1528 - Im Schlund der Bestie
Weitergehen zu hindern. Sie wollte es auch nicht. Steffi wollte es hier in der Kapelle entscheiden und setzte inständig darauf, dass sie überleben würde.
Der Dämon hatte von draußen zu ihr gesprochen. In den folgenden Minuten veränderte sich nichts. Der Dämon nahm sich Zeit. Aus seinen dunklen, kalten Augen schaute er in die Kapelle hinein und registrierte, dass sein Feind bewegungslos auf dem Boden lag.
Auch ihn würde er sich vornehmen. Er würde sich zwei Seelen holen. Es würde für ihn ein Festtag werden. Seelen, die er zwei Menschen entreißen und mit in seine Vorhölle nehmen würde, die durch diese menschlichen Attribute immer stärker werden würde, sodass er sich bald so etwas wie eine zweite Hölle aufbauen konnte.
»Ich habe mich vom Teufel abgewandt und führe meine eigene Existenz«, flüsterte er Stefanie zu, als müsste er ihr etwas erklären. »Ich war mal ein Diener wie viele andere, aber jetzt bin ich derjenige, der seine Macht immer mehr vergrößert. Ich habe meinen Schlund verlassen, um den Menschen zu zeigen, wie wenig Chancen sie haben, gegen mich anzukommen. Ich habe mir meine Macht zurückgeholt, die man mir vor langer Zeit genommen hat, als der große Kampf verloren ging und die Revolution der Engel fehlschlug. Nichts ist vergessen, gar nichts. Auch die Zeit hat meine Wunden nicht heilen können. Ich habe meine Chance ergriffen und bin aus der Tiefe der Erde gekommen, um euren Sagen und Legenden über die Hölle eine weitere hinzuzufügen.«
Stefanie Kirchner hatte jedes Wort verstanden, nur den Sinn hatte sie nicht richtig begriffen. Sie wusste ja nicht viel vom ersten Kampf des Engels Luzifer, der gottgleich hatte werden wollen und dann in den Abgrund gestürzt worden war. Das alles war in einer tiefen Vergangenheit begraben und abgetaucht in ein Dunkel, das nie von einem Lichtstrahl erhellt wurde.
Der Dämon schaute sich in der Kapelle um. Eine Gestalt ohne Kleidung, ein Körper, der aus einer schwarzblauen Masse bestand. Sie fühlte sich als der große Sieger.
»Ich hasse Orte wie diesen«, erklärte er. »So wie ich den Friedhof umgegraben habe, so werde ich auch diese Kapelle zerstören und mich daran ergötzen, wenn sie in sich zusammenfällt.«
Stefanie wusste nicht, woher sie den Mut nahm, ihm zu antworten.
In ihrem Innern war etwas aufgebrochen. Plötzlich war ihr Mut wieder da und hatte die Angst verjagt. In ihrem Kopf rauschte es. Die Gedanken wirbelten durcheinander, und sie sah plötzlich wieder klar.
Sie spürte die Wärme des Metalls in ihrer rechten Faust, und genau das ließ bei ihr die Hoffnung aufblühen.
»Nein!«, sagte sie mit einer kratzigen Stimme. »Nein, ich werde nicht klein beigeben. Ich bin ein Mensch, ich bin ein Geschöpf Gottes und nicht eines aus der Hölle. Ich weiß, dass du hier auf der Erde und bei den Menschen nichts zu suchen hast, und ich habe mir vorgenommen, dich zu stoppen.«
»Ach ja?«
»Verlass dich darauf!«
»Wie willst du das schaffen?«
»So!« Sie schrie ihm dieses eine Wort ins Gesicht. Noch in derselben Sekunde handelte sie.
Stefanie riss den rechten Arm hoch. Ihre Hand bildete keine Faust mehr, und sie streckte dem Dämon das geweihte Kreuz entgegen…
***
Der Seelenfänger rührte sich nicht!
Sekunden verrannen, ohne dass er etwas tat, und auch Stefanie handelte nicht. Sie fühlte sich besser. Sie merkte, dass dieses wunderbare Kreuz eine Kraft ausströmte, die auch ihren Körper ergriff.
Das Kreuz gab ihr den nötigen Mut, den man brauchte, um eine derartige Gestalt in Schach zu halten.
Es musste heraus. Sie konnte es nicht für sich behalten. Sie wäre sonst erstickt, und sie schrie den Dämon an.
»Du wirst es nicht schaffen! Du wirst nicht über diese Hürde springen können, das schwöre ich dir! Dein Geist wird auch nicht in meinen Körper eindringen können, denn ich besitze den besten Schutz, den man sich nur denken kann.«
Der Dämon gab ihr keine Antwort. Es dauerte eine Weile, dann wehte ein Lachen aus seinem Maul, das durch die Kapelle hallte und sich an den Wänden als Echos brach.
Stefanie war innerlich nicht gefestigt genug. Das Gelächter machte ihr schon zu schaffen. Sie fragte sich, woher dieser Dämon nur seine Sicherheit nahm, und sie atmete auf, als das verdammte Lachen endlich verklang. Auf dem Gesicht der Gestalt zeigte sich jetzt ein noch böserer Ausdruck. Der Mund bewegte sich wieder leicht abgehackt, als der Seelenfänger anfing zu sprechen.
»Du unterschätzt mich. Ja, du
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