1449 - Der Knochentempel
Person ins Auge gefasst?«
»Wollen Sie jetzt einen Namen hören?«
Suko lächelte. »Das wäre mir am liebsten.«
»Ja, aber damit kann ich Ihnen nicht dienen. Keinen Namen. Aber er hat mal von einem Mörder gesprochen, der wohl nicht das Jenseits erreicht hat. Der zwar tot ist, den es aber noch immer irgendwie gibt.«
»Aha. War es ein mehrfacher Mörder?«
»Ich glaube.«
»Und weiter?«
Ellen stöhnte auf. Suko sah ihr an, dass etwas in ihrer Erinnerung aus dem Dunkeln hervorstieg. Dass sie Angst hatte, bemerkte er an ihrem Blick.
»Wollen Sie es mir nicht sagen?«
»Doch, doch. Es ist nur so schrecklich und schlimm. Aber es passt zusammen.«
»Sehr gut.«
»Es war ein Mörder, der seine Opfer geköpft hat und die Köpfe als Trophäen mitnahm. Die armen Menschen sind allesamt ohne ihre Köpfe beerdigt worden, weil man sie nicht gefunden hat. Auch später nicht, als man den Killer stellte.«
»Kam er vor Gericht?«
»Nein«, flüsterte sie, »nein, man hat ihn nicht vor Gericht gestellt. Das ging nicht mehr. Er hat sich seiner Festnahme durch den Tod entzogen. Er brachte sich selbst um, und dabei hat er sich seinen eigenen Kopf abgeschnitten…«
Jetzt war es heraus, aber Ellen hatte sich etwas zu viel zugemutet.
Hätte sie nicht in einem Sessel gesessen, sie wäre zusammengebrochen. So aber schluchzte sie auf und presste beide Hände gegen ihr Gesicht.
Suko ließ sie in Ruhe, denn er musste zunächst mal Ordnung in seine Gedanken bringen.
Hier hatte ein Küster versucht, hinter bestimmte Geheimnisse zu gelangen, und er musste sich dabei intensiv mit dem Leben und dem Wirken eines mehrfachen Mörders beschäftigt haben.
Den Namen des Mörders herauszufinden war kein Problem. Da hatte Scotland Yard genügend Möglichkeiten.
Die Köpfe der Toten waren nach Ellens Worten nie gefunden worden. Aber Suko wusste jetzt, wo sie die ganze Zeit über versteckt gewesen waren. Im Beinhaus des Küsters.
Im Moment war es nicht mehr wichtig. Suko war bereits jetzt voll und ganz auf diese Kathedrale fixiert, die er finden musste, aber nicht allein. Da musste John Sinclair mit ins Boot.
Ellen zupfte ein Taschentuch aus ihrer Hosentasche. Sie wischte über ihre Augen.
»Ich bin noch hier«, sagte Suko, als sie ihn anschaute.
»Ja, danke.« Sie atmete tief ein. »Ich weiß ja, was ich gesagt habe, aber ich denke, dass ich Ihnen nicht viel helfen kann. Es ist mir alles zu viel gewesen und über den Kopf gewachsen.«
»Das kann ich verstehen. Sie haben mir auch genug geholfen«, erwiderte Suko. »Jetzt sind andere Personen an der Reihe.« Er drehte den Kopf und warf einen Blick auf den Bewusstlosen.
Es war nicht zu erkennen, ob er sich noch immer in diesem Zustand befand oder ob er den Schlag mittlerweile verdaut hatte. Möglicherweise stellte er sich auch nur bewusstlos.
Suko kam auf ihn zu sprechen. »Welche Rolle spielt dieser nicht eben harmlose Mensch?«
»Er heißt Arrik.«
»Aha.«
»Und von seiner Sorte gibt es noch einen zweiten. Der hört auf den Namen Damon. Wenn die beiden nebeneinander stehen, werden sie Mühe haben, sie auseinander zu halten. Sie sind Brüder, aber keine Zwillinge. Woher sie kommen, weiß ich nicht. Da müssen Sie schon meinen Vater fragen. Der kennt sie besser.«
»Deinen Alten gibt es nicht mehr!«
Arrik war wach, und Ellen Kinley hatte genau verstanden, was er geknurrt hatte.
Sie schaute Suko an. In ihren Blicken las er die bange Frage.
»Nein – oder?«
Der Inspektor nickte.
Es vergingen einige Sekunden, bis Ellen begriffen hatte. Sie öffnete den Mund und flüsterte: »Mein Vater – er – er ist wirklich tot?«
Arrik lachte meckernd. »Klar, man hat ihm den Schädel eingeschlagen!«
»Und wenn du nicht gleich dein Maul hältst, werde ich es dir stopfen!«, drohte Suko.
»Plustere dich nicht auf, Bulle. Du gewinnst sowieso nicht.«
Suko hatte keine Lust, darauf zu antworten, denn Ellen Kinley war jetzt wichtiger.
Sie hatte die schreckliche Nachricht gehört, aber nicht verdaut.
Unbeweglich hockte sie in ihrem Sessel und schien gläserne Augen bekommen zu haben. Ihre Lippen bewegten sich, ohne dass sie etwas sagte. Suko las an ihnen das Wort tot ab.
Der auf den Boden liegende Arrik grinste breit. Er hatte seinen Spaß und leckte sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Möglicherweise wartete er darauf, dass Ellen zusammenbrach. Doch den Gefallen tat sie ihm nicht. Mit einem Nicken erwachte sie aus ihrer Erstarrung und war wieder in der Lage, etwas zu
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