1544 - Der Monster-Killer
und ist uns entkommen. Russland ist ihm plötzlich zu klein. Er hat das Land verlassen aber wir denken nicht, dass er aufgehört hat, Monster zu jagen.«
Ich sah kleine Schweißperlen auf Karinas Stirn.
»Er hat also das Land verlassen«, wiederholte ich. »Kann es dann sein, dass er sich hier in London aufhält?«
Sie nickte. »Seine Spur führt hierher.«
Jetzt waren wir informiert, und beide fühlten wir uns nicht eben glücklich.
»Erzähl uns mehr über ihn!«, forderte Suko die Russin auf.
Karina Grischin fühlte sich weiterhin unwohl, das sahen wir ihr an. Sie senkte den Blick, sie hielt auch für einen Moment die Lippen zusammengepresst und saugte die Luft durch die Nase ein.
»Er ist uns aus der Kontrolle geraten. Das muss ich ehrlich zugeben. Wir haben ihn nicht mehr an der langen Leine führen können. Deshalb sitze ich hier. Glaubt nicht, dass ich eine kalte Technokratin bin, die alles so laufen lässt. Auch ich habe Verantwortungsgefühl, das gilt auch für Wladimir. Wir wissen nicht, wie sich Igor Rankin genau verhalten wird, aber ich kann euch sagen, dass er von seiner Aufgabe besessen ist, Monster zu jagen.«
»Was im Prinzip nicht schlimm ist«, fügte ich hinzu.
»Du sagst es, John. Es sei denn, er schießt über das Ziel hinaus, und dann ist Vorsicht geboten.«
»Genau.«
Karina breitete die Arme aus. »Wir wissen zwar, dass ihm die Flucht gelungen ist, uns ist nur nicht bekannt, wo er sich aufhält. Wir gehen aber von London und Umgebung aus.«
»Und warum?«, fragte ich.
»Ganz einfach.« Sie räusperte sich. »Er ist hier gesehen worden.«
»Wo genau?«
»In einem Vorort im Nordosten.«
»Und was hat er dort zu suchen gehabt?«, fragte ich weiter.
Karina grinste schief. »Monster.«
»Hat er die denn gefunden?«, fragte Suko. »Ich würde das Wort Monster gern gegen den Begriff Schwarzblüter austauschen.«
»Meinetwegen. Aber es hat leider einen Toten gegeben. Einen Mord an einem Landsmann. Was der Mann genau war, haben wir nicht herausfinden können. Außerdem bewegen wir uns auf einem fremden Territorium.« Jetzt lächelte sie uns an. »Aber wozu hat man Freunde in der Fremde?«
»Das heißt, wir sollen dir helfen.«
»Genau, John, und das ist auch in eurem Sinn. Oder würdet ihr es hinnehmen, dass in London ein Typ herumrennt, der plötzlich durchdreht und einfach auf Menschen losgeht?«
»Dreht er denn durch?«
»Ich sehe es so. Er hat ja bemerkt, dass wir ihn stoppen wollten, und er hat es einmal geschafft, Kontakt mit mir aufzunehmen. Da habe ich seine Drohung schon verstanden, als er mir erklärte, wir würden noch von ihm hören.«
Wir hatten jetzt einiges über Rankin gehört, aber wir kannten wenig über seinen Hintergrund und seine Karriere. Danach fragte ich Karina Grischin, die erst nachdachte und dann wissen wollte, ob ich seine Zeit im Kloster meinte.
»Ja, genau die.«
»Ich bin nicht dabei gewesen. Er ist irgendwann aus dem Kloster verschwunden, weil es ihm dort zu eng wurde. Aber er hat sich hinter diesen Mauern sein Wissen geholt. Er hat sich mit den Dingen beschäftigt, die euch ebenfalls nicht fremd sind. In den alten Klöstern sind so manche Bücher verborgen, deren Inhalte sich eben mit diesem Gebiet beschäftigen. Er hat sich schließlich auf den Weg gemacht, um diese Dämonen zu finden, und er hat sie gefunden.«
»Ihr habt ihn aber auch gefunden«, sagte Suko, während ich Wasser nachschenkte. »Wie denn?«
Karina strich über ihr Haar. »Mag unser Land auch noch so groß sein, es bleibt nichts verborgen. Wir haben unsere Kontakte auch in den Klöstern. Es war Wladimir, der von Rankin erfahren hat. Er ließ ihn suchen und hat ihn schließlich auch gefunden. Leider ein wenig zu spät.«
»Warum?«
»Er ist von drei dämonenartigen Wesen gefoltert worden. Man stach ihm ein Auge aus. Er überlebte, und sein Gefühl der Rache verstärkte sich immer mehr. Wladimir und seine Leute waren in der Nähe, als es passierte. Sie haben ihm eine Waffe besorgt, eine Binde für sein zerstörtes Auge und neue Kleidung. Er konnte sein Gefängnis verlassen, in das er gesteckt worden war. Seine Peiniger hielten sich noch in der Nähe auf. Er hat sie alle vernichtet, und das war praktisch seine Prüfung dafür, dasser in unsere Dienste treten konnte. Knapp ein Jahr lief alles gut, bis er dann seinen eigenen Weg gehen wollte.«
»Und wir jetzt das Problem am Hals haben«, erklärte ich.
»Das kann ich nicht leugnen.«
Glücklich fühlte ich mich nicht gerade.
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