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144 - Der Flug der Todesrochen

144 - Der Flug der Todesrochen

Titel: 144 - Der Flug der Todesrochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Gattungen ein bedrohliches Potential in sich tragen. Mochten sie Aiko auch früher als vollwertigen Menschen betrachtet haben, inzwischen war er für sie nur noch ein mit Fleisch überzogener Roboter, der einen der ihren getötet hatte.
    Sein fremdartiges Gehirn, das sich nicht mehr mit einem organisch gewachsenen vergleichen ließ, flößte allen unbewusst Angst ein. Angst davor, beim nächsten Mal vielleicht selbst auf der Abschussliste zu stehen, nur weil einer, der nicht mehr zu ihnen gehörte, es plötzlich für logisch befand.
    Das war der Grund, warum sie Aiko die Schüsse auf McKenzie so übel ankreideten, obwohl nachweislich feststand, dass jedes weitere Zögern unschuldige Menschenleben gekostet hätte. Darum, und weil sie wohl ahnten, das der Cyborg wegen seiner Handlungsweise keinerlei Schuld fühlte.
    Gewissensbisse waren Aiko fremd. Er wusste selbst, dass ihn dieser Mangel an Reue von Menschen mit organischen Gehirnen unterschied. Und dass die Klarheit, mit der er seine Entscheidungen fällte, andere ängstigen musste.
    Die Ablehnung, die ihm aufgrund seiner Überlegenheit entgegenschlug, war äußerst kontraproduktiv. Aiko wusste das.
    Deshalb trat er so zurückhaltend wie möglich auf, in der Hoffnung, die Situation dadurch ein wenig zu entschärfen.
    Im Kampf gegen die Daa’muren, die seine Spezies (Aiko empfand sich durchaus noch als Mitglied der menschlichen Gesellschaft) bedrohten, war er auf die Hilfe der übrigen Communities angewiesen. Der Cyborg versuchte sich darum so sozial wie möglich zu verhalten, auch wenn er dabei Gefühle vortäuschen musste, die er längst nicht mehr besaß oder die nur noch als entferntes Echo in ihm nachhallten.
    Mit leicht gesenktem Blick überließ er der Prime und ihrem General die Initiative: Charles Draken Yoshiro war der erste, dem das allgemeine Schweigen zu viel wurde. Die hohe Stirn in tiefe Falten gelegt, sah er prüfend auf die Rochenattrappe herab.
    »Sieht wirklich verdammt echt aus, das Ding«, lobte er, beinah ein wenig widerwillig.
    Naoki wollte ihm darauf antworten, doch Aiko, der eine Gelegenheit suchte, die Lage zu normalisieren, kam ihr zuvor.
    »Es handelt sich um ein Metallskelett mit halborganischer Hülle«, erklärte er bereitwillig. »Was sie außen sehen, ist eine zwei Zentimeter dicke, speziell gezüchtete Zellkultur, die auf einer Plysteroxummantelung sitzt. Das macht die Attrappe so lebensecht.«
    Der General nickte beeindruckt. Waffentechnik war seine Profession.
    Er konnte sogar Bewunderung für die Leistungsfähigkeit eines gegnerischen Panzers empfinden, warum also nicht für den getarnten Gleiter eines Mörders?
    »Segelflugeigenschaften spielen wohl keine Rolle bei diesem Prototyp?«, fragte er.
    »Nein«, bestätigte Aiko.
    »Die Bewegungen der Brustschwingen sollen nur einen natürlichen Bewegungsablauf vortäuschen. In Wirklichkeit verfügt Manta One über die gleiche Magnetfeldtechnik, die unsere Gleiter antreibt. Da er wesentlich leichter ist, kann ich damit auch viel höher aufsteigen.«
    »Manta One?«, mischte sich die Prime zum ersten Mal ein.
    »Der Deckname dieses Projektes«, erklärte Aiko. »Wir fanden, dass diese Biester große Ähnlichkeit mit den maritimen Teufelsrochen haben, deshalb erschien uns die Bezeichnung nahe liegend.«
    General Yoshiro nutzte die Unterbrechung, um neben der Attrappe in die Hocke zu gehen und den Rumpf in besonderen Augenschein zu nehmen.
    »Dass Sie da drinnen überhaupt genug Platz haben, Mr. Tsuyoshi«, staunte er.
    »Jemand von größerem Wuchs könnte da vielleicht Probleme bekommen«, gab Aiko zu. »Ich passe gerade so hinein.«
    »Muss schrecklich sein, so lange unbeweglich in derartiger Enge zu liegen.« Den Worten des Generals haftete ein vorwurfsvoller Unterton an. So, als könne nur jemand völlig Gefühlloses dieser Aufgabe gewachsen sein.
    »Aber nein, Herr General!« Aiko besaß genügend Erinnerungen aus seinem früheren Leben, um seiner Stimme einen charmanten Unterton zu verleihen. »Ein Krieger Ihres Formats würde das ebenfalls aushalten, wenn er damit seine Heimat verteidigen könnte.«
    Die Schmeichelei fiel auf fruchtbaren Boden. Charles Draken Yoshiro errötete leicht hinter den Ohren und gestattete sich ein stolzes Lächeln.
    »Das ist wohl wahr«, bestätigte er. »Ein guter Soldat wächst über sich hinaus, wenn es die Situation erfordert.«
    Sichtlich zufrieden mit seiner Inspektion, richtete er sich auf und suchte den Blickkontakt zur Prime. Nach einem kurzen

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