1431 - Das Humanidrom
aussieht."
Sie hatte rätselhafte, dunkle Augen und einen ungewöhnlich vollen Mund, der ständig zu lächeln schien. Nichts schien ihr zu entgehen. Sie war eine Frau, die sich niemandem so ohne weiteres öffnete.
Vielleicht ging gerade deswegen eine besondere Faszination von ihr aus. Sie war fast immer von Männern umlagert, die um ihre Gunst buhlten. „Darum geht es mir", gab der Medien-Manager zu. „Du hast allen Grund zur Freude", erklärte sie. „Dein Sohn wird die Weiten der Milchstraße kennenlernen und seinen Fuß auf viele fremde Welten setzen."
Armin Holm und die anderen Gäste, die ihre Worte gehört hatten, verstummten. „Du machst Witze", sagte Endehar Roff enttäuscht. „Warum sollte er Lokvorth verlassen wollen? Kein Mensch denkt an Raumfahrt. Wenn wir wissen wollen, wie es auf anderen Welten aussieht, schalten wir das Holorama ein. Außerdem haben wir keinen Grund, unseren Planeten zu verlassen. Nirgendwo treffen wir bessere Verhältnisse an als hier."
Holm wurde sich dessen bewußt, daß Roffs Worte vor allem für die beiden Spitzel der Geheimpolizei gedacht waren. „Und nirgendwo müssen sich ledige Frauen vor verheirateten Männern so in acht nehmen wie hier", warf Esmalda spöttisch ein.
Armin Holm lächelte dünn. „Nein, mein Sohn wird auf Lokvorth bleiben. Da bin ich ganz sicher", sagte er.
Lokvorth war eine Welt des Überflusses, des Konsumrausches, der uneingeschränkten Freiheiten und auch der lockeren Sitten. Man sprach nicht gern über die Möglichkeit, den Planeten zu verlassen. „Wozu sollte er zu anderen Welten reisen?" fragte Holm. „Was könnte dort anders sein als hier?"
„Du wolltest sagen, er kann es nicht, weil er nicht das Recht dazu hat", lächelte Esmalda. „Niemand hat das Recht auf Raumfahrt. Es heißt, daß die Menschen es vor Jahrhunderten einmal hatten, aber das ist längst vorbei. Heute redet nur noch die CILADA darüber, so als bestünde die Möglichkeit dazu. Vielleicht wird dein Sohn sie haben."
Armin Holm blickte sich erschrocken um.
Es erschreckte ihn, daß Esmalda dieses Thema vertieft hatte, obwohl sie von der Anwesenheit der Geheimpolizei wußte. „Es tut mir leid, Esmalda", sagte er, „aber ich muß dir in aller Schärfe widersprechen. Zugleich bitte ich dich, darauf Rücksicht zu nehmen, daß dieses Thema bei einem solchen Anlaß wirklich unpassend ist."
Esmalda setzte zu einer ihrer gefürchteten Antworten an, kam jedoch nicht dazu, sie zu formulieren.
Ein junges, blondes Mädchen trat auf die Terrasse heraus. Sie trug ein vollkommen durchsichtiges, seidig schimmerndes Gespinst, das ihren Körper von den Füßen bis zum Hals umgab - und darunter nichts.
Von dem metallisch schimmernden Gürtel an ihren Hüften gingen optische Verzerrungsfelder aus, die dafür sorgten, daß von ihrer Weiblichkeit nur so viel zu sehen war, daß die Phantasie der Betrachter angeregt wurde.
Sie streckte die Arme in die Höhe und hüpfte auf den Fußballen. „Hört mich an", rief sie. „Ich muß euch was erzählen."
Sie hatte ein junges, frisches Gesicht, das vor Erregung gerötet war. Ihre blauen Augen leuchteten, als habe sich alles Licht der Sonne Scarfaru darin gefangen. „Was ist denn los, Janine?" fragte Holm, als die Gespräche seiner Gäste verstummt waren. „Es ist sensationell", behauptete sie, während sie auf einen Stuhl und von dort auf einen mit Speisen bedeckten Tisch stieg. „Soeben ist eine überaus wichtige Nachricht von der Erde eingetroffen. Terra hat beschlossen, daß Lokvorth seinen Reichtum zum Ruhm der gesamten Menschheit einsetzen soll", verkündete sie. „Uns ist der ehrenvolle Auftrag erteilt worden, ein Humanidrom zu bauen."
Ihre Worte lösten einen Jubel aus, der die vorangegangenen Gratulationen für Armin Holm bei weitem übertraf. Es dauerte lange, bis es dem Medien-Manager gelang, wieder Ruhe herzustellen. „Was ist eigentlich ein Humanidrom?" fragte er dann.
Seine Frage löste teils Gelächter, teils Beifall aus. Keiner von den Gästen wußte, was die Lokvorther da eigentlich bauen sollten. „Das Humanidrom ist eine gigantische Weltraumstation. Seine Größe ist nur noch in Kilometern zu messen. Es soll zu einem Denkmal des menschlichen Genies werden, zu einer Art Museum, in dem die Geschichte der Menschwerdung bis zum heutigen Tage dokumentiert wird. Die Erde veranschlagt eine Bauzeit von etwa fünfzig Jahren!"
Erneut brach Jubel aus, doch er war verhaltener und kürzer. Die meisten Männer und Frauen ließen
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