1488 - Söhne der Hölle
Alls verschwunden, Es war 23:19 Uhr am 20.12.1146 NGZ. Ras Tschubai unterbrach sein Schweigen mit einer Bemerkung, die Gucky tief berührte. „In vier Tagen ist Heiligabend!
4.
Warum Hudel einfach nur Hudel hieß, wußte er selbst nicht. Er war geschlechtslos, hielt sich jedoch für männlich und nahm es übel, wenn jemand daran zweifelte.
Warum er aussah wie ein 1,51 Meter großer, aufrechtgehender Seehund, wußte er dagegen sehr gut. Ihm war auch klar, daß die stämmigen Vogelbeine und die dreizehigen Entenlatschen nicht zu seinem Körper paßten.
Desgleichen hatte er nach seiner Entstehung erfahren, daß seine langen Arme eine Mischung aus hohlknochigen Vogelschwingen und modifizierten Schwimmhäuten waren.
Hudel war eine Schimäre, ein aus zwei grundverschiedenen Geschöpfen genmontiertes Mischwesen, das nach seiner Invitro-Werdung überhaupt nicht den Vorstellungen seiner Erzeuger entsprochen hatte.
Eigentlich hatte man einen flugfähigen Wasserbewohner mit hoher Intelligenz und Kampfkraft züchten wollen. Wie so oft bei der experimentellen Verschmelzung von zwei unterschiedlichen Kreaturen war der Mißerfolg programmiert gewesen.
Hudels Erscheinung bildete keine Ausnahme. Er war vom Selektionskommando der Amphibien-Brutwelt Euhja ausgesondert und als Gen-Müll deklariert worden.
In dieser unrühmlichen Eigenschaft war er auf Mycon angekommen, so wie Zehntausende seiner Art.
Dort aber hatte ihm zum ersten Mal in seinem bedauernswerten Dasein das Glück gelacht. Er hatte einen Humanoiden kennengelernt, der ihn weder geschlagen noch getreten oder gar mit parapsychischen Kräften gepeinigt hatte.
Im Gegenteil - er hatte ihm ein bösartiges Krötenwesen vom Leib gehalten und ihm behutsam über das seidige Fell seines Kopfes gestrichen.
Seit der Stunde wußte Hudel, wofür er lebte. Vielleicht, so sagte er sich, war er doch nicht ganz ohne Sinn und Zweck entstanden.
Und nun schaute er mit seinen großen hellblauen Augen auf den Zeitmesser eines vollrobotisierten Raumes, dem er mit diesem Zeitmesser einen tollen Streich gespielt hatte. Wenn Hudel daran dachte, grinste er schadenfroh vor sich hin.
Es handelte sich um eine Sanduhr - natürlich variabel einstellbar! Nach Hudels Auffassung war sie viel besser als der syntronische Kram, der immer genau das tat, was er nicht tun sollte.
Vor allem die Speisen, die von der Maschinerie zubereitet wurden, empfand Hudel als Zumutung.
Nachdem er vor langer Zeit auf der Biontenwelt Mycon ausgeladen worden war, hatte er nach einem Weg gesucht, sich dort am Leben zu erhalten. Dabei hatte er seine natürliche Begabung zum Zubereiten wohlschmekkender Speisen erkannt und sie schleunigst vervollkommnet.
Obwohl er nicht die Spur einer parapsychischen Begabung besaß, war es ihm gelungen, den mörderischen Nachstellungen machtbesessener Klon-Mutanten zu entgehen.
Er hatte sie rechtzeitig genug mit seinen Kochkünsten verwöhnt. Wenn man in jeder Beziehung unterlegen war, mußte man eben nach einem anderen Weg suchen, das Chaos von Mycon zu überstehen.
Hudel schaute gebannt auf den rinnenden Sand seines Zeitmessers. In der Erwartung, das letzte Körnchen durch die Öffnung gleiten zu sehen, spitzte er die Lippen seines breiten Mundes.
Sie glitten mehr und mehr nach vorn, wölbten sich am Ende auf und glichen plötzlich dem Schalltrichter einer Trompete.
Hudel war bereit, verschiedenartige Signale auszustoßen - in Moll oder Dur, das war egal. Jedenfalls war es immer schön laut.
Es war soweit! Die Laufzeit der Sanduhr war beendet. Ein verächtlicher Blick auf die syntronische Zeitansage bewies ihm, daß sein Instrument nur um eine Sekunde differierte. Natürlich war der neumodische Kram dran schuld - was denn sonst?
Hudel schob schleunigst einige altmodische Pfannen und Töpfe von einer noch unmoderneren Wärmeplatte und setzte sich in Bewegung.
Seine tellerbreiten Füße platschten auf den Kunststoffboden. Der stromlinienförmige Körper wankte einen Augenblick, stabilisierte sich und nahm dann „Tempohaltung" an.
Die seitlich abgewinkelten Arme sorgten für weiteres Gleichgewicht. Die von den Händen herabhängenden und an den Bein-Oberkanten endenden Flughäute waren hinderlich, aber daran hatte sich Hudel gewöhnt.
Es war ohnehin unklar, ob er nach dem genetischen Bauplan seiner Erzeuger damit hätte fliegen oder schwimmen sollen.
Den Seehundkörper nach vorn abgewinkelt, schoß Hudel durch die aufgleitende Schleuse. Die untere Schwelle der
Weitere Kostenlose Bücher