1461 - Katakomben des Wahnsinns
nach vorn, doch er konnte nichts mehr erkennen, denn sein Blick war bereits totenstarr geworden.
Der Bleiche wartete nicht lange. Er bückte sich, hob die Leiche auf und verschwand mit ihr im Wald…
***
Ich war von der Strafanstalt aus direkt zu den Conollys gefahren. So war es zwischen uns abgesprochen. Von unterwegs hatte ich meine Ankunft angekündigt und hatte hören müssen, dass Sheila bereits Kaffee kochte und es dazu einen Kuchen geben würde.
Das war die eine Seite der Normalität. Aber es gab auch eine andere. Ich wechselte zwischen ihnen, erlebte das eben normale Menschsein und kippte dann wieder in die andere Richtung, wo der Wahnsinn manchmal freie Bahn hatte.
Richtig begreifen konnte ich es nicht. Da war das Leben schon zu einer Achterbahnfahrt geworden, deren Wagen sich bei einem hohen Tempo oft genug noch im Kreis drehten.
Kaffee und Kuchen – und zuvor die Aussagen des Insassen über Zombies und Katakomben.
Aber es passte trotzdem. Da konnte ich noch so nachdenklich sein.
Solange ich hier auf der Erde mitmischte, würde sich nichts daran ändern. Und ändern würde sich auch der Verkehr in London nicht, denn ich steckte mal wieder in einem Stau fest.
Die Zeit nutzte ich, um mit Suko zu telefonieren, der sich im Büro befand.
»Ach, man hat dich nicht gleich dort behalten?«
»Nein, ohne dich wollte man mich nicht haben.«
»Und wie war’s?«
»Deprimierend.«
»Damit meinst du den Knast.«
»Ja.«
»Was hat dieser Reuter gesagt?«
Ich gab ihm einen Kurzbericht und wartete auf die Antwort.
»Beeil dich, Suko, ich muss gleich weiter.«
»Nun ja, seltsam ist es schon.«
»Stimmt.«
»Willst du nachhaken?«
»Das sage ich dir heute Abend, wenn ich von Bill zurückkomme.«
»Besser morgen. Ich muss mit Shao auf einen Geburtstag.«
»Richtig, hast du ja gesagt. Dann viel Spaß.«
»Danke.«
Seine Antwort hatte nicht so geklungen, als würde es ihm wirklich Spaß machen, aber Suko hatte eben zu viele Bekannte unter den Chinesen, und manche Geburtstage musste er eben mitfeiern. Dafür sorgte schon seine Partnerin Shao.
Gut fünfzehn Minuten später fuhr ich die Auffahrt zum Bungalow der Conollys hoch. Ich parkte meinen Wagen auf dem üblichen Platz vor der Doppelgarage und sah, als ich ausgestiegen war, Sheila Conolly in der offenen Haustür stehen.
»Welch eine angenehme Begrüßung.« Ich nahm Sheila in den Arm und küsste sie auf beide Wangen.
»Du Schmeichler.«
Wir gingen ins Haus. Bills Stimme hörte ich aus seinem Arbeitszimmer klingen, dessen Tür offen stand. Er telefonierte. Deshalb hatte mich auch Sheila begrüßt, die unbedingt den Sommer herbeizaubern wollte, denn die weiße Hose und das hellblaue bis zu den Hüften reichende Jeanshemd deuteten darauf hin. In ihrem blonden Haar hatten sich einige Blütenblätter verfangen. Sie war wohl im Garten gewesen.
»Von dir hörte man ja Sachen«, sagte sie.
»Wieso?«
»Du hast Bill von deinem letzten Fall mit diesen Trollen erzählt.«
»Ja, habe ich.«
Sheila legte den Kopf schief. »Stimmt es, dass du mit Justine Cavallo losgezogen bist?«
»Klar.«
»Dann hast du eine neue Partnerin.«
Jetzt wusste ich, worauf Sheila hinauswollte. Klar, ich hatte Justine mitgenommen, weil ich vermutet hatte, dass es sich bei den Trollen um eine Abart von Vampiren handelte. Das hatte sich dann als nicht richtig herausgestellt. Die Spur hatte uns stattdessen in das Druidenparadies Aibon geführt.
»Es war ein Einzelfall, Sheila.«
»Das will ich auch hoffen. Ich möchte Bill nicht in der Nähe dieser Blutsaugerin sehen und meinen Sohn Johnny auch nicht. Dann könnte es so weit kommen, dass sie mein…«
Bills Stimme unterbrach sie. »Okay, ich bin fertig. Und Hunger habe ich auch. Es riecht nach Kaffee und nach Kuchen. Also kommt mit, bevor ich alles alleine esse.«
Ich grinste Sheila an. »Ist der immer so?«
»Nein, nur manchmal. Sonst könnte ich es auch nicht aushalten.«
»Ja, das stimmt.«
Wir gingen nicht in die Küche, auch nicht in den Wohnraum. Bill wollte in seinem Arbeitszimmer essen und auch den Kaffee trinken.
Es war groß genug, um neben den Büchern und Sesseln auch noch den kleinen Tisch aufzunehmen, der bereits gedeckt war.
»Hat alles Bill gemacht«, erklärte Sheila.
»Au. Hat er was gutzumachen?«
»Das frage ich mich auch.«
Bill verdrehte die Augen. »Da tut man euch schon mal einen Gefallen, und dann muss man sich so was anhören. Das macht mich auch nicht eben glücklich.«
»Wir bedauern
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