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1492 - Das dunkle Netz

Titel: 1492 - Das dunkle Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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„Ich heiße Bliss." Sie hob ihre Fingernägel, die zu scharfen Spitzen gefeilt waren.
    Rhodan schluckte, ließ sich aber nichts anmerken. „Ihr habt gesagt, ihr helft mir hier heraus. Also, wenn ihr eine Idee habt... ich kenne die Umgebung nicht."
    „Wir haben gesagt, wir versuchen es. Mieses Spiel gegen drei Traumjäger."
    Die Anführerin schickte ein etwa neunjähriges Mädchen vor bis zur Biegung. Nachsehen, hieß das, ob die Frau noch in der Nähe war. Sie hatten Glück; geschlossen und fast geräuschlos rückte die Gruppe vor. Nur ab und zu knisterte ein Streifen Folie unter den Schritten. „Hinter mir her!" flüsterte Bliss.
    Rhodan und die anderen folgten. Neben sich bemerkte er die Kundschafterin. Sie hatte riesige, braune Augen und einen wirren Lockenkopf. An ihrem Gürtel baumelten Plastikbeutel und Computerbausteine wie Trophäen.
    Ein gelbes Band hielt die Haare aus der Stirn; gleichzeitig legte es eine häßliche Narbe bloß. Keine Biomedizin, kein Nähen. Jemand hatte die Kleine notdürftig wieder zusammengeflickt. „Ich heiße Chinnvi", sagte sie. Mit ihren riesigen Augen sah sie auf zu ihm. In dem Blick lag eine Mischung aus plötzlichem Vertrauen und Intelligenz. „Du siehst fast so wie mein Vater aus."
    Trotz der Situation mußte Rhodan lächeln. „Und warum bist du nicht bei deinem Vater?"
    „Der ist tot."
    Sein Lächeln gefror.
    Ein solches Kind hätte er mit Gesil zeugen mögen. Statt dessen lebte dieses Ungeheuer namens Monos.
    Welch eine Ungerechtigkeit.
    Chinnvi zupfte am Ärmel seines SE-RUNS und zog ihn weiter. Dabei sah er zum erstenmal ihre Hände.
    Rhodan erschrak vor dem Anblick über und über zernarbter, geschundener Finger.
    Einmal noch kreuzten sie die Bahn eines Traumjägers - doch sie erkannten nicht, ob es Gerrin oder eine der Frauen war. Egal. Ungeschoren erreichten sie den rückwärtigen Rand der Kippe.
    Rhodan sah ein verworrenes Gespinst aus Silberfäden. Offenbar kreiste das Geflecht die Kippe bis auf eine einzige Öffnung ein. Und die zeigte zum Turm hin, aus dem er gerade entkommen war.
    Neben ihm warteten geduckt Bliss und Chinnvi. „Siehst du?" meinte Bliss. „Ist 'ne Art Hufeisen hier. Man kommt nicht raus. Wir kennen das Gelände.
    Molekularfäden sind das, irgendwelcher Bauschutt. Schärfer als meine Finger. Kommt niemand durch ohne Schutzschirm oder Ynkenitkombi."
    „Wissen die Traumjäger das auch?"
    „Bestimmt. Die. haben ihre Reviere."
    In direkter Sichtnähe standen mehrere Gebäude. Die Fassaden ringsum waren schmutzig und verkommen. Ein paar waren nur noch Stahlgerippe - von zerfallenden, weit verstreuten Halden umgeben. „Also kämpfen", sagte Rhodan. „Vielleicht ist es besser, wenn ihr hier bleibt. Dann mache ich allein weiter."
    „Nein, unsere Bande hilft dir."
    „Habt ihr Kampferfahrung?"
    „Ein bißchen."
    Welch eine perverse Frage, warf sich Rhodan vor, das waren Kinder... Und dennoch diese Antwort. „Dann richtet euch ab jetzt nach meinen Anweisungen. Okay?"
    „Okay", sagte Bliss zögernd. „Aber nur, bis wir draußen sind."
    Er warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Türme hinter den Silberfäden, auf die noch immer intakte Skyline der Stadt Terrania. Einige Umrisse erkannte er wieder - die entsprechenden Gebäude standen seit mindestens siebenhundert Jahren.
     
    *
     
    Rhodan sah die Lage bildlich vor sich: Er und die Kinder mitten im Schutt, dazwischen als Kundschafter die beiden Frauen. Mort Gerrin war ein schlauer Fuchs. Rhodan war jetzt sicher, daß der Mann am Ausgang wartete.
    Mit der Waffe im Anschlag. Bliss hatte recht, es war ein mieses Spiel. Aber Rhodan kannte die Regeln zu genau, als daß er kampflos hätte aufgeben mögen.
    Vor Bliss und Chinnvi führte er die Gruppe in die Mitte der Kippe zurück. Er fand eine Stelle, an der die Stahlgerippe eine Biegung von neunzig Grad bildeten. Unmittelbar gegenüber mündete ein weiterer Weg.
    Die Stelle war ideal. „Ich habe einen Plan", flüsterte er. „Ihr versteckt euch in diesem Tunnelweg da. Aber weit drinnen, wo ihr in Sicherheit seid. Chinnvi bleibt hier. Sie ist meine Botin. Wenn ich sie zu euch schicke, macht ihr leise Geräusche. Klar?"
    „Klar", antwortete Bliss ebenso gedämpft.
    Sechs der Kinder huschten in Dekkung, Chinnvi blieb bei ihm. Rhodan türmte herumliegende Plastiktrümmer zu einem provisorischen Sichtschutz auf. Dabei horchte er angestrengt - hörte afoer nur den eigenen Atem.
    Chinnvi sah ihn aufmerksam an. Die riesigen Augen gaben ihr das Aussehen

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