1508 - Der Templerjunge
Messer im Weg war.
Aber sie wurde nicht getroffen.
Der Baphomet-Templer hatte im letzten Moment innegehalten. Ob unser Erscheinen der Grund war, wussten wir nicht. Es war jetzt auch nicht wichtig, da Mutter und Sohn noch lebten.
Zwei Schüsse fielen.
Suko und ich hatten gleichzeitig abgedrückt und unsere geweihten Silberkugeln aus den Mündungen gejagt.
Wir hatten auch getroffen, und zwar einmal im Gesicht und zum Zweiten dicht darunter.
De Lacre wankte zurück. Sein Messer schwebte plötzlich nicht mehr über Marita Kovecs Körper. Der Templer prallte gegen die Breitseite des Wohnwagens.
Und jetzt war Suko schneller als ich. Ich wollte mein Kreuz einsetzen, aber Suko hatte schon seine Dämonenpeitsche schlagbereit, die kurze Distanz überwunden, und dann trafen die drei Riemen diese verfluchte Gestalt, die sich nicht vom Fleck bewegt hatte.
Man konnte es als den berühmten Volltreffer ansehen.
Die Gestalt in der Kutte, die mit einem Körper versehen war, der möglicherweise keiner mehr war, geriet ins Wanken. Sie zuckte dabei von einer Seite zur anderen und sah aus wie ein flattriges Wesen, beinahe zu vergleichen mit einer verletzten Riesenfledermaus.
Der Baphomet-Templer brüllte!
Sein Gesicht schien plötzlich nur noch aus einem Maul und zwei Augen zu bestehen. Was von seinem Körper noch vorhanden war, wurde durchgeschüttelt, und das Gesicht verlor jede Form, als wäre aus ihm eine teerartige Masse geworden.
In den Riemen der Peitsche steckte eine ungeheure Macht. Genau das wurde uns wieder demonstriert, denn wir sahen, dass sich unter der Kapuze das Gesicht des Templers oder auch der gesamte Kopf aufblähte und eine Sekunde später mit einem puffenden Geräusch zerplatzte.
Eine Wolke aus Ruß flog uns entgegen, die aus dieser Kutte drang, während sie zusammensackte und auf dem Boden liegen blieb wie ein entleerter Kohlensack.
Es gab den Templer nicht mehr, und er würde seiner Zunft nie mehr Schande bereiten…
Wir konnten wieder lächeln, obwohl Marita Kovec auf der Trage in den Krankenwagen geschoben wurde. Aber wir waren sicher, dass sie es überstehen würde, denn zu tief waren ihre Wunden nicht gewesen. Das hatten wir schon bei einer ersten Untersuchung festgestellt.
Imre stand zwischen uns. Er weinte, aber diesmal vor Glück. Und er winkte seiner Mutter noch nach.
»Du wirst in einigen Tagen wieder bei ihr sein können«, tröstete ich ihn.
»Und von deinem Vater wirst du nie wieder etwas hören. Am besten wird es sein, wenn du versuchst, ihn zu vergessen.«
»Ja, vielleicht. Aber ich bleibe hier, bis meine Mutter zurück ist. Hier gibt es viele Menschen, die sich um mich kümmern werden, denn wir Schausteller halten zusammen.«
»Das ist sehr löblich«, sagte ich.
»Und was habt ihr später vor?«, fragte Suko.
Imre hob die Schultern. »Wir ziehen weiter, immer weiter. Die Welt soll schön sein, hat meine Mutter mal gesagt. Und das wollen wir beide herausfinden.«
Ich strich ihm über den Kopf.
»Tut das. Es ist das Beste, was ihr machen könnt…«
ENDE
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