155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth
mitteilen. Vielleicht finden wir später einen ruhigen Moment für uns allein.“
„Nein.“ Briana wurde von jäher Furcht gepackt, schüttelte diese aber entschlossen ab. „Was auch immer du mir zu sagen hast, kannst du mir ruhig vor meiner Familie erzählen.“
„Nun gut, wie du willst.“ Keane nahm ihre Hände in seine und starrte darauf, um keinen Blickkontakt mit Briana halten zu müssen. „Ich habe beschlossen, morgen in aller Frühe abzureisen.“
„Ballinarin verlassen? Aber wo willst du denn hin?“ Briana schaute ihn verständnislos an.
„Nach Hause. Nach Carrick.“
„Aber die Cranmers mit ihrer Armee …“
„Wir haben doch jetzt unsere eigene Bürgerwehr in Carrick. Ich bezweifele, dass Lord und Lady Cranmer ihre Soldaten nur wegen eines kleinen Kindes der drohenden Gefahr durch mehr als hundert Schwerter und Messer aussetzen werden. Schließlich haben sie Alana lediglich dazu benutzt, mir wehzutun. Geliebt haben sie sie doch nie. Ich glaube, sie werden das Interesse an dem Kind verlieren, jetzt da es in Irland ist. Und vielleicht können wir alle irgendwann ein ganz normales Leben führen.“
Briana lächelte ihn voller Liebe an. „Ich bete darum, dass es so kommt. Und ich wünschte, wir hätten mehr Zeit auf Ballinarin verbringen können. Gerade habe ich den anderen erzählt, dass ich hoffe, wir könnten hier von Vater Malone getraut werden. Aber wenn du meinst, dass wir besser baldmöglichst abreisen, werde ich in der Frühe fertig sein mit Packen.“
Sie wollte sich umdrehen, doch Keane hielt sie fest. „Du hast mich nicht richtig verstanden, Briana. Ich bedauere, mich so unklar ausgedrückt zu haben. Ich werde morgen nach Carrick zurückfahren, ich allein, ohne dich.“
„Was? Wie? Ich verstehe nicht …“ Ihr war plötzlich schwindlig. „Was meinst du damit? Keane, warum sagst du so etwas?“
„Du bist hier zu Hause, Briana, ruhst sicher im Schoß deiner Familie, die dich liebt.“
„Und ich liebe sie auch. Aber ich liebe auch dich, Keane. Es ist richtig und der Lauf der Welt, wenn ich mit dir gehe.“
„Tut mir leid, aber das ist unmöglich. Dein Leben findet jetzt hier statt, auf Ballinarin.“
„Nein!“ Briana schüttelte so heftig den Kopf, dass die Locken um ihr Gesicht herumflogen. „Mein Leben findet mit dir statt.“
„Briana, ich kann ja verstehen, dass du jetzt verwirrt bist. Ich habe dir das Leben gerettet und du mir. Wir sind jetzt sozusagen … quitt. Und du darfst Dankbarkeit nicht mit Liebe verwechseln.“
„Verwirrt!“ Sie spuckte das Wort förmlich aus. Und dann stiegen ihr doch tatsächlich schon wieder Tränen in die Augen, doch diesmal weinte sie vor Schmerz, nicht vor Freude. „Ich bin nicht verwirrt. Und was ich fühle, hat nichts mit Dankbarkeit zu tun.“
„Doch, selbstverständlich. Wenn du erst zur Ruhe gekommen bist, wirst du erkennen, dass ich recht hatte. Ich selbst empfinde ja auch tiefe Dankbarkeit für alles, was du für mich getan hast.“
„Warum tust du mir das an, Keane? Was ist los?“ Brianas Stimme vibrierte und klang höher als sonst, als ob sie kurz vor einem hysterischen Ausbruch stand.
Im krassen Gegensatz zu ihrer Stimme klang seine ruhig und beherrscht. „Ich setze mein Leben fort, Briana. Und du wirst das Gleiche mit deinem tun.“
„Wir werden nicht heiraten?“
„Nein!“
Es zerriss Keane innerlich beinahe, als er sah, wie jeder Blutstropfen aus Brianas Wangen wich. Ihr Gesicht war weiß wie die Wand. Sie drehte sich um und floh, so schnell ihre Beine sie noch trugen, die Treppe hinauf in ihr Gemach.
Ihre Familie stand wie erstarrt. Niemand sagte ein Wort oder gab auch nur irgendeinen Laut von sich.
Ohne eine weitere Bemerkung wandte sich auch Keane ab und suchte die Räumlichkeiten auf, die man ihm als Gast zugewiesen hatte. Er schloss sich ein, denn er wollte keinesfalls, dass irgendein Mensch ihn in seinem Kummer sah. Wenn sein Herz schon bluten musste, sollte es dafür wenigstens keine Augenzeugen geben.
21. KAPITEL
Keane stand auf dem Balkon, betrachtete die Sterne und dachte daran, wie oft er und Briana den nächtlichen Sternenhimmel zusammen bewundert hatten. Es schien ihm unendlich lange her zu sein.
Er fand in dieser Nacht keinen Schlaf. Sein Geist war in Aufruhr, und sein Herz fühlte sich an, als habe jemand es in tausend Stücke zerrissen.
Es klopfte an seiner Tür, und unwillig löste er sich aus seinen trüben Gedanken. Wer störte ihn in seinem Elend?
Er ging zur Tür
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