1449 - Die Perle Moto
töten", zischte Fio-Ghel-Sh'ou. „Gleich jetzt!"
Ga-Nuin-L'ing stieß sich mit den Schultern von der Wand ab, und seine glanzlosen Augen blickten plötzlich sehr wachsam. „Warum willst du mich töten?" fragte Dao-Lin-H'ay gelassen.
Fio-Ghel-Sh'ou antwortete nicht. Sie hob die Waffe. „Genug!" sagte Ga-Nuin-L'ing scharf.
Mit einem blitzschnellen Schritt war er bei ihr und hielt sie fest. Kartanische Soldaten kamen hereingestürmt und entwaffneten Fio-Ghel-Sh'ou. „Hände weg!" schrie sie wütend. „Ich bin die Oberbefehlshaberin der kartanischen Raumflotte!"
„Du warst es!" korrigierte Ga-Nuin-L'ing kalt. „Und ich bedauere es, daß ich dir jemals geholfen habe, es zu werden."
Er gab den Soldaten einen Wink, und sie brachten Fio-Ghel-Sh'ou weg. „Tut mir leid", sagte Ga-Nuin-L'ing, als er mit Dao-Lin-H'ay allein war. „Aber diese Szene war leider nötig."
„Warum?"
Er löste ihre Fesseln. „Ich werde es dir erklären", sagte er. „Fio-Ghel-Sh'ou war einigen Leuten schon lange ein Dorn im Auge, aber irgendwie hat sie sich immer wieder aus der Affäre gezogen. Selbst das Fiasko auf Bentu-Karapau hat sie überstanden."
„Wieso Fiasko?" fragte Dao-Lin-H'ay verwundert. „Sie hat immerhin dein Leben aufs Spiel gesetzt, und das einiger anderer noch dazu.
Sie hat versucht, es so hinzustellen, als hätte sie dich rächen wollen. Deine Rückkehr hat sie ziemlich überrascht."
„So sehr, daß sie mich umbringen wollte?" fragte Dao-Lin-H'ay skeptisch. „Ich habe ein bißchen nachgeholfen", gab Ga-Nuin-L'ing gelassen zu. „Und natürlich wurde diese Szene aufgezeichnet."
„Ich hasse Intrigen!"
„Tut mir leid, aber darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen."
Er sah sie nachdenklich an. „Deine Rückkehr", sagte er leise, „wirft eine ganze Reihe von Problemen auf. Viele Kartanin sehen in dir eine lebende Legende.
Sie sind bereit, dir auf jeden noch so verrückten Kriegszug zu folgen. Unten auf Kartan bereitet man eine große Feier vor.
Man wird dir das Amt der Höchsten Frau und den Oberbefehl über die Raumflotte antragen, und man wird dies in einer Form tun, die es dir unmöglich macht, dieses Angebot abzulehnen. Das ist einer der Gründe, warum Fio-Ghel-Sh'ou dich umbringen wollte."
Dao-Lin-H'ay schwieg. Sie wußte noch nicht so recht, worauf er hinauswollte. „Ich hasse die Karaponiden", fuhr er fort. „Aber ich werde nicht tatenlos zusehen, wie wir uns blindlings in einen Krieg mit ihnen stürzen, in dem wir keine Chance haben. Die Karaponiden haben eine schwere Niederlage erlitten. Vielleicht gibt es jetzt eine Chance, Verhandlungen mit ihnen aufzunehmen. Aber die Legende, die deine Familie um dich herum aufgebaut hat, wird uns dabei im Weg sein - jedenfalls wenn du an dieser Feier teilnimmst und dir diese Ämter aufdrängen läßt. Man wird von dir Taten fordern - keine Verhandlungen."
„Haben dir Sisa-Vart und Loi-Scrom nicht mitgeteilt, was ich vorhabe?"
„Du bleibst also dabei?"
„Ja."
Ga-Nuin-L'ing stand auf und holte einen Gegenstand von einer der Konsolen. Er schlug die Folie auseinander, in die der Gegenstand eingewickelt war. Ein betörendes Funkern blitzte zwischen seinen Händen auf.
Dao-Lin-H'ay hielt den Atem an.
Da war es - das zweite Bruchstück der Perle Moto. „Was ist sie wert?" fragte Ga-Nuin-L'ing. „Was kann man damit anfangen? Was kann sie uns im Kampf gegen die Karaponiden nützen?"
„Nichts", erwiderte Dao-Lin-H'ay nüchtern. „Bist du sicher?"
„Der einzige Bericht, der wenigstens theoretisch einen Nutzen für die Kartanin haben könnte, betrifft dieses Schiff- die NARGA SANT. Dieser Bericht schildert die Katastrophe und die gesamte Vorgeschichte."
Und diese Vorgeschichte war ihm bekannt. Sie sah es ihm an.
Er verzog das Gesicht und reichte ihr die Perle. „Das ist nichts, was man nach so langer Zeit mit aller Gewalt wieder aufwärmen sollte", knurrte er. „Mir liegt nichts daran, es an die Öffentlichkeit zu zerren", versicherte Dao-Lin-H'ay. „Meine Familie spielt dabei keine besonders ruhmvolle Rolle."
„Sie werden vor Wut schäumen, wenn du dich so einfach davonmachst", bemerkte Ga-Nuin-L'ing spöttisch. „Ich werde wiederkommen", versicherte Dao-Lin-H'ay.
Sie spürte, daß ihm wehmütig zumute war, und das überraschte sie.
Impulsiv streckte sie ihm die Hand hin - eine terranische Geste, die er sicher nicht verstand. Dennoch erwiderte er sie. Danach kehrte sie in die MARA-DHAO zurück.
Sie warf keinen einzigen Blick mehr auf den
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