1532 - Das Bermuda-Erbe
Richtung. Sie hielt dabei sogar den Atem an.
Das Vogelmädchen hatte seine Zimmertür nicht geschlossen. Das tat.
Carlotta nie, und auch an diesem Abend stand die Tür einen Spalt offen.
Doch Maxine Wells hörte nichts mehr.
Keine Stimme. Nicht mal tiefe Atemzüge waren zu vernehmen oder gar Schnarchlaute.
Maxine runzelte die Stirn und bewegte sich jetzt schneller.
Sekunden später stand sie an der Tür und warf einen Blick in das dunkle Zimmer.
Carlotta lag friedlich in ihrem Bett. Das sah Maxine zumindest auf den ersten Blick.
Aber als sie genauer hinschaute, sah die Szene schon anders aus. Da rieselte es kalt über ihren Rücken hinweg, denn jetzt fiel ihr auf, dass die Decke mehr am Fußende lag. Sie war praktisch dorthin getreten worden.
Das musste Carlotta im Schlaf oder Halbschlaf getan haben, und Maxine sah es als die Folge einer gewissen Unruhe an.
Was hatte das Vogelmädchen gestört?
Wiederum auf Zehenspitzen schlich Maxine an das Bett heran. Sie blieb dicht daneben stehen und versuchte, einen Blick in Carlottas Gesicht zu erhaschen. Die Flügel hatte das Vogelmädchen angezogen und sie so gedreht, dass sie auf dem Rücken liegen konnte. Sie trug ein helles Nachthemd, dessen Stoff zu dieser Jahreszeit schon etwas dicker war.
Das Gesicht war zwar zu sehen, aber Details nicht. Genau darauf kam es Maxine aber an. Sie ging wieder zurück, schaltete im Flur das Licht ein und dimmte es sofort, sodass es gerade ausreichte, um seinen Schein noch in das Zimmer fließen zu lassen.
Jetzt sah sie das Gesicht besser und erschrak.
Nein, sie schaute nicht auf die entspannten Züge einer schlafenden Person. Carlottas Gesicht zeigte etwas ganz anderes. Es kam Maxine angespannt und verzerrt vor, und als sie sich die Hände näher ansah, musste sie erkennen, dass beide zu Fäusten geballt waren.
Der Anblick traf sie tief. So lag nicht jemand im Bett, der sich einem erholsamen Schlaf hingegeben hatte. Carlotta machte auf sie den Eindruck, als hätte sie unter Albträumen gelitten, die wohl jetzt vorbei waren. Sicher war sich Maxine nicht, und deshalb blieb sie neben dem Bett und wartete. Sie verspürte in sich einen gewissen Druck, der sie davon abhielt, das Zimmer zu verlassen.
Da die Warterei länger dauern konnte, holte sie sich einen Stuhl und setzte sich.
Maxine Wells wartete ab.
Ja, sie hörte das Atmen ihres Schützlings, denn so sah sie Carlotta noch immer an, aber sie hörte auch das plötzliche Flüstern des Vogelmädchens.
»Nein, nein, geht weg! Ich will euch nicht sehen. Bleibt, wo ihr seid. Bitte, weg mit euch!«
Es waren nicht nur die Worte, die Maxine alarmierten, auch der Klang der Stimme trug dazu bei. Sie hatte nicht normal geklungen. Sehr deutlich schwang darin die Angst mit, und auch ihr Körper wurde von einer Unruhe erfasst.
Mit dem ruhigen Liegen auf dem Bett war es vorbei. Carlotta warf sich mal nach rechts, dann wieder nach links. Dabei zog sie auch die Beine an und stieß sie wieder vor, sodass heftige Strampelbewegungen entstanden und sie die Decke weiter in Richtung Fußende stieß.
Maxine saß noch immer auf dem Stuhl. Nun bildete sie sich ein, auf glühenden Kohlen zu sitzen, so angespannt war sie.
Die Tierärztin sprach Carlotta auch nicht an. Sie sah, dass deren Zustand nicht lebensbedrohlich war. Sie wartete darauf, weitere Informationen zu bekommen. Das Verhalten des Vogelmädchens musste etwas mit seinen Erlebnissen zu tun gehabt haben.
Die strampelnden Bewegungen der Beine verloren an Kraft. Carlotta schien ausgelaugt zu sein. Für einige Sekunden lag sie bewegungslos auf dem Rücken und schaute gegen die Decke, als gäbe es dort etwas Besonderes zu sehen.
Maxine sprach sie an.
»Carlotta…«
Das Vogelmädchen reagierte nicht. »Bitte, Carlotta, ich bin es. Hörst du mich?«
Das Vogelmädchen gab keine Antwort. Es schaute nur in die Höhe, und Maxine erkannte, dass der Blick auch weiterhin starr blieb. Sie überlegte, ob Carlotta unter einem fremden Einfluss stand oder einfach nur unter den Erinnerungen dessen litt, was sie auf ihrem Flug gesehen hatte.
Auch das wäre für Maxine Wells kaum erklärbar gewesen, denn sie wusste, dass Carlotta nicht unmittelbar bedroht worden war. Aus diesem Grund wunderte sie sich über deren Verhalten.
»Kannst du mich nicht anschauen?«
Im Liegen schüttelte sie den Kopf.
»Warum nicht?«
»Bitte!«, flüsterte Carlotta, die weiterhin liegen blieb und nur ihre Arme bewegte. »Bitte, ich - ich habe Angst.«
»Das brauchst
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