1490 - Das Rätsel der Leichenvögel
Gewühl stürzen oder aber im Haus oder in der Wohnung bleiben. Allerdings gab es da für mich noch eine dritte Möglichkeit, und für die hatte ich mich entschieden.
Die Conollys hatten mich angerufen und mich für den frühen Nachmittag bei sich eingeladen. Als ich den Anruf von meinem ältesten Freund Bill entgegengenommen hatte, war ich schon misstrauisch gewesen.
»Und welchen Hintergedanken hast du dabei?«
»So gut wie keinen.«
»Und ungut?«
»Wir bekommen noch Besuch. Ein Mann, den ich flüchtig kenne, hat sich an mich gewandt. Ich denke, dass er Hilfe braucht und wir etwas für ihn tun können.«
»Und wie heißt der Mann?«
»Mark Toby.«
»Nie gehört.«
»Kann ich mir denken, John. Aber wir sollten uns mal anhören, war er zu sagen hat.«
»Weißt du mehr?«
»Nicht viel.«
»Okay, du hast mich überredet.«
»Du bekommst auch was zu essen und zu…«
»Ja, ja, mach dir darüber mal keine Gedanken. Ich werde mich in den Wagen setzen und zu euch fahren.«
»Das ist bestimmt spannender als einen Bummel in der übervollen City zu machen.«
»Dazu hat mich Glenda schon überreden wollen, aber ich habe dankend abgelehnt.«
»Dann bis gleich.«
Bill hatte sich so angehört, als brauchte er Hilfe. Wer dieser Mark Toby war, wusste ich nicht, aber ich würde es bald erfahren. Um zu den Conollys zu kommen, fuhr ich einen kleinen Umweg, denn ich wollte nicht in irgendeinem Weihnachtsstau stecken bleiben.
Den letzten Fall hatte ich gut hinter mich gebracht. Jane, Suko und ich hatte zwei weibliche Vampire im Dark Room eines Erotic-Clubs vernichtet und dabei eine Menge Glück gehabt. Besonders Jane Collins. Wäre Justine Cavallo nicht hinzugekommen, hätte es schlimm für sie ausgehen können.
Der Weg führte mich in den Süden und auch durch eine irgendwie traurige Landschaft. Es war weiterhin zu warm führ die Jahreszeit.
Die Bäume hatten mittlerweile zwar ihr Laub verloren, aber es gab keine richtige Kälte und es lag auch kein Schnee, der der Stadt ein winterliches Aussehen gegeben hätte.
Irgendwie war ich auch froh, aus meiner Bude rauszukommen. So schön war die Wohnung nicht, dass man sich an einem Sonntag noch freiwillig darin hätte aufhalten müssen.
Ich bog in die Straße ein, in der das Haus der Conollys lag. Das Tor stand bereits offen. Durch einen selbst hier trist aussehenden Vorgarten rollte ich auf das Haus zu, neben dem links die große Doppelgarage angebaut worden war. Davor stand ein brauner Van, der bestimmt nicht den Conollys gehörte. Demnach war der Besuch schon da.
Ich war gesehen worden, und Sheila öffnete mir die Tür.
»Schön wie immer!« rief ich.
»Soll ich dir gleich die Tür wieder vor der Nase zuschlagen?«
»Warum?«
»Weil du nicht lügen sollst.«
Ich umarmte sie. »Das tue ich bei dir nicht, weil ich weiß, dass du jeden Mann sofort durchschaust.«
»Wer sagt das?«
»Dein eigener.«
»Klar, der muss es ja wissen.«
Ich schob die blondhaarige Sheila zurück, und sie schloss die Tür.
Dann senkte ich meine Stimme beim Sprechen. »Dieser Besuch, Sheila – kennst du den Mann?«
»Nein.«
»Und weshalb ist er hier?«
»Tja, so genau weiß ich das auch nicht. Aber er hat etwas mitgebracht. Ich glaube, es ist ein Käfig. Er hat das Ding mit einem schwarzen Tuch verhängt. So kann ich nur raten.«
»Und Bill hat nichts gesagt?«
»Leider nicht.«
»Dann wird es spannend.«
»Vielleicht weiß er auch nichts. Aber geh ins Arbeitszimmer. Kaffee, Wasser und ein paar Häppchen stehen bereit. Schließlich hast du noch nicht zu Mittag gegessen.«
»Das hätte ich mir auch verkniffen.« Ich deutete auf meinen Bauch. »Aber bei dir mache ich eine Ausnahme.«
»Vielen Dank, das weiß ich zu schätzen.«
Sheila ging nicht mit mir. Ich kannte mich bei den Conollys aus, und der nächste Weg führte mich ins Arbeitszimmer. Bevor ich es betrat, hörte ich schon die Stimmen, und Bill zog plötzlich die Tür auf.
»Ah, du bist es!«
»Wen hast du denn sonst erwartet? Den Heiligen Geist?«
»Auf dessen göttliche Eingebung wartest du ja immer noch.«
»Sagen wir so, Bill, wir warten gemeinsam.«
»Dann komm erst mal rein.«
Der Besucher saß in einem der Sessel. Ich kannte ihn auch vom Ansehen nicht. Er war etwa vierzig Jahre alt. Sein Haar trug er in der Mitte gescheitelt. Es war so dunkel, dass es schon wie gefärbt aussah. Der Mann hatte ein schmales Gesicht mit dunklen Triefaugen. Er trug einen bunten Norwegerpullover und eine ausgebleichte
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