149 - Der Rufus-Kult
wieder. Hinter der Lok hingen nur wenige Waggons. Der Zug war sehr schnell unterwegs. Wenn Zug und Motorrad diese Geschwindigkeit beibehielten, mußte ich unter die Räder kommen.
Ich holte das Letzte aus Dondos Maschine.
Es mußte reichen, sonst war es um mich geschehen. Ich fuhr in der Kurve ganz innen, um Zeit zu gewinnen, neigte mich so tief zur Seite, daß meine Knie fast den Boden streiften.
Jeder Zentimeter, jede Sekunde waren lebenswichtig.
Als ich den Bahnübergang erreichte, hatte ich den Eindruck, die Lokomotive würde zu einem riesigen Ungeheuer emporwachsen, das sich pfeifend und stampfend auf mich stürzte.
Aber es verfehlte mich.
Nicht jedoch die Skelette!
Sie hatten es mit ihrem Eifer übertrieben, das sah ich im Rückspiegel. Ganz tief waren die Knochenmänner heruntergekommen. Ihre Füße berührten beinahe den Boden.
So flogen sie hinter mir her, um mich ins Verderben zu jagen. Aber es erwischte nicht mich, sondern sie. Ihr Jagdeifer wurde ihnen zum Verhängnis.
Der donnernde Zug erfaßte die Knochenmänner und zerstörte sie.
Ich bremste und ließ das Hinterrad der Maschine seitlich wegrutschen. Während ich absprang, fiel das Motorrad um, und der letzte Waggon passierte den Bahnübergang.
Ich ließ mich nicht täuschen. Es hatte zwar den Anschein, als wären die Knochenmänner erledigt, doch ihre Gebeine würden von der magischen Kraft, die sie belebte, bald wieder zusammengefügt werden.
Nur wenn ich die Kraft zerstörte, die sie zusammenhielt, konnten sie Martin Lindsay nichts mehr anhaben, konnte auch Rufus nichts mehr mit ihnen anfangen.
Deshalb rannte ich zum Bahnübergang zurück und streifte hastig die Metallkette ab, an der mein Dämonendiskus hing. Damit eilte ich von einem Knochen zum anderen, um ihn zu berühren.
Die Wirkung stellte sich augenblicklich ein.
Nach jedem Kontakt zerfiel der berührte Knochen zu Staub.
Ich sorgte dafür, daß nichts von den Skeletten übrigblieb.
***
Als ich mich erneut mit Tucker Peckinpah in Verbindung setzte, erfuhr ich, daß er Martin Lindsay ausfindig gemacht hatte. Der Anwalt hatte sich bei seinem Freund Broderick Basehart versteckt. Ich hörte, was für ein schlimmes Abenteuer die beiden hinter sich hatten. »Sagen Sie Lindsay, daß er von der Bande des Schreckens nichts mehr zu befürchten hat, weil es sie nicht mehr gibt«, sagte ich. »Er kann gefahrlos in sein Haus zurückkehren.«
»Gratuliere zu diesem doppelten Erfolg, Tony«, sagte der Industrielle. »Sie haben zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, haben die Rache der knöchernen Sieben - wenigstens in Lindsays Fall - zunichte gemacht und Rufus’ Pläne vereitelt.«
Ich lachte. »Man tut, was man kann, um sich bei seinen Feinden unbeliebt zu machen.«
»Übrigens, Ihr Wagen befindet sich bereits in der Werkstatt. Morgen kriegen Sie ihn wieder. Wenn Sie in der Zwischenzeit einen fahrbaren Untersatz brauchen, können Sie meinen Rolls Royce haben.«
»Nicht nötig, ich habe noch Dondos Motorrad«, gab ich zurück. »Apropos Dondo…«
»Die Toten wurden abgeholt«, sagte Tucker Peckinpah.
»Neuigkeiten von Cardia?« erkundigte ich mich.
»Sie scheint wiederhergestellt zu sein«, antwortete Tucker Peckinpah.
»Dann steht der Aufbruch in die Silberwelt also kurz bevor.«
»Ihre Freunde werden es Sie wissen lassen, wenn es soweit ist. Sie gehen diesen Weg bestimmt nicht ohne Sie.«
»Das will ich hoffen«, sagte ich und legte den Hörer in die Gabel und die Beine auf den Tisch. Endlich hatte ich Muße, mich bei einem Glas Pernod zu entspannen.
Jetzt erst spürte ich, wie abgeschlafft ich war. Vor allem die Tortur, der mich Mortimer Kull unterzog, hatte mich einiges an Substanz gekostet, aber nach acht Stunden Schlaf würde ich wieder fit sein. Ich regenerierte zum Glück überdurchschnittlich schnell.
Wie mochte der Kampf zwischen Mortimer und Morron Kull ausgegangen sein? War es einem von beiden gelungen, den anderen zu töten, oder lebten beide noch?
Hatten sie bis zur Erschöpfung gekämpft und schließlich aufgegeben? Hatten sie sich unter Umständen sogar versöhnt?
Ich hoffte nicht.
Da mir Morron Kull - aus welchen Gründen immer - das Leben gerettet hatte, wäre es mir lieber gewesen, wenn er als Sieger aus diesem Kampf hervorgegangen wäre.
Vicky kam nach Hause. Sie beugte sich über mich, ihr blondes Haar fiel wie ein Vorhang über mein Gesicht. Sie küßte mich, und ich zog sie zu mir auf den Schoß. Nach all den Aufregungen war es herrlich, sie zu
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