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1509 - Standbild des Grauens

1509 - Standbild des Grauens

Titel: 1509 - Standbild des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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das Gesicht des Monsters dreschen können, und er warf mir einen fragenden Blick zu.
    »Nicht mehr nötig«, sagte ich.
    »Wieso?«
    »Da, der Kopf!«
    Der auf halbe Größe geschrumpfte Götze kniete auch weiter vor uns.
    Und es sah aus, als wollte er uns mit einem Nicken begrüßen. Das allerdings wurde von knirschenden Lauten begleitet.
    Und dann passierte es.
    Der Kopf löste sich nach nur einem Nickversuch. Er knickte einfach ab, landete auf dem Boden, sprang dort noch einmal auf und rollte dann die Stufen der Treppe hinab.
    Er bekam Schwung, den das Material nicht mehr aushielt. Bei jedem Aufticken platzten Brocken ab, und als er die letzte Stufe erreicht hatte, waren es nur noch krümelige Steine, die uns entgegenrutschen und die wir mit unseren Füßen hätten zertreten können. Auch die Hörner sahen wir nicht mehr, und mir fiel ein, dass ich überhaupt nicht wusste, was hier eigentlich gespielt wurde.
    Es gab noch seinen Oberkörper, seine Arme, die Klauen und - Justine Cavallo.
    Noch hatte der kopflose Götze sie nicht losgelassen, aber irgendwann würde es soweit sein. Die ersten Querrisse liefen über seine Brust. Noch waren sie schmal, aber sie waren durch die Magie der Peitsche einem inneren Druck ausgesetzt, der sich immer mehr ausbreitete und das Gestein allmählich zum Bersten brachte.
    Es riss, und das geschah nicht nur in der Brust. Auch die Schultergelenke waren davon betroffen. Wir hörten beide das Knirschen, das wir einfach als hässlich empfanden, und als der gesamte noch vorhandene Oberkörper mitsamt den Beinstummeln zerbrach, da lösten sich auch die Arme aus den Gelenken und landeten am Boden.
    Auch Justine Cavallo prallte auf. Ich hatte sie beobachtet und sah, wie die Finger, die ihren Nacken umschlossen, ebenfalls brachen. So kam sie frei.
    Es standen nur noch Reste vor uns. Es war kein Blut zu sehen, nur eben diese Steine. An einigen Stellen sah die restliche Haut aus, als läge ein feuchter Schimmer auf ihr.
    »Das war’s dann wohl«, sagte Suko und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
    »Ja, dank dir.«
    Er zwinkerte mir zu. »Da hast du aber Glück gehabt, dass ich nur Tee trinke und keinen Alkohol.«
    »Du kannst ja umsteigen.«
    »Danke, darauf verzichte ich gern.«
    Wir beide fühlten uns erleichtert, aber wir wussten noch immer nicht, was mit Justine Cavallo geschehen war. Lebte sie? Hatte sie mehr als ein Leben? Oder war sie zu Stein geworden?
    Auseinandergebrochen war sie zumindest nicht.
    Wir wollten Bescheid wissen und gingen zu ihr…
    ***
    Zunächst geschah nichts. Der Götze hatte sie losgelassen, und die Reste der Finger lagen noch unter ihr. Sie selbst war auf die Seite gerollt und rührte sich nicht.
    Von zwei Seiten rahmten wir sie ein. Es war nichts zu hören, und ich hob meinen rechten Fuß an, um mit der Spitze gegen ihren Körper zu tippen.
    Sie hatte es gesehen. Zuerst hörten wir ihr leises Lachen. Danach ihren Kommentar.
    »Ihr habt euch zu früh gefreut. Ich bin noch da. Und ich bin auch keine Steinfigur, die ihr als Ausstellungsstück in die Ecke stellen könnt. Pech, oder?«
    Wir sagten nichts und schauten nur zu, wie sie sich erhob. Zwar nicht so geschmeidig wie sonst, eher kraftlos und müde, aber sie würde sich wieder erholen.
    Sie trat von uns weg und schaute sich um.
    »Bravo«, sagte sie und nickte. »Das habt ihr gut hingekriegt.«
    »Richtig.« Ich tippte sie an und spürte, dass ihr Körper wieder normal war. »Vergiss aber nicht, dass Suko dir das Leben gerettet hat, Justine. Wäre er nicht gewesen, dann würdest du jetzt eine Steinfigur sein, wobei der Gedanke mich schon amüsiert.«
    »Ich weiß, John, ich weiß. Aber so leicht wirst du mich nicht los. Was die Lebensrettung angeht, nun ja, da können wir wohl mit einem Unentschieden abschließen. Außerdem habe ich euch ja gesagt, dass ihr herkommen sollt, und nun habt ihr selbst gesehen, welch eine interessante Gegend es hier ist.«
    »War«, sagte ich.
    »Auch das.«
    »Und worum ist es hier wirklich gegangen?«, wollte Suko wissen. »Du bis sicherlich informiert.«
    »Ja, in der Tat, aber das ist eine längere Geschichte, denke ich. Und sie ist mit Blut geschrieben.«
    Mir fielen die beiden Vampire wieder ein, die ich hatte erlösen müssen, und ich sagte: »Wobei du doch sicherlich nicht zu kurz gekommen bist.«
    »Genau, Partner. Was sein muss, das muss sein.«
    Ich kannte ihre Logik. Begreifen würde ich sie nie. Ebenso wenig wie Suko. Aber wir waren ja auch nur Menschen und freuten

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