1544 - Der Monster-Killer
das Tännchen.«
»Ja, schön kitschig. Ich hätte gern Tannengrün und echte Kerzen genommen, aber das ist wegen der Brandgefahr nicht erlaubt.«
»Was ich richtig finde«, fügte Suko hinzu.
»Und sonst?«, fragte ich, um von dem Thema Vorweihnachten loszukommen.
»Kannst du dir deinen Kaffee holen, John.«
Ich grinste. »Das meine ich nicht.«
»Sondern?«
Ich deutete auf Glendas Outfit, weil ich wusste, wie ich sie foppen konnte. Sie trug einen Rock im Schottenmuster und dazu einen schwarzen Pullover.
»Neu?«
»Nein, Mr Sinclair, den hatte ich schon mal an. Aber deine Augen sind ja oft verklebt.«
»Das kannst du so nicht sagen, Glenda. Hätte ich sonst gefragt? Ich schaue dich immer an. Wäre es nicht der Fall, dann hätte ich dich nicht angesprochen.«
»Ja, ja, deine Ausreden kenne ich.«
Beide lachten wir. Der gute Kaffee war keine Ausrede. Er war tassenfrisch, und das Aroma wehte mir entgegen, als ich ihn einschenkte. Mit der Tasse in der Hand schlug ich den üblichen Weg in das Büro ein, das ich mir mit Suko teilte.
Glenda blieb im Vorzimmer zurück. Sie war an diesem Morgen guter Laune und pfiff irgendeinen Hit vor sich hin.
Ebenso wie Suko war auch ich froh, dass wir den Salzburg-Fall hinter uns gelassen hatten. Da hatte das Schicksal es gut gemeint. Das Erscheinen der Flammen-Furie hätte auch in einem gewaltigen Chaos enden können. So aber waren die Menschen noch mit einem blauen Auge davongekommen.
Glendas Pfeifen verstummte, und ich hörte, wie sie unseren Chef Sir James Powell begrüßte.
Als wäre es abgesprochen, warfen Suko und ich uns einen Blick über den Schreibtisch hinweg zu.
»Ärger, John?«
»Man kann nie wissen.«
Schon erschien Sir James nach einem knappen Klopfen bei uns im Büro.
Ich hatte den Blick angehoben, um den Ausdruck in seinem Gesicht erkennen zu können.
Er ließ nicht eben auf einen fröhlichen Tagesbeginn schließen. Den Blick konnte man beinahe schon als eine Drohgebärde ansehen.
Der Morgengruß fiel ebenfalls knapp aus. Erst als Sir James auf seinem Stuhl saß, rückte er mit der Sprache heraus.
»Ihr letzter Fall, John und Suko, bereitet mir schon Kopfzerbrechen.«
»Warum?«, fragte ich.
»Die Kollegen in Salzburg sind sauer über Ihren Alleingang, meine Herren.«
»Es war nicht anders zu machen.«
»Das sagen Sie, Suko, und das weiß auch ich. Aber man hat es mir nicht abnehmen wollen. Die Kollegen in Österreich denken über eine Beschwerde nach.« Er reckte seine Brille zurecht. »Das heißt, sie haben mit dem Gedanken gespielt. Ich konnte es soeben noch abwenden.«
Er hob die Schultern. »Das wollte ich Ihnen nur mitteilen. Wichtig allein ist der Erfolg. Aber bringen Sie das Menschen mal bei, die überhaupt keine Beziehung zu Fällen haben, die wir lösen müssen. Jedenfalls habe ich alles in die richtigen Gleise lenken können, und darüber bin ich froh.«
Ich lächelte. »Wir haben demnach kein Einreiseverbot?«
»Genau.«
Die Lage entspannte sich wieder, und sogar unser Chef hatte an diesem Morgen Zeit, denn er hatte nichts dagegen, dass Glenda ihm ein Glas stilles Wasser brachte.
Wenn ich ehrlich war, wünschte ich mir ein paar ruhige Tage, die sich meinetwegen auch bis zum Jahreswechsel hinziehen konnten. Wenn ich aber an den Verlauf der letzten Jahre dachte, würden wir wohl kein Glück in dieser Richtung haben.
Sekunden später schon meldete sich das Telefon. Ich verzog mein Gesicht, denn irgendwie wusste ich, dass es Probleme geben konnte.
Bevor ich abhob, stellte ich schon den Lautsprecher an.
So konnten Suko, Glenda Perkins und Sir James mithören.
»Ich grüße dich, John Sinclair!«
Die Frau, die gesprochen hatte, hatte einen besonderen Akzent in der Stimme, und ich musste nicht lange nachdenken, um zu wissen, wer mich da sprechen wollte.
»He, Karina! Karina Grischin.«
»Perfekt.«
»Das ist eine Überraschung.« Ich wollte das Thema möglichst allgemein halten und fragte: »Wie kalt ist es denn bei dir in Moskau?«
»Das weiß ich nicht genau.«
»Ach. Und warum nicht?«
»Weil ich nicht in Moskau bin.«
Mir sträubten sich die Nackenhärchen. Auch Sir James und Suko hatten eine gespannte Haltung eingenommen, und die Antwort lag jetzt für mich auf der Hand.
»Sag nicht, dass du aus London anrufst!«
»Doch, das tue ich.«
Da hatten wir es. Ich schloss für einen Moment die Augen. Es kam darauf an, ob Karina der Stadt einen privaten Besuch abstattete oder ob sie in dienstlicher Mission hier war. Sie
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