1501 - Nachts, wenn die Träume kommen...
bis zu seinem Kinn gezogen. Da sie sehr dicht auf dem Körper lag, zeichnete sich der Bauch darunter ab. Sein Mund stand offen.
Neben dem Bett blieb Rose Nelson stehen.
Sie sagte nichts. Sie senkte nur den Blick und auch den Lauf der Schrotflinte.
Irgendetwas musste Bubi gestört haben. Von einem Augenblick zum anderen wurde er wach. Er riss die Augen auf, und schien auch sofort zu begreifen, dass die Schrotflinte in Roses Händen auf ihn gerichtet war.
Aus seiner Kehle drang kein Schnarchen mehr, nur noch ein krächzender Laut. Es war der letzte in seinem Leben.
Rose Nelson drückte ab und schoss!
***
Der andere Morgen…
Die Wirtin schlug die Augen auf und wunderte sich, dass bereits die ersten Streifen der Helligkeit in ihr Zimmer drangen. Sie hatte nicht damit gerechnet, so lange schlafen zu können. Eigentlich war sie wie gerädert, obwohl sie in der vergangenen Nacht einen Tief schlaf erlebt hatte.
Rose wälzte sich auf die rechte Seite und erhob sich nur mühsam. Sie fühlte sich, als hingen zahlreiche Gewichte an ihr, die sie nicht abstreifen konnte und deshalb mitschleppen musste. Selbst das normale Hinsetzen fiel ihr schwer. Mühsam schwang sie die Beine nach draußen und setzte die Füße auf den Boden.
Nein, das war nicht der Fall. Kein Boden oder doch einer, aber der war nicht mehr normal, denn ihre nackten Füße standen auf einem Gegenstand, der vor dem Bett lag. Was war das?
Rose war irritiert, und im selben Moment schoss ein verdammt unangenehmes Gefühl in ihr hoch. Sie konnte einfach nicht begreifen, wie die Schrotflinte, die vor dem Bett lag, dorthin kam. Sie selbst hatte sie nicht da hingelegt, Besuch hatte sie ebenfalls nicht gehabt, und fliegen konnte diese schwere Schusswaffe nicht.
Und trotzdem lag sie da!
Die Frau stand vor einem Rätsel. Aber das Vorhandensein der Waffe hatte die letzte Müdigkeit in ihr vertrieben, obgleich ihr Kopf noch immer von einem recht dumpfes Gefühl erfüllt war, das sie sich nicht erklären konnte. Okay, sie hatte am frühen Morgen eigentlich nie über die vergangene Nacht nachgedacht, aber wenn sie es jetzt versuchte, war nichts mehr in ihrer Erinnerung vorhanden, nur noch ein gewisser Druck im Kopf, der sich zu Gedanken formierte, die immer wieder auf einen bestimmten Punkt zurückkamen.
Es war etwas in der vergangenen Nacht passiert, sonst hätte nicht die Flinte vor ihrem Bett gelegen.
Sie hob die Waffe an. Dass sie dabei zitterte, war kein Wunder, aber es ging noch weiter, denn sie stellte sehr schnell fest, dass aus der Waffe geschossen worden war.
Wer hatte es getan?
Es war leicht, auf diese Frage eine Antwort zu geben, und sie spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss. Aus der Waffe war ein Schuss abgegeben worden. Rose erinnerte sich zudem daran, sie nachgeladen zu haben, und eigentlich kam nur sie als Schütze infrage.
Nach dieser Überlegung schaute sie sich um. Sie wollte sehen, ob sich im Zimmer etwas verändert hatte. Es war durchaus möglich, dass sie die Waffe genommen und abgedrückt hatte.
Das stimmte nicht.
Es gab keine Spuren. Es war alles okay. Nichts war durch irgendwelche Schrotkugeln beschädigt worden, und ihr Erstaunen vergrößerte sich von Sekunde zu Sekunde.
Was war in der Nacht passiert? Was war geschehen, bei dem sie auch beteiligt war?
In ihrem Kopf dröhnte es. Es war ihr nicht möglich, einen Gedanken zu fassen, und sie merkte, dass sie anfing zu zittern und eine leichte Übelkeit in ihr aufstieg.
Sie musste etwas tun. Sie stand auf, ging leicht schwankend zum Fenster und öffnete es. Die Geräusche der Straße drangen zu ihr herein.
Die kalte Luft brachte sie mit, die in ihr Gesicht wehte und ihr letztendlich gut tat, sodass sie tief Atem holte.
Dann drehte sich Rose wieder um.
Automatisch griff sie nach dem Bademantel, der einmal rosa gewesen war, inzwischen aber seine ursprüngliche Farbe verloren hatte.
Sie ging zur Waffe, hob sie an und verließ das Zimmer. Sie fröstelte. Es gab so gut wie keine Erinnerung mehr. Eine Nacht war vergangen, und das war alles gewesen.
Sie schritt durch den Flur und hatte etwa die Hälfte hinter sich gelassen, da dachte sie an Bubi.
Ja, das war die Idee. Möglicherweise konnte er ihr helfen. Bubi schlief zwar immer tief und fest, aber es hatte auch Zeiten gegeben, in denen das nicht der Fall gewesen war. Vielleicht hatte sie Glück und konnte von ihm etwas erfahren.
Sein Zimmer lag nicht weit entfernt. Es waren nur ein paar Schritte. Vor der Tür hielt sie
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