Mini Shopaholic: Band 6
1
Okay. Keine Panik. Ich habe alles im Griff. Ich, Rebecca Brandon (geborene Bloomwood), bin hier die Erwachsene. Nicht meine zweijährige Tochter.
Ich weiß nur nicht, ob sie es auch weiß.
»Minnie, Schätzchen, gib mir das Pony!« ,
Ich versuche, ruhig und selbstsicher zu klingen, genau wie Nanny Sue im Fernsehen. »Ponyyyyyy.« Jetzt hält Minnie das Spielzeugpony erst richtig fest.
»Kein Pony.«
»Mein!«, schreit sie hysterisch. »Meeeeiiiin Pony!«
Mmpf. Ich bin mit einer Million Einkaufstüten bepackt, mir steht der Schweiß auf der Stirn, und darauf könnte ich jetzt echt verzichten.
Es lief doch so gut. Ich habe das ganze Einkaufszentrum abgeklappert und die restlichen Kleinigkeiten von meiner Weihnachtsliste besorgt. Minnie und ich waren auf dem Weg zur Weihnachtsmannwerkstatt, und ich war nur kurz stehen geblieben, um mir ein Puppenhaus anzusehen. Woraufhin Minnie ein Spielzeugpony vom Regal nahm und sich weigerte, es wieder zurückzustellen. Und jetzt bin ich mitten im Pony-Schlamassel.
Eine Mutter in hautengen J-Brand-Jeans kommt mit ihrer tadellos gekleideten Tochter vorbei und mustert mich mit diesem strengen Mutter-Blick. Ich zucke zusammen. Seit Minnie auf der Welt ist, muss ich feststellen, dass dieser Mutter-Blick noch viel brutaler ist als der Manhattan-Blick. Mit dem Mutter-Blick schätzen sie nicht nur bis auf den letzten Penny deine Kleidung ein. Oh, nein. Sie schätzen auch die Kleidung deines Kindes, die Buggy-Marke, die Windel-Marke, den Babybrei und ob dein Kind lächelt, schnottert oder schreit.
Was für einen kurzen Blick sehr viel auf einmal ist - aber glaubt mir: Mütter sind wahre Multi-Tasker.
Minnie bekommt definitiv Topnoten für ihr Outfit. (Kleid: Danny-Kovitz-Einzelstück, Mantel: Rachel Riley, Schuhe: Baby Dior). Und ich habe ihr einen Laufgurt umgeschnallt (Bill Amberg aus Leder, echt cool, war in der vogue). Statt jedoch engelsgleich zu lächeln wie das kleine Mädchen auf dem Werbefoto, stemmt sie sich dagegen wie ein Stier, den es in den Ring drängt. Ihre Augenbrauen sind vor Zorn zerknittert, ihre Wangen sind rosig, und sie holt gerade Luft, um gleich wieder loszukreischen.
»Minnie!« Ich lasse los und nehme sie in die Arme, damit sie sich sicher und geborgen fühlt, genau wie es Nanny Sue in ihrem Buch (Wie man seinen Frechdachs zähmt) empfiehlt. Ich habe es neulich gekauft, um es kurz durchzublättern. Nur so aus Interesse. Ich meine, es ist ja nicht so, als hätte ich Probleme mit Minnie. Oder als wäre sie schwierig. Oder gar unbeherrscht und starrsinnig, wie die blöde Lehrerin in der Kindermusikgruppe gesagt hat. (Was weiß die denn schon? Die kann ja nicht mal richtig Triangel spielen.)
Minnie ist nur ... lebhaft. Sie hat eben eine klare Meinung zu allem und jedem. Zum Beispiel Jeans (trägt sie nicht) oder Möhren (isst sie nicht). Und momentan ist sie eben der Ansicht, dass sie ein Spielzeugpony besitzen sollte.
»Minnie, Schätzchen, ich liebe dich sehr«, gurre ich sanft, »und es würde mich sehr glücklich machen, wenn du mir das Pony geben würdest. So ist es recht, gib es Mama...« Fast habe ich es geschafft. Meine Finger schließen sich um den Kopf des Ponys ...
Ha. Gewusst wie. Ich hab‘s. Unwillkürlich sehe ich mich um, weil ich doch gern wissen möchte, ob jemand Zeuge meiner fachmännischen Erziehungsmethoden geworden ist.
»Meeeeiiin!« Minnie reißt sich aus meinen Armen los und flüchtet mit dem Pony quer durch den Laden. Mist.
»Minnie! MINNIE!«, schreie ich.
Ich schnappe mir meine Tüten und haste Minnie hinterher, die schon in der Superhelden-Abteilung verschwunden ist. Mein Gott, ich weiß gar nicht, wozu wir uns die Mühe machen, die vielen Athleten für die Olympischen Spiele zu trainieren. Wir sollten einfach ein Team aus Kleinkindern aufstellen.
Als ich sie einhole, pfeife ich aus dem letzten Loch. Irgendwann muss ich echt mit den postnatalen Übungen anfangen. »Gib mir das Pony!« Ich versuche, es ihr abzunehmen, aber sie saugt sich daran fest wie eine Napfschnecke.
»Meeeeiin Ponyyyy!« Ihre dunklen Augen blitzen mich entschlossen an. Wenn ich Minnie manchmal so betrachte, sieht sie ihrem Vater dermaßen ähnlich, dass ich zusammenzucke.
Apropos, wo ist Luke eigentlich? Eigentlich wollten wir die Weihnachtseinkäufe gemeinsam erledigen. Als Familie. Aber er ist schon vor einer Stunde verschwunden, hat irgendwas davon gemurmelt, er müsste mal kurz telefonieren, und seitdem habe ich nichts mehr von ihm gesehen.
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