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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beunruhigender, als das Feuer, welches überdies einen scharfen, in die Augen beißenden Qualm verbreitete, erlöschen wollte. Ich freute mich daher, als ich in einer Ecke ein Häufchen langer Späne bemerkte, das hier vielleicht gebräuchliche Beleuchtungsmaterial.
    Ich brannte einen Span an und steckte ihn in ein Mauerloch, welches jedenfalls zu diesem Zweck diente, wie ich an der rauchgeschwärzten Umgebung desselben bemerkte. Dann zog ich den Laden zu und band ihn mittels der an ihm befindlichen Schnur fest, um nach außen hin gesichert zu sein.
    Mit einem zweiten angezündeten Span begann ich nun den Raum zu untersuchen.
    Die Mauern bestanden aus festgestampfter Erde. Sie faßten die Stube auf drei Seiten ein, während die vierte Seite von einem von der Decke bis zum Boden herabreichenden Strohgeflecht gebildet wurde, in welchem sich eine Öffnung zum Passieren befand.
    Als ich nun durch diese Öffnung trat, sah ich mich in einer kleineren Abteilung, deren Boden zum Teil durch eine aus Weidengeflecht verfertigte Falltür gebildet wurde. Gab es hier einen Keller? Das war ja in einem solchen Haus etwas Seltenes!
    Und jetzt hörte ich das vorige Geräusch. Es war raschelnd und polternd und kam unter der Falltür hervor.
    Ich holte mir noch mehrere Späne und hob dann die Tür empor. Das Weidengeflecht derselben konnte einen Menschen tragen, ohne durchzubrechen, weil es über Pfosten befestigt war. Ich leuchtete hinab. Der Span brannte so düster, daß ich nur mit Mühe bemerken konnte, daß der Keller über Mannestiefe hatte.
    Eine Treppe oder Leiter sah ich nicht. Doch sobald der Schein des Lichtes hinabfiel, ließ sich unten ein sehr deutliches Stöhnen vernehmen.
    „Kün aschaghda – wer ist da unten?“ fragte ich laut.
    Ein doppeltes Stöhnen antwortete. Das klang gefährlich. Ich konnte nicht ewig nach einer Leiter suchen. Ich nahm den brennenden Span in die eine und die anderen Späne in die zweite Hand und sprang hinab.
    Ich trat mit den Füßen auf einen unten liegenden Gegenstand und stürzte hin. Das Licht erlosch. Aber in einigen Sekunden hatte ich den Span wieder angebrannt und leuchtete umher.
    Ich befand mich in einem viereckigen, kellerartigen Loch und erkannte in dem Gegenstand, auf den ich gesprungen war, eine Leiter. Da unten lagen Holzkohlen neben allerlei Gerümpel, und beides, die Kohlen und das Holzgerümpel, bewegte sich.
    Ich fand ein für den Span bestimmtes Loch, steckte ihn hinein und begann, die Kohlen zur Seite zu räumen. Meine Hände trafen auf eine menschliche Gestalt, welche ich hervorzog. Es war ein Mann, an Händen und Füßen gebunden; der Kopf war fest in ein Tuch eingewickelt.
    Rasch löste ich den Knoten des Tuches, und nun kam ein blauschwarzes Gesicht zum Vorschein, welchem ich bei der mangelhaften Beleuchtung nicht anmerken konnte, ob diese Färbung eine Folge von Ruß und Kohlen oder des nahe gewesenen Erstickungstodes sei. Der Mann holte tief und keuchend Atem, starrte mich mit weit hervorgetretenen, blutunterlaufenen Augen an und stöhnte dann:
    „Ha, zu Hilfe! Habe Gnade, Gnade!“
    „Sei ruhig; ich bin dein Freund!“ antwortete ich, „ich bringe dir Rettung!“
    „Rette vorher geschwind mein Weib!“ stieß er hervor.
    Der brave arme Kerl dachte mehr an seine Frau als an sich.
    „Wo ist sie?“
    „Dort!“
    Er konnte mit seinen gefesselten Händen keine Bewegung machen; aber sein Blick war voll Angst auf einen zweiten Kohlenhaufen gerichtet, welcher mit dem erwähnten Gerümpel belastet war.
    Ich räumte dasselbe weg, und zog die Frau hervor, welche ganz ebenso wie ihr Mann gebunden war. Als ich das Tuch von ihrem Gesicht entfernt hatte, bemerkte ich einen dicken Schaum vor ihrem Mund. Sie war dem Ersticken nahe gewesen.
    „Zu Hilfe, zu Hilfe!“ erklang es gurgelnd.
    Ihr Körper bewegte sich in krampfhaften Zuckungen. Ich schnitt mit dem Messer die Stricke durch. Sie warf die Arme wie eine Ertrinkende um sich, stampfte mit den Füßen und schnappte nach Luft.
    Diese Bewegungen waren dem Atmen förderlich. Ein heiserer Schrei entrang sich ihrer Brust, und dann schöpfte sie in einem langen, langen Zug den entbehrten Odem.
    Nun schnitt ich auch die Fesseln ihres Mannes durch. Er hatte nicht so viel gelitten wie sie und richtete sich sofort empor. Während ich einen neuen Span ansteckte, rief er aus:
    „O Gott! Wir waren dem Tod nah! Ich danke dir; ich danke dir!“
    Dann kniete er zu seiner Frau nieder, die zum Erbarmen schluchzte.
    „Still still; weine

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