1541 - Ball der Vampire
Mit den Hacken fand er Halt. Er wollte sich abstemmen, sich aus dem Griff befreien, und er fand auch die Kraft, seinen Körper zu schütteln.
Der Mund löste sich von seinem Hals. Die beiden Zähne rissen dabei noch die Haut auf, und die scharfen Schmerzen waren wie Messerstiche, die bis in seinen Kopf jagten.
Er kämpfte weiter, und noch einmal stemmte er die Hacken gegen den Boden. Dabei rollte er sich von den Knien weg und fiel zu Boden.
Es war keine große Entfernung zwischen dem Stuhl und der harten Unterlage, dennoch prallte er mit dem Hinterkopf auf und hatte für einen Moment das Gefühl, nicht mehr richtig da zu sein.
Doreen hatte sein Blut getrunken und ihm damit auch einen Teil seiner Kräfte genommen. Er hätte sich jetzt zur Seite und aus der Gefahrenzone rollen müssen. Doch das schaffte er nicht. Und er war auch nicht in der Lage, sich auf die Füße zu stemmen. Er lag auf dem Rücken, er atmete saugend die Luft ein, er spürte die Schmerzen an der linken Halsseite und sah, wie sich seine Doreen auf dem Stuhl sitzend nach vorn beugte und ihm ihr Gesicht präsentierte, das nichts mehr mit dem eines Engels gemein hatte.
Sie sah böse aus. Den Mund hatte sie verzogen. Er stand offen, und aus ihm hervor fauchte ein Geräusch, das auch zu einem Tier gepasst hätte.
Sie wollte seinen Tod, seine Vernichtung. Sie wollte, dass er ebenfalls in ihre Welt eintauchte.
Trotz seiner Schwäche wurde es Tremaine klar, und er wusste auch, dass er etwas dagegen tun musste. Aber er war schwach. Die Welt verschwamm vor seinen Augen, und auch das Gesicht seiner Freundin schien sich aufzulösen.
Mit der rechten Hand umklammerte er noch immer den Griff des Revolvers. Nur der Finger lag noch nicht am Drücker, das musste er noch ändern.
Eine leichte Sache im Prinzip, aber es war trotzdem zu schwer für ihn. Er hätte den Finger zuerst strecken müssen, was ihm nicht gelang.
Außerdem musste er die Hand mit der Waffe anheben und sie in die Zielrichtung bringen. Er schaffte es schließlich. Nur musste er auf dem Boden liegen bleiben, denn er fand nicht die Kraft, sich in die Höhe zu stemmen. Dann verdrehte er die Augen, um Doreen sehen zu können.
Sie hatte den Stuhl verlassen. Jetzt stand sie gebückt über ihm und streckte ihm bereits die Hände entgegen.
Er hob den rechten Arm und schob die Hand mit der Waffe seitwärts über seinen Körper hinweg. Dann drückte er den Revolver ein wenig in die Höhe. Sie fauchte ihn an. Tremaine schoss!
Und plötzlich war alles so einfach geworden…
***
Doreen hatte es geschafft, sich tief zu bücken. Die Kugel hätte auch ihr Gesicht treffen können, aber sie erwischte nur den Hals und hinterließ dort eine klaffende Wunde, aus der kein Blut rann.
Zur Hälfte war der Hals an der getroffenen Stelle verschwunden, und durch den Aufprall der Kugel wurde die Blutsaugerin wieder in den Stuhl gestoßen.
Sie gab dabei einen unartikulierten Laut von sich und schüttelte den Kopf.
Zu einem zweiten Schuss kam Tremaine nicht mehr. Er war einfach zu schwach. Die erste Aktion hatte ihn zu sehr angestrengt, und seine Hand mit der Waffe fiel wieder auf seinen Körper zurück, von dem sie auch noch abrutschte.
Doreen jedoch lebte.
Sie saß wieder da, wo sie schon zuvor gesessen hatte. Nur bot sie jetzt einen anderen Anblick, denn das Geschoss hatte einen Teil ihres Halses zerfetzt.
Sie grinste.
Tote können nicht grinsen!, schoss es Yago Tremaine durch den Kopf, und noch in derselben Sekunde wurde ihm klar, was hier abgelaufen war.
Er hatte Doreen zwar erwischt, aber mit einer falschen Kugel. Und er hatte nicht mehr daran gedacht, es mit einer Blutsaugerin zu tun zu haben, die anders reagierte als ein Mensch.
Blei tötet keine Vampire!
Er war klar genug, um das zu erkennen, und plötzlich wurde ihm bewusst, dass ihm der größte Horror noch bevorstand.
Doreen legte beide Hände auf die Lehnen. Sie beugte ihren Kopf wieder vor, und ihre nächsten Worte hörten sich an wie das Krächzen eines Raben.
»Ich habe den Ball eröffnet. Ich werde mit dir tanzen. Ich begleite dich in eine neue Existenz, in der wir beide für immer vereint sind.«
Tremaine hatte jedes Wort verstanden. Und jetzt war ihm klar geworden, dass er keine Chance mehr hatte, sein Leben zu retten. Einen Teil seines Blutes hatte er bereits verloren und deshalb auch seine volle Kraft.
Er konnte nur kriechen, wenn überhaupt. Aufgeben wollte er nicht, und deshalb versuchte er sich zur Seite zu drehen, um der
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