1503 - Krisenfall Topsid
Hieb auf seine Schnauze. Wimmernd vor Schmerz stürzte Shakian zu Boden. Doch bald rappelte er sich auf und folgte seinem Befruchter. „Da bist du ja", sagte Alker-Grod, als wäre nichts geschehen. „Du hast mich unterbrochen. Also: Ein Sack voller Saatgut ist noch übrig, ebenso zwei Säcke mit dem Vertilger. Das sollte für unser Nordfeld reichen."
„Aber wir brauchen das Nordfeld für die nächste Ernte!"
Ein drohender Blick. „Still! Wir tun, was ich gesagt habe. Ich will ein Stück vom neuen Reichtum in Enshgerd-Ahk. Außerdem brauchen wir Geld, um die Farm beim Pfandleiher auszulösen."
Shakian ließ verlegen die Schultern hängen. „Pas hatte ich vergessen."
Den Rest des Weges legten sie schweigend zurück.
Eine halbe Stunde später erreichten sie den Hügelzug, der ihr Ackergebiet begrenzte.
Da lag schon die Fabrik, jene häßliche Pestbeule, stinkend und furchtbar wie der Palast von Kmurko-Kim. Shakian schüttelte sich angewidert, „Etwas stimmt nicht", flüsterte Alker-Grod plötzlich.
Sie rannten gleichzeitig los. Jetzt erst drang die Unmöglichkeit in Shakians Geist: Von hier aus war das Westfeld nicht einmal sichtbar. Die Fabrik, die sie vor sich sahen, war folglich ... Er schrie verzweifelt auf.
Außer Atem erreichten sie die Hügelkuppe, von der aus sich das gesamte Farmgebiet überschauen ließ. „Nein", brachte Alker-Grod mühsam hervor. „Das ist unmöglich."
Unten lag die Farm. Vier Fabriken - eine Fläche aus Eisen und Schmutz schloß das winzige Herrschaftshaus von allen Seiten ein. Die Felder waren verschwunden, sogar die Getreidesilos fehlten. Nur ein schmaler Weg führte noch durch die Hallen. „Wir müssen zurück zu Linkiak-Chik", sagte Shakian tonlos. „Er ist schuld. Er hat es gewußt."
„Halt." Alker-Grod starrte hinunter auf das Land, das bis gestern ihm gehört hatte. „Wir sehen unten nach dem Rechten."
*
Eine der zwei Frauen hatte sich das Leben genommen. Ihr Kadaver lag noch unberührt im Nest.
Die übrigen Mitglieder der Familie sahen ihnen mutlos entgegen. Einer der älteren Nestlinge wollte sprechen, doch Alker-Grod sagte nur: „Hört auf. Ich will nichts hören."
Das war das Ende der Grod-Farm - Shakian begriff es mit sonderbarer Klarheit. Aber akzeptieren wollte er es nicht. Tausend Pläne lahmten zugleich sein Denken. Nicht einmal den Hunger spürte er noch.
Die Nacht brach an.
Alker-Grod saß auf einem Stuhl, den Schwanz eingeklemmt, und gab kein Wort von sich. Drei Stunden lang, dann explodierte er förmlich. Es begann mit einem Tobsuchtsanfall. Er zertrümmerte zunächst das Mobiliar.
Anschließend traf der Zorn des Topsiders seine Familienmitglieder. Shakian war als erster an der Reihe. Alker-Grod schlug ihn, bis er mit Brüchen im Panzer hilflos liegenblieb. „Nicht, Alker", flehte er. „Bitte."
Sein Befruchter blieb mit erhobener Faust stehen. Shakian schloß die Augen. Doch der letzte tödliche Schlag blieb aus. Alker-Grod wandte sich mit schleimtriefendem Rachen ab.
Zwei Minuten lang sammelte Shakian Kraft und brachte sich dann kriechend nach draußen in Sicherheit.
Die jüngsten Nestlinge hatten weniger Glück. Alker-Grod brach ihnen Arme, Beine und Genick. Erst dann kam er wieder zu Verstand. Das Haus bot ein Bild der Verwüstung. Überall Blut, Trümmer, Stöhnen.
Shakian sah ihn aus dem Haus rennen und den Weg über die Hügel Richtung Gambkasst einschlagen. Nun war er der Älteste. Hätte er nur etwas tun können. Etwas, das Sinn machte. Statt dessen befahl er der Frau und den drei überlebenden Nachkommen, gemeinsam mit ihm die Toten zu begraben.
Mit Steinen markierten sie die Stelle, irgendwo zwischen zwei Hallenwänden. Gestern noch hatte er eine Zukunft gehabt; Hoffnung auf bescheidenen Reichtum und Ansehen. Heute nichts mehr.
Der nächste Tag verstrich. Und am Abend kehrte Alker-Grod zurück, als sei nichts gewesen. „Shakian. Ich will mit dir reden. Komm mit."
Sie setzten sich nach draußen in den Schatten der nächsten Fabrik. Dumpfe Maschinengeräusche tönten allgegenwärtig, Wind brach sich an den Eisenwänden.
Shakian wartete ab. Mit einer Hand betastete er seine provisorischen Verbände. „Ich war in der Stadt bei Linkiak-Chik. Er hat mich verhöhnt und an meine Treue zu den Triumvirn appelliert. Keine Entschädigung. Wir haben nichts mehr."
„Aber das Geld für die erste Ernte!"
„Was nützt es ohne Farm? Nein, ich habe eine Entscheidung getroffen. Ich gehe nach Gambkasst und verdinge mich als
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