1449 - Der Knochentempel
dass er seinen linken Arm nicht bewegte.
Schweiß bedeckte sein Gesicht. Der Atem drang pfeifend über seine Lippen. In den Augen sah ich einen fiebrigen Glanz, und sein Gesicht war blass wie das einer Leiche.
Er konnte sogar lachen, obwohl es nicht mehr als ein Gekrächze war. »Es hat mich erwischt, Mr Sinclair. Verdammt noch mal, es hat mich erwischt!«
»Wo?«
Er lachte wieder. »Die Kugel steckt in meinem Arm.«
»Lassen Sie mich mal nachsehen, bitte.«
»Okay, okay.«
Er hatte Glück gehabt. Die Kugel war in den Oberarm gedrungen und steckte noch dort. Sie war wohl vom Knochen aufgehalten worden. Die Wunde blutete kaum. Eine Arterie war also nicht verletzt.
»Sterben wird man davon nicht – oder?«
»Bestimmt nicht. Aber Sie brauchen ärztliche Hilfe. Auch mit einem Steckschuss ist nicht zu spaßen.«
Ich hatte mein Handy schon aus der Tasche geholt, als mich der Bischof noch mal ansprach. »Was ist mit diesem Hundesohn? Haben Sie ihn erkennen können?«
»Nein, leider nicht. Er war zu schnell. Sein Wagen stand verdammt günstig. So konnte er fliehen.«
»Ja, manchmal hält der Teufel wirklich seine schützenden Hände über gewisse Leute. Verfolgen Sie ihn, Mr Sinclair. Einen Arzt kann ich selbst anrufen. So schwer verletzt bin ich nicht.«
Das hatte er zwar nett gesagt, nur glaubte ich ihm das nicht. Der Schock würde noch kommen. Da musste ich mir nur sein bleiches Gesicht anschauen. Ich wählte die Notrufnummer, gab einen knappen Bericht ab, teilte auch mit, wer ich war, und erhielt die Antwort, dass man so schnell wie möglich den Notarzt schicken wollte.
»Und?« Der Bischof sah mich fragend an.
Ich steckte das Handy wieder weg. »Man hat mir gesagt, dass der Notarzt so schnell wie möglich kommt.«
Er schaute mich für einen Moment an und öffnete den Mund. Es sah aus, als wollte er etwas sagen, aber er kam nicht mehr dazu, sondern verdrehte die Augen, während ein Seufzen über seine Lippen drang. Sekunden später war er bewusstlos.
Ich hatte damit gerechnet und war froh, bei ihm geblieben zu sein.
Jetzt ärgerte ich mich noch mehr, dass ich von dem Killer nichts gesehen hatte. Er war wie ein Schatten gekommen und ebenfalls wie ein Schatten verschwunden.
Aber mir war klar, dass in diesem Fall noch andere Faktoren eine Rolle spielten, die mir noch Probleme bereiten würden. Zudem ging ich davon aus, dass ich von dem eigentlichen Geschehen recht weit entfernt war. Ich dachte wieder an den Film, den ich zusammen mit dem Bischof gesehen hatte. Das war ein Horror-Streifen gewesen, nur leider kein Film, sondern die gefilmte Wirklichkeit, und das gab mir schon zu denken.
Wo befand sich dieser Raum? Diese große Höhle mit den Schädeln, dem schrecklichen Gesicht und der jungen Frau?
Mein Handy meldete sich. Die Melodie unterbrach meine Gedanken, und ich war froh, als ich plötzlich Sukos Stimme hörte.
»Wo bist du denn?«
Ich sagte es ihm.
»Das liegt außerhalb von London?«
»Ja. Aber nicht weit.«
»Pass auf, ich war auch nicht untätig.«
Bevor ich meiner Überraschung Ausdruck geben konnte, fing er an zu sprechen. Bereits nach den ersten Sätzen war ich wie elektrisiert. Es war gut, dass Suko sich ebenfalls in den Fall eingeschaltet hatte. Was er alles herausgefunden hatte, deutete bereits auf eine Lösung hin. Ich ärgerte mich jetzt doppelt darüber, dass wir beide räumlich so weit getrennt waren.
»Und wie ist es dir ergangen, John?«
»Glück muss der Mensch haben.« Er bekam auch von mir einen Bericht. Als Suko von dem Gesicht in dieser Kathedrale erfuhr, stieß er einen Pfiff aus.
»He, das ist ein Hammer. Davon hat mir auch Ellen Kinley berichtet. Zumindest hast du schon mal den Ort gesehen, wo die Schädel liegen sollen. Und letztendlich auch das Gesicht des Köpfers.«
»Du sagst es. Nur wissen wir noch nicht, wer sich hinter diesem Namen verbirgt.«
»Das lässt sich herausfinden.«
»Versuche du es«, sagte ich. »Wir werden uns jedenfalls so schnell wie möglich treffen.«
»Einverstanden. Und wo?«
»In Paddington. In der Nähe des Einstiegs. Oder hast du eine bessere Idee?«
Suko lachte. »Im Moment nicht. Wir telefonieren zwischendurch noch. Ich sage dir dann, wo du mich genau finden kannst. Und den Schlüssel besitze ich.«
»Dann pass gut auf ihn auf.«
»Bis später.«
Ich fühlte mich erleichtert, als ich mein Handy wieder verschwinden ließ. Alles wies darauf hin, dass wir es letztendlich doch schaffen würden, den Fall zu klären.
Jetzt war
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