1478 - Tiefsee-Schrecken
ich.
»Kann man laut sagen, John.«
»Werden denn des öfteren hier Knochen angespült?«
»Nein, darüber hätten wir gehört und auch gelesen.«
»Jetzt hört aber auf!« mischte sich Maxine ein. Sie nahm die Pfanne vom Herd und trug sie zum Tisch. »John hat Urlaub und ich auch. Ob Knochen oder nicht, das ist mir jetzt egal. Ich will einfach meine Ruhe haben.«
»Carlotta hat doch nur auf meine Fragen geantwortet«, sagte ich.
»Außerdem bin ich durch den Radiosprecher aufmerksam geworden.«
»Und jetzt willst du die Zeitung lesen.«
»Nein, jetzt essen wir erst.«
»Das will ich auch gemeint haben.«
Die Eier waren klasse, der Speck schmeckte mir auch, und ich war sogar mit meinem Kaffee zufrieden. Wir unterhielten uns auch, ohne über die Knochenfunde zu sprechen, aber unsere Gedanken glitten doch in diese Richtung. Zumindest war das bei mir der Fall.
Maxine dachte ebenfalls mehr oder weniger daran. Wenn sich unsere Blicke trafen, stahl sich ein wissendes Lächeln auf ihre Lippen, ohne dass sie das Thema allerdings konkret ansprach.
Zwei Eier, dazu der Speck, Kaffee und Körnerbrot, das reichte mir.
Etwas Müsli aß ich trotzdem noch, und als ich mich danach satt und zufrieden zurücklehnte, da übernahm Carlotta das Wort.
»Ich sehe John an, dass er einen Blick in die Zeitung werfen will. Du musst nur die zweite Seite aufschlagen.«
»He, du weißt Bescheid.«
»Ich habe den Artikel schon gelesen.«
»Dann kannst du uns bestimmt sagen, was darin steht.«
»Klar.«
Die Tierärztin schüttelte den Kopf. »Ihr beide seid einfach unverbesserlich.«
Ich korrigierte sie. »Nein, eigentlich nur neugierig.«
»Dann bitte, Carlotta, rück damit raus, was du weißt.«
»Nicht mehr, als in der Zeitung steht. Die Leute stehen vor einem Rätsel. Es ist ein Skelett gefunden worden, das angespült wurde und nun untersucht wird. Man hat auch den Strand abgesucht, aber keine weiteren Knochen gefunden.«
»Und was schreiben die Reporter weiter?« fragte ich. »Sie haben doch oft eine simple Lösung.«
»Sie schreiben von einer vor langer Zeit versunkenen Insel.«
Ich griff mir die Zeitung und schlug sie auf. Der Bericht lief über die gesamte zweite Seite. Er war auch mit Fotos bestückt. Sie zeigten den Strandabschnitt, wo es passiert war.
Ich überflog den Bericht, der sehr aufgebauscht war, um die Zeilen zu füllen.
Im letzten Teil rückte der Schreiber mit einer Vermutung heraus.
Er schrieb über eine Insel, die vor längerer Zeit im Meer versunken ist, und darüber, dass dort Menschen gelebt haben sollten, sie sich von Gott entfernt hatten, um ein eigenes Leben zu führen, nach welchen Gesetzen auch immer. Wahrscheinlich nach keinen.
Ich ließ die Zeitung sinken und wandte mich direkt an Maxine, die hier in Dundee groß geworden war.
»Der Reporter schreibt von einer Insel, die vor langer Zeit unterging. Weißt du etwas davon?«
»Ja.«
»Und?«
Maxine winkte ab. »Es ist eine alte Geschichte. Ich würde sagen, sie gehört ins Reich der Legenden.«
»Kennst du sie denn näher?«
»Nein, das nicht. Ich weiß nur, dass sich eine Gruppe von Menschen die Insel ausgesucht hat, um sich dort zu verwirklichen. So nennt man es heute. Vor rund zweihundert Jahren kannte man den Begriff wohl noch nicht.«
»Wie sah das denn genau aus?« wollte ich wissen.
»Da muss ich passen. Ich bin nicht dabei gewesen. Ich weiß nur, was man sich so erzählt. Wie schon gesagt, es handelt sich um eine Legende. Die Menschen wollten angeblich einen neuen Weg ohne Gott finden.«
»Wem dienten sie dann? Dem Teufel?«
»Das kann ich dir nicht sagen. Jedenfalls ist dieses Eiland bei einer mächtigen Sturmflut verschluckt worden. Mehr kann ich dir leider auch nicht sagen.«
»Tja, das hört man öfter. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass so etwas passiert.«
»Kann sein, John. Außerdem leben wir hier an der Küste. Da hört man oft wilde Geschichten.«
»Und jetzt ist einer der Toten wieder zurückgekehrt.« Carlotta schaute uns an. »Ist ja klar, als Skelett nach so langer Zeit.«
Ich winkte ab. »Noch steht nicht fest, dass es ein altes Skelett gewesen ist.«
»Es war jedenfalls kein Fleisch mehr an den Knochen«, erklärte Carlotta cool.
»Ertrinken denn hier öfter Menschen im Meer?« fragte ich.
Maxine nickte. »Hin und wieder kommt das schon vor. Der Strand lädt bei heißem Wetter zum Baden ein.«
»Okay.« Ich schlug das Thema nicht mehr an. Dafür schenkte ich Maxine und mir frischen Kaffee
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