153 - Angelina, die Teufelin
süß aus." „Natürlich", lächelte Angelina. Sie hatte Retti entdeckt. Er unterhielt sich mit einem befreundeten Konkurrenten. Geschäftlich versuchten sie ständig, sich gegenseitig zu ruinieren, privat waren sie herzlich befreundet - ein Widerspruch, den auch nur eine Persönlichkeit wie Federico Retti durchstehen konnte. Er besaß eine dämonische Ausstrahlung, die jeden Gesprächspartner sofort in ihren Bann zog. Auch Angelina fühlte, wie etwas sie für Retti einnehmen wollte, als sie seine Nähe erreichte. Es störte sie nicht. Retti und sie waren vom gleichen Schlag.
Federico Retti war ein Dämon.
Ein Einzelgänger, wie sie es geworden war.
Er ließ seinen Gesprächspartner mit einer kurzen Entschuldigung stehen und widmete sich sofort seiner Besucherin. „Angelina! Ich freue mich, daß du gekommen bist - ich hatte schon fast nicht mehr damit gerechnet, daß es dich überhaupt noch gibt. Du hattest Schwierigkeiten in Florenz?"
Sie nickte, küßte ihn auf die Wange und schnappte ein Champagnerglas vom Tablett eines vorbeischreitenden Dieners.
„Ja, ein wenig. Das ist einer der Gründe, aus denen ich hier bin."
„Und die anderen Gründe?"
Angelina lächelte herausfordernd. „Kannst du dir das nicht denken, Federico? Du bist ein Mann." „Man sagt es", bemerkte Federico lächelnd. Seine Augen verfolgten eine gutaussehende Brünette, die soeben den Pool verließ und sich naß und nackt unter die Tanzenden mischte. Angelina hob die Brauen.
„Ein neues Opfer?"
„Wie man's nimmt", sagte Retti leise. „Im Moment bin ich nicht darauf angewiesen, die Kellerräume zu füllen. Ich habe meine Versuche in die Stadt verlagert."
Angelina nippte am Champagner. „Interessant, Federico. Sag mal - hast du auch für mich etwas Passendes erreichbar? Man muß für die Zukunft vorsorgen. Der Junge in der weißen Badehose…" „Vergiß ihn", sagte Retti. „Es fällt auf, wenn ausgerechnet er verschwindet. Du solltest dir deine… Liebhaber nicht unbedingt unter meinen Partygästen suchen."
Angelina zuckte mit den Schultern. „War ja nur eine Frage. Der Knabe sieht ganz passabel aus."
Das fanden anscheinend auch einige andere Mädchen, die ihn umschwärmten. Angelina verzog das Gesicht. Nun, es gab andere Männer, und noch brauchte sie keine neuen Lebensenergien. Sie konnte auch völlig ohne Opfer leben, aber sie genoß diesen aufputschenden Kick wie eine Droge. „Vielleicht sollten wir aufhören, vom Geschäft zu reden", sagte Retti, der eine junge Frau im bodenlangen Satinkleid heranrauschen sah. „Ich glaube, ich muß mich jetzt auch wieder um meine anderen Gäste kümmern. Hast du Zeit?"
„Ein paar Tage", gestand Angelina. „Ich hatte vor, mich bei dir einzunisten."
Federico Retti grinste. „Das ist gut. Du bist etwas anderes als diese dummen Täubchen, die glauben, mit vollem Körpereinsatz etwas erreichen zu können. Andererseits - schön, daß sie es glauben. Ich denke, die heutige Party wird wieder ein Genuß."
Er lächelte der anderen Frau zu und ließ sich auf die Tanzfläche entführen. Angelina leerte das Champagnerglas in winzigen Schlucken und mischte sich unter die anderen Gäste.
Vor allem der junge Mann in der weißen Badehose hatte es ihr angetan. Eine Stunde später hatte sie die Konkurrentinnen aus dem Felde geschlagen, wußte, daß er Marco hieß und der Sohn eines namhaften Politikers war. Hin und wieder dachte sie an Rettis Warnung. Es war gefährlich, diesen Mann als Opfer auszuwählen. Aber er reizte sie. Sie mußte es so arrangieren, daß niemand daran denken konnte, Retti oder Angelina hätte auch nur das geringste mit seinem Verschwinden zu tun. Ihr würde schon etwas einfallen; Zeit blieb ihr ja noch genug.
Und - er war ein zehnmal besserer Liebhaber als es Mario gewesen war, stellte sie schon ein paar Stunden später fest.
„Ich habe dich gewarnt", zischte. Retti am anderen Morgen. „Du sollst ihn in Ruhe lassen. Es gibt Ärger, wenn er verschwindet, und ich kann keinen Ärger gebrauchen. Ich suche meine Opfer immer sehr sorgfältig aus. Es darf niemals ein Verdacht entstehen, der auf dieses Landhaus hinweist." Angelina lachte.
„Wer sagt dir, daß ich ihn als Opfer haben will? Vielleicht will ich nur ein wenig mit ihm spielen." „Deine Augen sagen es mir", grollte Federico Retti.
„Wenn du meinst."
Der Mokka war gut und stärkte die Lebensgeister, das Frühstücksei war zu weich. Am liebsten hätte Angelina es nach dem Koch geworfen. Statt dessen räkelte sie
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