Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
149 - Piraten der Finsternis

149 - Piraten der Finsternis

Titel: 149 - Piraten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
Niedergang hinunter. In Wirklichkeit hatte die Furcht von ihm Besitz ergriffen. Es war die Furcht vor unterschiedlichen Dingen: den Verstand zu verlieren und Dinge zu sehen, die es in Wirklichkeit nicht gab. Oder, wenn es sie wirklich gab, dann gehörten sie nicht in die Zeit und die Umgebung. Also handelte es sich vielleicht um ein Gespenst? Wie sah es mit einer Welt aus, in der plötzlich ein Fliegender Holländer auftauchte? Und dazu auch noch ein solches Schiff, auf dessen Deck sich Szenen wie in einem schlechten Bordell abspielten. Andromachis zog Hose und Schuhe aus und warf sich auf seine Matratze.
    Zum zweiten Mal in seinem langen Leben wußte er nicht mehr zwischen Wahn und Wirklichkeit zu unterscheiden, zwischen den klaren Beobachtungen, die er als Skipper und Seemann machen mußte, und zwischen schwarzen und wirren Gedanken und Empfindungen, die aus den Tiefen seiner Alpträume hochkamen.
    Denn das, was er gesehen und erlebt hatte, gehörte in den Bereich der übelsten Alpträume.
    Das gleichmäßige Arbeiten der beiden langsam laufenden Diesel schläferte ihn ein. Vorübergehend fand Andromachis Ruhe und Entspannung.

    Während in Korsika die Hirten, die Pfarrer und Bürgermeister, die erschreckten Frauen und Väter, die um ihre verschwundenen Töchter trauerten, miteinander sprachen und die Einzelheiten ihres Kampfes verabredeten, lief in anderen Teilen der Welt die Entwicklung an Korsika vorbei.
    Wieder erschien der Schweifstern zwischen den anderen Sternen am Nachthimmel.
    Friedrich der Zweite wurde bei Kunersdorf von Rußland und Österreich besiegt. Georg Friedrich Händel starb, der große Komponist. „Ecrasez l'infame!" rief Voltaire aus. „Rottet die verruchte Kirche aus!" Friedrich von Schiller wurde geboren, der spätere Lord Nelson war knapp ein Jahr alt. Die einfachen, ungebildeten Korsen hingegen riefen:
„Ras le bol!"
    Das bedeutete, daß sie mit ihrer Geduld am Ende waren. Genau übersetzt waren die Wörter ein wenig harscher. Aber ihr Entschluß stand fest. Sie wollten, ob es nun Dämonen, Piraten oder einfache Verbrecher waren, das Gesetz in ihre eigenen Hände nehmen und sich von der Plage der Küste selbst befreien.
    Einige hundert Männer kamen aus allen Richtungen. Sie trugen Essen und Werkzeuge mit sich. Sie schleppten Fackeln und Öl auf ihren Rücken, die von harter Arbeit gebeugt waren. Einige hatten Waffen; es gab sogar unförmige Musketen und Arkebusen. Es gab einen Plan, der reichlich vage war, aber auf ihrer Seite war der Vorteil der Überraschung.
    Herbstliche Farben zeichneten die Hänge, die reichen Wälder und die saftigen Weiden.
    Einzelne Gruppen von Männern bewegten sich über die schmalen Pfade, denn Straßen waren rar auf der Insel. An einigen Stellen trafen sich die Gruppen, sprachen miteinander, tranken einen Becher Wein und setzten ihren Weg fort. Mittlerweile hatte sich die große Zahl der Opfer herumgesprochen. Auch von Sardegna wußte man, wie viele Dörfer und Häfen überfallen, wie viele Männer erschossen und erschlagen worden waren.
    „Ras le bol!"
    Es wurden immer mehr Männer. Es gab keine Eile, denn ob sie heute die Besatzung des Schwarzen Seglers erschlugen oder morgen, das war gleichgültig. Alle jene kleinen oder bestenfalls mittelgroßen Männer, an Entbehrungen ebenso gewöhnt wie an Schufterei, sie waren von tödlicher Entschlossenheit.
    Grauenhaft verstümmelte Leichen, in denen die Angehörigen ihre Töchter und Frauen wiedererkannten, waren an die Strände getrieben und auf den Felsen zerschmettert worden. Von See aus war ein Angriff auf das Schwarze Schiff kaum möglich, denn vor dem fast unsichtbaren Eingang der Felsspalte gab es nur einen schmalen Kanal zwischen nadelscharfen, kantigen und zerklüfteten Unterwasserfelsen und solchen, die man sah, deren Köpfe von der weißen Brandung gekennzeichnet wurden.
    Die ersten Gruppen trafen auf den Felsen ein, die sich mehr als fünfundzwanzig Mannslängen über dem bewegungslosen Wasser weit unten hochreckten. Etliche Seile wurden in aller Stille an die Wurzeln der verkrümmten und geduckten Büsche geknotet und an Felsnasen festgemacht.
    „Dort sind sie, die Verfluchten!"
    Mit großen Augen blickten sie hinunter. Der Felsspalt krümmte sich, vom Meer aus gesehen, wie ein gichtiger Finger. Am Ende verbreiterte er sich, so daß neben beiden Bordwänden des Schiffes noch etwa drei Mannslängen Platz war. Auf dem winzigen Strand, nicht größer als der Platz vor einem Haus, lagen gebleichte

Weitere Kostenlose Bücher