1541 - Ball der Vampire
und er zeigte auch eine Reaktion.
»Das ist doch nicht wahr!«
»Leider ja.«
»Und was wollen Sie jetzt tun?«
»Es ist ein Test, wie ich schon sagte. Sehen Sie das Kreuz vor meiner Brust?«
Er deutete ein Nicken an.
»Macht es Ihnen Angst?«
»Keine Ahnung. Ich habe nie viel von Kreuzen gehalten. Selbst auf Gräbern nicht.«
»Das ist jetzt egal. Ich will nur, dass sie es anfassen. Nicht mehr und nicht weniger.«
Er schaute mich an, als hätte ich etwas sehr Schlimmes von ihm verlangt.
Ich nickte. »Ja, das ist es, was ich möchte.«
Einige Sekunden ließ ich ihm noch. Ich sah, dass er mit sich kämpfte. Er schwitzte kein Blut, dafür jede Menge Schweiß. Noch bevor ich seine Hand nehmen und sie gegen das Kreuz drücken konnte, hob er den rechten Arm. Er starrte auf meine Brust, und ich sah, dass er es selbst tun wollte.
»Mir geht es nicht gut, Sinclair. Da steckt etwas in mir, verdammt noch mal.«
»Es ist der Keim. Sie haben eine fünfzigprozentige Chance. Nutzen Sie sie.«
»Ja.«
Er griff nach dem Kreuz, das ich ihm entgegen hielt. Er streichelte es nicht nur, er fasste mit vier Fingern zu, umkrallte es und bäumte sich auf seinem Stuhl auf, während er zugleich schrie.
Dann fing er an zu zittern, als hätte ihn ein mörderischer Schüttelfrost gepackt. Seine Augen verdrehten sich, er trampelte, er schnappte nach Luft und sackte dann zusammen, wobei sich die Finger von meinem Kreuz lösten.
Auch ich war mitgenommen und musste zunächst mal tief Luft holen.
War Tremaine tot oder erlöst in diesem Fall?
So, wie er in seinem Stuhl zusammengesackt war, hätte er tot sein können. Ich hörte ihn nicht atmen. Sein Mund stand offen, der starre Blick passte auch nicht zu einem lebenden Menschen.
Ich wollte es genau wissen und suchte nach seinem Puls.
Er war zu spüren. Zwar sehr schwach, aber immerhin. Er hatte also Glück gehabt. Durch unser Erscheinen hatte Doreen Hill nicht so viel Blut trinken können, wie es nötig gewesen wäre, um ihren Geliebten zu einem Vampir zu machen.
Wenigstens ein kleiner Lichtblick in diesem verdammten Fall, über den wir alles andere als glücklich sein konnten…
***
Suko kam mit einer schlechten Nachricht. Er hatte keine Spur von diesem mächtigen Vampir gefunden.
»Weißt du, was das ist?«, fragte ich.
»Ja. Dubrauchst es nicht auszusprechen. Er ist uns entwischt. Aber ich denke, dass wir irgendwann auf ihn treffen werden. Einer wie der hört nicht auf.«
»Wir kennen nicht mal seinen Namen.«
»Ist das wichtig?«
»Nein, eigentlich nicht.«
Allein konnte Yago Tremaine nicht gehen. Wir zogen ihn hoch und versprachen ihm, dass wir ihn in eine Klinik bringen würden.
»Was geschieht dann mit mir?«
»Wahrscheinlich bekommen Sie eine Blutwäsche.«
»Aber Sie haben doch mit dem Kreuz…«
»Habe ich. Wir sollten aber lieber auf Nummer sicher gehen.«
Er sagte nichts mehr und ließ sich von uns nach draußen schleppen. Wir ließen ein Chaos zurück. Sechs Leichen, zum Teil nicht mehr als solche zu erkennen.
Aber eine davon würde ein richtiges Begräbnis bekommen.
Doreen Hill hatte sich im Tod verändert. Jetzt sah sie fast wieder aus wie ein Engel, was auch Tremaine auffiel.
Trotz seines Zustands wollte er neben ihr anhalten.
»Können Sie ein Gebet für sie sprechen?«, fragte er mit leiser Stimme.
»Ich kenne leider keines mehr.«
»Ja, das machen wir. Aber später, wenn sie beerdigt wird…«
ENDE
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