1442 - Das Relikt
zuständigen Stelle auf und änderte den Kurs in südliche Richtung, sodass der Blick auf den Strom verschwand.
Es verging nicht viel Zeit, da sahen wir die drei ineinander gehenden Städte unter uns. Aber auch den Küstenstreifen und das Wasser der Bucht.
Selbst die Inseln waren zu erkennen. Sie lagen dort wie unterschiedlich große Fladen in den Wellen.
Wir verloren danach rasch an Höhe und setzten bald auf dem Gelände der Kollegen von der Wasser-Polizei auf.
Alles hatte super geklappt. Beim Aussteigen fragte mich der Pilot.
»Was ist mit dem Rückflug, Mr Sinclair?«
»Darüber brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen.«
»Gut. Dann verschwinde ich wieder.« Er deutete zum Himmel.
»Ich möchte nämlich noch vor dem großen Schneefall wieder im Stall sein.«
»Alles klar.«
»Viel Glück dann.«
»Danke.«
Wir wurden bereits erwartet. Der Mann stellte sich als Simon Black vor und stand im Range eines Captains.
»Sie wollen wirklich bei dem Wetter los?«
»Es muss sein.«
»Und der Schneefall?«
Ich winkte ab. »Bis zum Abend sind wir wieder zurück. Der Schnee ist doch erst für den Abend angesagt worden. Oder nicht?«
»So ist es.«
Wir verloren keine Zeit. In dem kleinen Privathafen der Kollegen dümpelten ihre Boote von unterschiedlicher Größe. Wir brauchten keines, das hochseetüchtig war. Uns reichte ein schneller Flitzer, auf dem drei Personen Platz fanden.
Alles was fährt und sich lenken lässt, war Sukos Sache. Und so überließen wir ihm den Platz am Steuer. Simon Black blieb an unserer Seite, bis wir das Boot geentert hatten. Dann wurde die Leine gelöst, und wir konnten los.
Vom Hubschrauber aus hatte das Wasser so ruhig ausgesehen.
Wir merkten sehr schnell, dass es anders war. Es gab zwar keinen Sturm, dafür aber eine kurze Dünung, gegen die wir ankämpfen mussten. So schaukelten wir wie auf einem riesigen Teppich, der sich hob und senkte und uns in die Bucht hineinzutreiben schien.
Suko hatte sich gut informiert und wusste, wie er das Boot zu steuern hatte.
Gegen Spritzwasser war er geschützt. Eine breite Scheibe fing die Gischtflocken auf.
Godwin und ich hielten uns am Heck auf. Ich hatte meinen Freund in der letzten Zeit sehr schweigsam erlebt, und das war auch jetzt der Fall.
Ich konnte sein Verhalten verstehen, denn er hatte dieses Kreuz bereits kennen gelernt. Nur war das in einem anderen Leben gewesen. Wieder daran erinnert zu werden, und das auf eine so drastische Art und Weise, das ging schon an die Nieren. Sicherlich wurde er von den Bildern der Vergangenheit überwältigt, die sich in seinem Kopf abspielten.
Er schaute mich an und lächelte.
»Alles okay?«, fragte ich.
Godwin nickte. »Ja, ich bin froh, dass es bald vorbei sein wird und ich nicht mit einer bösen Erinnerung leben muss.«
»Das glaube ich dir. Nur – hast du dir schon mal Gedanken dar über gemacht, was mit dem Kreuz geschehen soll, wenn wir es schaffen, es in unseren Besitz zu bringen?«
Er hob die Schultern. »Man kann es doch nicht so lassen, John. Es muss zerstört werden. Es bringt nur Unglück, das weißt du selbst. Es darf auf keinen Fall in die falschen Hände gelangen, wobei ich davon ausgehe, dass es schon geschehen ist.«
Dagegen konnte ich nichts sagen, meinte allerdings: »Dieser Laurent Gabin hätte es besser sichern müssen. Nicht freigeben. Es in einem Schließfach lassen, wie auch immer. Der Meinung bin ich, und ich denke, dass ich so gehandelt hätte.«
Der Templer hob die Schultern und streifte seine Haarflut zurück, die der Wind immer wieder durcheinander wehte. Er war mit seinen Gedanken weit weg, das sah ich, und seine nächsten Worte wiesen darauf hin.
»Möglicherweise hat er gar nicht gewusst, was er da in seinem Besitz hatte. So konnte er die Folgen nicht überblicken.«
»Kann sein. Dafür wusste sein Sohn besser Bescheid. Es war ja nicht eben einfach, das Relikt zu stehlen.«
»Du sagst es.«
Die größte der Inseln war vor uns aufgetaucht. Es sah so als, als wollte Suko das Boot direkt darauf zulenken und in die Gischt hineinfahren, die einen hellen Bart unten an den Felsen bildete.
Wir mussten um die Insel herum. Ich drückte uns allen die Daumen, dass unsere Ankunft nicht beobachtet wurde.
Es gab nicht nur die eine Insel. In der Bucht verteilten sich mehrere. Nur dort, wo das offene Meer anfing, gab es diese Flecken nicht mehr.
Bewohnt waren die kleinen Eilande nicht. Sie lagen wie hingeworfen in der grauen Flut. Wellen schwappten gegen die
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