1474 - Der Schnitter
ich nicht.«
»Es könnten starke persönliche Motive dahinter stecken«, gab der Arzt zu bedenken.
»Klar, in diese Richtung muss man auch denken. Aber welche? Niemand hatte viel Geld, zumindest nach außen hin nicht. Alles wies auf wahllose Morde hin, aber genau das gefällt mir nicht. Das will ich einfach nicht glauben. Irgendwelche Zusammenhänge muss es geben, und irgendwann finde ich es auch heraus.«
»Das ist nur zu hoffen.«
Voltaire verabschiedete sich mit einem letzten Blick auf den Bahnarbeiter. Der Mann war immer noch nicht in der Lage, etwas zu sagen. Er schaute nur ins Leere.
Voltaire trat wieder nach draußen. Die Hitze brütete über Paris.
Nicht weit entfernt lagen die normalen Gleise. Hin und wieder sah er auch einen Zug.
Wer war der Schnitter?
Dieser Gedanke fraß in ihm. Er war darauf angesetzt worden, diesen Killer zu fangen, und er schwor sich, ihn irgendwann zu stellen.
Nur der Gedanke, selbst in zwei Teile gehackt zu werden, der gefiel ihm ganz und gar nicht…
***
»Jetzt können wir nur noch warten«, sagte ich und nickte meinen Freunden zu.
»Wie hat Sir James denn reagiert?« fragte Harry.
»Zuerst überrascht. Aber er meinte auch, dass keiner das Unheil so anzieht wie ich.«
»Wie recht er damit hat.«
»Müssen wir hier im Büro bleiben?« fragte Dagmar.
»Nein.«
Wir gingen in die kleine Hotelhalle, wo wir uns hinsetzen konnten. Ich hoffte, dass es nicht zu lange dauerte, bis ich Nachricht aus London erhielt.
Auf Sir James war Verlass. Zudem kannte er Gott und die Welt. Er war ein sehr kommunikativer Mensch, was den Austausch von Informationen innerhalb der europäischen Polizeibehörden anging, und damit hatte er mir schon so manches Mal die Wege geebnet.
Die Sessel waren halbrund, recht klein und trotzdem bequem. Es herrschte zudem eine angenehme Luft, aber von Entspannung konnte bei uns keine Rede sein. Wir fühlten uns, als ob wir auf einer heißen Ofenplatte säßen und darauf warteten, sie verlassen zu können.
Ein junger Mann erkundigte sich, ob wir etwas trinken wollten.
Dagegen hatte keiner etwas. Ein Schluck Wasser tat immer gut. Aus einer Karaffe wurde das eisgekühlte Getränk serviert.
Dann erschien der Chef. »Nun, haben Sie Erfolg gehabt?«
»Das wird sich noch herausstellen«, sagte ich.
»Das wünsche ich Ihnen.« Er druckste ein wenig herum und rückte dann mit der Sprache heraus. Da er jemand war, der sich mit Menschen auskannte, hatte er bei uns den Eindruck gehabt, dass wir zwar normale Gäste, aber zugleich welche mit besonderen Berufen waren.
Es groß abzustreiten hatte keinen Sinn, und wir erklärten ihm, dass wir als Polizisten unser Geld verdienten. Er nahm es fast erleichtert zur Kenntnis und musste dann wenig später erfahren, dass wir abreisen würden.
Er fragte nicht nach den Gründen, die konnte er sich denken, nach dem, was hier passiert war.
»Gut, dann mache ich die Rechnung fertig.«
Ich musste nichts zahlen, aber dafür meldete sich mein Handy, und genau auf den Anruf hatte ich gewartet.
Sir James klärte mich auf. Dabei hatte ich das Gefühl, in ein Wespennest gestochen zu haben, denn ich erfuhr, dass ein Killer mit dem Namen Schnitter sehr wohl in Paris bekannt war. Erst vor zwei Tagen hatte es das letzte Opfer gegeben, und die Polizei war bisher noch keinen Schritt weiter gekommen.
»Aber man kennt doch den Namen«, sagte ich.
»Ja, schon. Den hat sich jemand ausgedacht, weil die Opfer in zwei Hälften geteilt wurden. Als Waffe wurde eine Sense verwendet, deshalb war man auf den Begriff gekommen.«
»Nichts von Voodoo?« fragte ich.
»Nein.«
»Das wird sich dann wohl ändern, Sir.«
Der Superintendent atmete hörbar aus. »Ja, das habe ich mir auch gedacht, aber denken Sie daran, dass Sie in Paris fremdes Gebiet betreten. Ich weiß nicht, wie aufgeschlossen man Ihrer Voodoo-Theorie gegenüber ist.«
»Man wird sich daran gewöhnen müssen, Sir.«
»Das denke ich auch. Jedenfalls habe ich Sie bereits angekündigt, John. Sie sollten sich mit einem Kommissar Jean Voltaire in Verbindung setzen. Er leitet die Untersuchungen.«
»Kein Problem für mich.«
»Ich hoffe, auch nicht für ihn. Sollte etwas sein, lassen Sie es mich wissen. Ich kann Ihnen auch Suko vorbeischicken, falls Sie es wünschen.«
»Danke, ich melde mich.«
»Dann viel Glück.«
Dagmar und Harry schauten mich an, als ich das Handy wieder verschwinden ließ.
»Auf nach Paris«, sagte ich nur. »Alles Übrige werde ich euch auf der Fahrt
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