, über die Schwelle hinweg in das Zimmer zu springen, doch als ich sah, was dort ablief, blieb ich stehen.
Augenblicklich spürte ich die andere Atmosphäre. Dies hier war nicht mehr die normale Welt.
Ich sah das Geschehen und hatte Mühe, es zu begreifen. Es war der blanke Wahnsinn, denn als ich die vier kleinen, durchscheinenden Gestalten sah, wusste ich sofort, wer sie waren.
Vier Kinder hatte Malinka ermordet, um der Hölle zu dienen. Sie selbst war zu einer anderen geworden. Nicht richtig tot und auch kein normaler Mensch mehr.
Ähnliches war mit den Kindern geschehen. Nur hatten sie keine schwarzen Seelen wie die verfluchte Frau. Sie waren im Licht gewesen, aber sie hatten keine Ruhe finden können, und sie sorgten jetzt dafür, dass sie zu ihrer Ruhe kamen.
Alle Hände griffen zu.
Und diese kleinen Hände bewiesen, welch eine Kraft in ihnen steckte. Sie zerrten die Gestalt der Kindesmörderin in die Höhe. Malinka zappelte und versuchte sich zu befreien, doch das gelang ihr nicht.
Kein Teufel streckte seine Hand aus, um ihr zu helfen. So konnte sie von den Kindern mitgenommen werden. Als sie in Richtung Decke schwebten, da wurden sie noch durchscheinender und lösten sich schließlich vor unseren Augen auf.
Bisher war kein Laut zu hören gewesen. Wenig später hörten wir etwas. Aus einer Ferne, die für uns Menschen nicht messbar war, vernahmen wir ein schreckliches Geräusch, das so ähnlich klang wie ein Schrei der Verzweiflung.
Es war das letzte Zeichen einer vierfachen Mörderin. Die Totenkopf-Ballade hatte ihr Ende gefunden…
***
Mit einem leicht unsicheren Schritt betrat ich das Zimmer und befand mich wieder in der Normalität, denn die andere Kraft war nicht mehr vorhanden.
Noch konnte keiner sprechen.
Harry Stahl setzte sich auf einen Sessel und schüttelte immer nur den Kopf.
Dagmar Hansen hob die Schultern. Zu mehr war sie nicht fähig.
Und Jana hatte ihre Hände gefaltet und betete stumm.
Ich ließ meine Freunde in Ruhe und trat ans Fenster. Draußen lief das abendliche Leben ab, und genau das hatte ich sehen wollen. Ich musste die Bestätigung haben, dass ich mich in der normalen Welt befand. Aber ich wusste auch, dass ich zu spät gekommen wäre.
Den Fall beendet hatte eine andere Macht, um die Gerechtigkeit wiederherzustellen.
Als ich mich nach einer Weile umdrehte, hatten sich meine Freunde aus Deutschland gefangen. Harry sagte etwas, das wohl nur er selbst verstand.
Dafür sprach mich Dagmar an. »Ich möchte jetzt nicht weiter dar über nachdenken, John, was wir erlebt haben. Darüber sprechen und diskutieren können wir später noch. Nur habe ich eine Frage.«
»Bitte.«
»Ist so das Leben?«
Ich verzog meine Mundwinkel. »Nicht immer, Dagmar, aber manchmal schon.«
»Genau«, sagte sie. »Und dann ist es auch gut – oder?«
»Du hast es erkannt…«
***
Es gab noch viel zu tun. Besonders mussten wir uns mit der einheimischen Polizei auseinander setzen. Ich konnte mich da zurückhalten. Harry und Dagmar ließen ihre Beziehungen nach Deutschland spielen, und so schlossen sich Deutsche und Tschechen auf der oberen Ebene kurz. Es drang nichts in die Öffentlichkeit, denn der Kurbetrieb sollte natürlich nicht gestört werden.
Ich dachte nicht daran, bei diesem herrlichen Wetter in das viel kühlere London zurückzukehren, denn es gab da eine Person, die mir eine Massage versprochen hatte.
Ich geriet also in die Hände einer gewissen Jana.
Was ich bei ihr durchlitt, das war der wahre Horror. Hinzu kam noch, dass Dagmar Hansen und Harry Stahl zuschauten, wobei sie sich köstlich amüsierten, während man mich zu einem weichen Steak zurechtknetete…
ENDE
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