1473 - Sandrines Voodoo Lehre
Schaufenster hatten bis bereits gesehen, dass sich im Geschäft jemand aufhielt. Es war eine Frau mit angegrauten Haaren, die hochschaute, als sie die Glocke hörte, die beim Öffnen der Tür anschlug.
Mir fiel auf, dass die Augen der Frau rötlich und verweint aussahen. Unsicher schaute sie uns entgegen, und Dagmar setzte ihr schönstes Lächeln auf, bevor sie »Bonjour« sagte.
Ich schloss die Tür und dachte daran, dass drei Kunden die höchste Anzahl waren, die sich hier aufhalten konnten, ohne sich auf die Füße zu treten.
Zu kaufen gab es alles Mögliche. Vom Hosenträger bis zur Seife.
Sogar Spielzeug für Kleinkinder stand in einem Regal.
Dagmar nickte der Frau hinter der Theke zu. »Sie sind Madame Perrot?«
»Ja, das bin ich.« Die Stimme klang etwas gepresst. Die Frau musste sich schon stark zusammenreißen. »Womit kann ich Ihnen dienen?«
Wir überließen Dagmar das Feld. Von Frau zu Frau ging das besser.
»Es geht um Ihre Tochter Sandrine.«
Pauline Perrot schrak zusammen. »Ja, was ist mit ihr?«
»Können wir mit ihr sprechen? Natürlich nur, wenn sie im Haus ist.«
»Ja, das ist sie.« Pauline sprach abgehackt. »Nur glaube ich nicht, dass sie mit Ihnen sprechen möchte.«
»Warum nicht?«
»Sie hat Besuch.«
Dagmar drehte sich um und wies durch das Fenster. »Gehört der Wagen zu den Besuchern?«
»Ja.«
»Und wer ist es?«
»Eine Frau und zwei Männer. Einer ist mit ihr ins Haus gegangen, der andere wartet im Wagen.«
»Aber Ihnen passt der Besuch nicht?«
»So ist es.«
»Was ist der Grund?«
»Sandrine will weg. Sie will mich verlassen. Deshalb ist auch diese Person gekommen.« Pauline senkte den Blick.
»Ich mag Mama Rosa nicht. Sie macht mir Angst.«
»Sie heißt Mama Rosa?«
»Ja.«
»Und weiter?«
»Sie ist eine Farbige«, flüsterte Pauline Perrot. »Sandrine kennt sie schon länger. Sie stammt aus dem Senegal, und wie ich hörte, sagt man ihr magische Kräfte nach.«
»Welche genau?«
»Voodoo«, flüsterte Pauline.
Da hatten wir die Spur, und jetzt wollten wir von Pauline Perrot wissen, ob sich auch ihre Tochter mit diesem Zauber beschäftigte.
Möglicherweise hätte sie alles abgestritten, aber gegen unsere geballte Macht kam sie nicht an. Wir standen vor ihr, und sie sah uns wohl als Drohkulisse an, obwohl wir freundlich waren, aber sie sah sich genötigt, uns die Wahrheit zu sagen, und da spielte der Begriff Voodoo wirklich eine sehr große Rolle. Wir erfuhren, dass es für Sandrine so etwas wie ein Hobby gewesen war und sie voll darin aufging.
»Sie kannte sich also aus?«
»Ja. Durch Mama Rosa.«
»Und Sie wissen auch, was hier geschehen ist?« fragte Dagmar weiter. »Dass ein Mann ums Leben kam. Monsieur Garnier, der Besitzer eines Restaurants.«
»Das ist mir bekannt. Es sind mir viele Dinge bekannt, und ich sage Ihnen eines…« Ihre Stimme erhielt einen anderen Klang. Hass schwang darin mit. »Ich gönne diesem Garnier den Tod von ganzem Herzen. Ja, das muss ich Ihnen sagen, und davon nehme ich auch nichts zurück. Ich gönne ihm den Tod. Er war ein Schwein. Ein menschliches Schwein.«
»Und warum war er das?« fragte ich.
Sie stemmte beide Hände auf die Verkaufstheke. »Auch das sollen Sie erfahren. Garnier hat meine Tochter vergewaltigt. Er… er … verdammt, ich gönne ihm den Tod.«
Jetzt kamen wir der Sache langsam näher. Dagmar wollte wissen, warum Sandrine den Mann nicht angezeigt hatte, aber Pauline winkte nur ab. »Angezeigt?« wiederholte sie. »Das wäre wohl möglich gewesen. Aber niemand hätte ihr geglaubt, und wer ihr geglaubt hätte, der hätte sich auf seine Seite gestellt. Wir sind in diesem Ort nicht gut angesehen. Hier gibt es außer mir niemanden, der sein Kind allein aufzieht. Das sollten Sie sich merken. Meine Tochter hatte es nicht leicht, und deshalb hat sie sich so etwas wie einen Fluchtpunkt gesucht. Die Kunst des Voodoo kam ihr gerade recht. So, und jetzt lassen Sie mich in Ruhe. Ich wünsche meiner Tochter jedenfalls alles nur erdenklich Gute in der Fremde, und ich weiß, dass sie sich durchbeißen wird.«
Wir hatten hier von einem tragischen Schicksal gehört, aber das rechtfertigte noch keinen Mord. Und wer die Kunst des Voodoo beherrscht, der ist gefährlich. Sandrine hatte sich ja nicht nur gegen einen Menschen gewandt, auch andere waren in Mitleidenschaft gezogen worden. All die, die ihr etwas angetan hatten. Genau das wiederholte die Mutter in ihrem Zorn.
»So und jetzt wissen Sie alles. Gehen Sie, und
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