1450 - Die Herren der Straßen
Pedrass Foch.
Die junge Frau verharrte vor der Maschine und horchte. Ruhig atmete sie durch die Nase. Sehr bewußt nahm sie die fremdartigen Gerüche ihrer Umgebung in sich auf. Ein leichter Wind wehte ihr entgegen. Er brachte einen eigenartigen Duft mit sich, der ein Gefühl des Unbehagens in ihr erweckte.
Vorsichtig sah sie sich um.
Eine handlange Eidechse schoß unter einigen herabgefallenen Blättern hervor und schoß leise raschelnd davon. Ihr Rücken leuchtete und funkelte grün und blau, Marte lächelte, „Nur keine Angst", wisperte sie. „Ich tu' dir nichts."
Lautlos glitt sie weiter, bis ihre Fingerspitzen die Maschine berühren konnten. Sie sah die Stelle, die Karl Prenthane ihr bezeichnet hatte, und sie wunderte sich ein wenig, daß er nicht mitgekommen war, Ein warmer, übelriechender Windhauch strich über ihr Gesicht. Erschrocken drehte sie sich herum und sah sich um. „Da ist irgend etwas", flüsterte sie kaum hörbar in ihr Mikro. „Ich sehe nichts", antwortete die Stimme Fochs aus den Ohrhörern. „Paßt auf", bat sie. „Ich habe das Gefühl, daß es ganz in der Nähe ist." Sie wandte sich der Baumaschine wieder zu und öffnete das Fach unter dem Mikrogravitator, Die Computerkonsole lag offen vor ihm. Sie griff danach, um die Speichereinheit herauszufahren und zu entnehmen.
Wieder traf sie der übelriechende Lufthauch. Der Magen krampfte sich ihr zusammen, und sie meinte, nicht mehr atmen zu können. Während sie noch zögerte, die Speichereinheit herauszunehmen, brach unmittelbar neben ihr der Boden auf, und ein riesiger Vogelkopf hob sich ihr brüllend entgegen.
Sie sah einen scharf gebogenen Schnabel, der wenigstens so groß war wie sie selbst.
Das kann nicht sein! schrie es in ihr. Es gibt keine Vögel auf diesem Planeten!
Sie riß die Speichereinheit heraus. Es war eine daumengroße, hauchdünne Scheibe. Dann versuchte sie, dem vermeintlichen Vogel auszuweichen. Doch sie war zu langsam. Ein Schnabelhieb traf sie mit schmerzhafter Wucht im Rücken.
Sie hörte es laut knacken, dann schien sich der Boden unter ihr zu öffnen. Sie verlor die Kontrolle über ihren Schutzanzug und stürzte der Länge nach auf den Boden.
Er hat mein Gravo-Pak getroffen! erkannte sie, während sie sich ihrer ganzen Hilflosigkeit bewußt wurde, Brüllend bäumte sich das Tier unter ihr auf, drückte sie zur Seite hinweg und schob eine riesige, mit scharfen Krallen bestückte Pranke aus dem Erdreich hervor.
Ein mächtiger, dicht behaarter Körper wurde sichtbar. Marte Escatt rollte hilflos durch die Büsche. Vergeblich versuchte sie, sich abzufangen. Ihr Sturz endete erst, als sie gegen einen verfaulenden Baumstamm prallte, der im Unterholz lag.
Sie hörte es krachen, und dann wirbelten stinkendes Holz und Hunderte von Insekten und Würmern über sie hinweg.
Ihre Augen weiteten sich.
Der vermeintliche Vogel erwies sich als riesige Echse, die zwei muskulöse Laufarme und zwei verkrümmte Stützarme hatte. Ihr behaarter Schwanz endete in einem ganzen Bündel von schuppenbesetzten Stacheln, die metertiefe Löcher in den Boden rissen, wo sie aufschlugen.
Marte Escatt schrie entsetzt auf, als sie aufspringen wollte, der Schwanz peitschend über sie hinwegflog und die Stacheln sie nur um wenige Zentimeter verfehlten. „Meine Güte, bleib liegen!" schrie Pedrass Foch ihr zu. „Siehst du denn nicht, was los ist?"
Zusammen mit Karl Prenthane stand er in der Deckung einiger Bäume, und jetzt begriff Marte, was er meinte. Aus der Höhle neben der Maschine schnellten sich Dutzende von faustgroßen Echsen hervor.
Sie alle hatten diesen charakteristischen Vogelkopf mit dem scharf gebogenen Schnabel. An einigen von ihnen klebten noch die Reste von Eierschalen.
Verflixt, dachte sie erschrocken. Ich bin ausgerechnet an ein Nest dieser Biester geraten! „Nicht schießen, solange wir es irgendwie vermeiden können!" befahl Pedrass Foch über Funk. „Wir dürfen die Cantaro nicht auf uns aufmerksam machen."
„Du hast gut reden", stöhnte sie und bückte sich, um einem peitschenden Schwanzhieb auszuweichen. „Dich greift diese Bestie ja nicht an."
Auf allen vieren kroch sie rückwärts von dem Saurier weg, und sie atmete erleichtert auf, als dieser ihr nicht folgte. Er hatte offenbar nichts anderes im Sinn, als seine Brut zu sichern. „Immer die Nerven behalten!" rief Karl Prenthane. „Wir müssen die Informationen aus der Maschine haben."
Marte zuckte zusammen. Erst jetzt erinnerte sie sich wieder daran,
Weitere Kostenlose Bücher