1514 - Zombie-Dämmerung
zu untersuchen. Es war nicht schwer, herauszufinden, ob sie alt oder frisch waren.
Sie betrat den Flur. Das Kribbeln auf ihrem Rücken blieb. Sie wusste auch, dass sie vor einer Entscheidung stand, möglicherweise sogar vor der Aufklärung.
Schritt für Schritt bewegte sie sich in den Flur hinein und war froh, die Lampe bei sich zu haben. Neben dem ersten Abdruck blieb sie stehen und leuchtete ihn an.
Frisch oder nicht?
Ja, er war frisch. Zwar war er nicht erst vor fünf Minuten entstanden, aber hier war vor Kurzem jemand hergegangen und hinter einer schief in den Angeln hängenden Tür verschwunden.
Karina hatte jetzt ein neues Ziel. Dabei hoffte sie, hinter der Tür das Rätsel lösen zu können. Mit dem Fuß drückte sie die Tür nach innen. Sie hörte das leise Kratzen, hielt für einen Moment den Atem an und gelangte in eine Umgebung, in der ihr sofort die Treppe auffiel, deren Stufen aus Beton in die Höhe führten.
Ansonsten standen in dieser Umgebung mehrere Tische mit Metallbeinen, auch Holzbänke waren vorhanden, Schränke und ein alter klobiger Computer, der ebenfalls mit einer Staubschicht bedeckt war.
Sie ließ ihre Augen wandern, damit ihr nichts entging, und musste erkennen, dass sich auch hier kein Mensch zeigte.
Nur gingen ihr die Fußabdrücke nicht aus dem Sinn, und sie konnte sich vorstellen, auf den Verursacher zu stoßen.
Wohin? Die Treppe hoch - oder…
Ein Stöhnen ließ sie leicht zusammenzucken. Ihm folgte ein leises Lachen und danach eine Stimme aus dem Hintergrund.
»Willkommen in der Vorhölle.«
Karina legte ihre linke Hand auf den Griff der Schnellfeuerpistole, zog sie aber noch nicht, denn ein bestimmtes Gefühl sagte ihr, dass es nicht nötig war.
Sie wartete auf den Sprecher, der sich ihr mit schlurfenden Schritten näherte.
Jetzt wusste sie auch, woher er kam. Er hatte im Schatten der Treppe gewartet und nun seine Deckung verlassen.
Er war ein mittelgroßer Mann, der leicht gebückt ging. Er trug Kleidung, die für ein Leben draußen in der Natur passend war. Eine Pelzjacke, die entsprechende Mütze, Stiefel und eine Hose aus dickem Drillichstoff. Er kam näher und sprach nicht. So hatte Karina genügend Zeit, in sein Gesicht zu schauen, in dem sich zahlreiche Falten abzeichneten, die wie kleine Schnitte wirkten, aus denen Blut gesickert war.
Die etwas schräg stehenden Augen wiesen auf einen mongolischen Einschlag hin. Vom Alter her war der Mann schwer einzuschätzen.
Er nickte Karina zu, bevor er sie ansprach.
»Du bist mit einem Hubschrauber gekommen, nicht wahr?«
»Ja.«
»Ich habe dich gehört. Und was willst du hier?«
»Mich umschauen.«
»In der Vorhölle?«
»Warum nicht?«
Den Mann winkte ab. »Geh lieber wieder. Hier ist kein Platz für eine Frau. Es ist überhaupt kein Ort für einen Menschen, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Klar. Ich brauche mich nur umzuschauen. Aber ich gebe dir die Frage zurück. Warum hältst du dich hier auf? Was treibt einen Menschen wie dich in diese Vorhölle?«
»Die Neugierde. Ich bin immer unterwegs. Ich lebe von dem, was mir die Natur gibt. So kam ich in diese Stadt oder an diesen verfluchten Ort, an dem alles so anders geworden ist. Es gab einen Überfall, und alles, was hier existierte, wurde vernichtet. Das sogenannte Leben, das den Namen nicht verdient.«
»Das verstehe ich nicht.«
Der Mann winkte ab. »Es ist auch egal. Ich war mal Priester, aber das ist lange her. Ich habe meine Kirche verlassen und wurde zum wandernden Schamanen. Ich war immer in der Natur, ich habe beobachtet, und ich habe nichts vergessen.«
»Was meinst du damit?«
Er schaute Karina aus seinen kleinen, blitzenden Augen an. Dann flüsterte er: »Gott erschuf das Licht, aber wo Licht ist, gibt es auch Schatten, und der Schatten ist die Hölle.«
»Aha.«
»Das begreifst du nicht, wie?«
»Ich denke darüber nach.«
»Lass es«, sagte der Mann, »es hat keinen Sinn. Selbst ich bin zu keinem Ergebnis gekommen.«
Karina wechselte das Thema. »Hast du auch einen Namen?«
»Ja, früher hieß ich Kolew, aber heute…« Er hob die Schultern. »Ich habe ihn vergessen. Ich bin ein namenloser Wanderer und kann mich nur wundern. Nein, das ist nicht richtig. Ich wundere mich nicht mehr. Ich nehme alles so hin. Das Leben und auch den Tod.«
»Damit meinst du das Sterben dieser Menschen, die hier auf der Straße liegen.«
»Zum Bespiel.«
»Wer waren sie?«
Kolew hob die Schultern. »Ich weiß es nicht genau. Sie müssen welche
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