143 - Alraunen-Spuk
Sie war doch nicht mal verschlossen. Ich brauchte nur
die Klinke zu drücken, und dann ließ sie sich öffnen...«
Orleps Adamsapfel hüpfte rauf und runter. »Aber... das
kann... nicht sein«, stammelte er. »Die eiserne Tür und die schwere, massive
Falltür im Boden des fraglichen Zimmers sind fest versiegelt, Mister
Kunaritschew. Von innen. Da kommt doch kein Mensch dran!«
*
Jetzt wollte es der PSA-Agent genau wissen.
»Dann kommen Sie mit, Mister Orlep. Am besten ist, wir
sehen uns die Sache mal gemeinsam an...«
X-RAY-7 und der Wirt des »Mountain House« gingen
nebeneinander her, solange es der Korridor und die Diele zuließen.
Dann setzte sich Kunaritschew an die Spitze. Er ging
dem Wirt in den Keller voran. Der knipste sämtliche Lichter an, damit sie gut
sahen.
Orlep ließ Kunaritschew wissen, daß er es nicht fassen
könne, auf welche Weise die zwei fraglichen Gestalten ins Haus eingedrungen
waren. »Durch die Haustür war es unmöglich. Es sei denn, sie hätten
Nachschlüssel gehabt. Sie ist ja noch jetzt verschlossen.«
»Möglicherweise gibt es einen anderen Weg«, bemerkte
Iwan, ohne sich umzudrehen. »Vielleicht existiert ein geheimer Zugang, von dem
Sie bisher keine Ahnung hatten, Mister Orlep. Das könne ja sein...«
»Ausgeschlossen ist es nicht.«
Gemeinsam nahmen sie sich jeden einzelnen Keller vor.
Kunaritschew richtete sein besonderes Augenmerk auf
Türen, Nischen und Fensterschächte. Hier fand er keine Spuren, die auf einen
Einstieg oder ein gewaltsames Eindringen hätten schließen lassen.
Ob sich sein Verdacht mit einer bisher unbekannten
Geheimtür doch noch bestätigte?
Am Ende des Hauptkorridors, der sich verengte, lag die
Tür, durch die Kunaritschew vorhin gekommen war, und die, wenn er James Orleps
Aussagen Glauben schenken konnte, schon seit fast hundert Jahren von niemand
mehr geöffnet worden war.
Im Licht sah Iwan jetzt auch, daß das Schloß von hier
außen zumindest versiegelt war. Das bedeutete, daß von dieser Seite der Tür auf
keinen Fall jemand einen Schlüssel benutzt hatte.
»Sie sagten vorhin, daß Ihr Großvater der eigentliche
Initiator des Geheimganges und der Geheimtreppe war«, machte Iwan Kunaritschew
sich unvermittelt wieder bemerkbar. »Haben Sie je versucht herauszufinden, was
der Grund für den Bau des doppelten Mauerwerks, das ganz offensichtlich später
eingezogen wurde und zwischen dem sich die Geheimtreppe befindet, gewesen ist?«
»Dieses Stück Land, das wir heute unser Anwesen
nennen, war einst ein Lehen der Herren von Somorrynn-Castle«, antwortete Orlep.
»Mein Vater hat mich mal wissen lassen, daß diese Herren von Somorrynn-Castle
den Anstoß für den Bau des Stollens gegeben hätten. Aus welchem Grund jedoch,
das wußte auch er nicht. Er zweifelte sogar daran, daß man meinem Großvater
mitteilte, warum er das tun sollte.«
»Aber trotzdem hat er es getan...«
»Ja. Die Familie hatte das Sagen hier. Und er wäre ein
Tor gewesen, dem Vorschlag nicht zuzustimmen. Denn er erhielt die Zusage, daß
nach dem Bau des Geheimstollens und der Falltür, die in einen genau zuvor
bestimmten Raum münden müsse, das Haus und das Grundstück von Stunde an ihm
gehörten. Er brauchte weder Miete noch Zins zu bezahlen, sich noch zu sonst
irgendwelchen Arbeiten zu verpflichten. Das »Mountain House« wurde von dieser
Minute an zum Familiensitz der Orleps.«
»Aber nichts geschieht ohne Sinn«, reagierte X-RAY-7.
»Als die Herren von Somorrynn-Castle ihrem Großvater den Vorschlag machten, den
Geheimstollen hinter dieser Tür zu errichten, müssen sie sich ja etwas dabei
gedacht haben. Niemand durfte von diesem Gang wissen, und doch ist er zumindest
zwei außenstehenden Personen bekannt. Ob sie irgend etwas mit den Herren von
Somorrynn-Castle zu tun haben? Vielleicht sind es Nachkommen? - Aber nein, so
sahen sie ja gerade nicht aus... Sie selbst, Mister Orlep, sind sich also ganz
sicher, daß es hier im Haus niemals einen Schlüssel für diese Tür und für die
Fallklappe oben in meinem Zimmer gegeben hat?«
»Ganz sicher!«
Kunaritschew gewann den Eindruck, daß der Wirt
tatsächlich keine Erklärung für alles hatte, als der Russe mit leichter Hand
die Klinke drückte und die schwere Eisentür nach innen schob.
Trotz ihres enormen Alters quietschte sie nicht mal in
den Angeln. Es schien, als sei sie erst vor kurzer Zeit geölt worden.
Kunaritschew machte die Probe aufs Exempel. Mit dem
rechten Zeigefinger tupfte er die Scharniere an
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