155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth
überhaupt nicht nach dem Keane, den ich kenne.“
„Liebste Schwester“, versetzte Conor, „du hast nicht die leiseste Ahnung davon, was es für einen Mann bedeutet zu heiraten. Oder vielmehr was die Hochzeitszeremonie mit all dem Pomp, den noblen Gästen und all diesen Dingen einem Mann antun.“
„Würdest du es denn wieder tun, Conor, wenn du vor die Wahl gestellt würdest?“
Er lachte und nickte. „Ja, für Emma. Ich persönlich würde mich vielleicht doch lieber von einer Kutsche überrollen lassen.“
Die Geschwister lachten in liebevoller Übereinstimmung. Dann zog Conor die Hände seiner Schwester an die Lippen und küsste sie behutsam. „Ich bin dir kein guter Bruder gewesen in den letzten Jahren Briana.“
„Nun, du hattest doch keine Wahl. Ich war ja schließlich nicht hier.“
„Aber ich habe mich nur noch um mein eigenes Leben gekümmert“, entgegnete er voller Selbstanklage. „Ich habe so gut wie keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, wie es dir wohl ergehen mochte. Ich hoffe sehr, dass du und Keane uns so oft wie möglich besuchen kommt. Ich wünsche mir, dass es wieder so wird wie früher.“
„So wie früher kann es nicht mehr werden.“ Für einen winzigen Moment schien eine Wolke Brianas Züge zu verdunkeln. „Aber wir bauen mit unserer Liebe füreinander eine neue Zukunft auf. Das ist genauso schön.“ Sie reckte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange. „Auch wenn wir uns vielleicht nur selten sehen, Conor, so wird es zwischen uns doch immer eine ganz besondere Art von Verbindung geben.“
Die seltsame Stimmung wurde durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. Innis wollte hereinkommen, und so verabschiedete sich Conor von seiner Schwester, damit sie mit dem Jungen allein sein konnte, der einst ihr bester Freund gewesen war.
„Innis.“ Sie eilte zu ihm und hakte sich bei ihm ein. „Ich hatte so sehr gehofft, du würdest noch einmal zu mir kommen, bevor die Zeremonie beginnt.“
„Wir haben wenig voneinander gehabt, seit du zurückgekommen bist.“
„Ja, Und dafür übernehme ich auch die Verantwortung, Innis. Ich musste so viele Dinge nachholen, die ich jahrelang schmerzlich vermisst habe. Und dann die Hochzeitsvorbereitungen …“
„Und Keane.“
„Ja, und Keane.“ Sie wartete einen Moment lang, und als Innis nichts weiter sagte, hakte sie nach: „Bist du nicht mit ihm einverstanden?“
Der junge Mann zuckte unbestimmt die Achseln. „Ich habe kein Recht, über ihn ein Urteil abzugeben. Rory und Conor scheinen ihn in Ordnung zu finden. Sogar dein Vater ist ihm gegenüber allmählich gnädiger eingestellt.“
„Aber du nicht?“
„Ach, es hat nicht wirklich etwas mit ihm zu tun. Ich glaube, er ist ein ehrlicher Kerl.“ Innis löste sich von Briana und ging hinüber zum Tisch, auf dem ihr Schleier und Gebetbuch lagen. Ungeschickt spielte er mit dem Saum des Schleiers. Seine Hände, die von harter körperlicher Arbeit zeugten, schienen viel zu rau für das feine Gebilde. „Ich hatte immer gedacht …“ Er druckste herum. „Als du fortgingst, Briana, dachte ich, ich müsste vor Einsamkeit sterben.“
„Ich weiß. Mir erging es genauso. Aber du hattest wenigstens noch Rory und Conor und deren Frauen. Und dann waren da all die Burschen aus dem Dorf.“
Jetzt schaute er hoch und sah ihr direkt in die Augen. „Aber sie alle waren nicht du!“
In diesem Moment verstand Briana, was er ihr zu sagen versuchte. Sie blieb stehen, wo sie war. Auf einmal schien es ihr unangebracht, Innis tröstend in die Arme zu nehmen. Er war so groß und auch schon beinahe erwachsen. Ein Mann – mit den Gefühlen eines Mannes. Sie wusste, dass sie jetzt sehr vorsichtig und behutsam sein musste, um ihn nicht unnötig zu verletzen.
„Von allem, was mir durch die Verbannung ins Kloster genommen wurde, warst du für mich der schlimmste Verlust, Innis. Du warst nicht nur mein bester Freund, sondern auch der von mir selbst erwählte Bruder im Gegensatz zu denen, die mir durch meine Familie gegeben wurden. Du warst derjenige, dem ich mein Herz voll und ganz geöffnet habe. Wir beiden hielten stets zusammen, weißt du noch? Wir gegen den Rest der Welt. Wir waren zwei Außenseiter, erinnerst du dich daran? Du, weil du der einzige Überlebende eurer Familie warst, und ich, weil ich unbedingt alles das haben wollte, was auch meine Brüder hatten.“ Briana schwieg. Sie hatte das Gefühl, für den Moment genug gesagt zu haben.
„Ja, genau das
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