155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth
andere einen Kuss. „Dann soll dir dieser Wunsch erfüllt werden.“
Briana fühlte bei der Berührung durch seine Lippen einen leichten Schwindel. Und daran, wie er die Augen ein wenig zusammenkniff, erkannte sie, dass er ähnlich wie sie empfand. Doch gerade als sie schon glaubte, er würde sie in die Arme nehmen und auf den Mund küssen, wandte er sich abrupt von ihr ab und stand hastig auf.
Mit schnellen Schritten durchmaß er den Raum und zog schwungvoll die Vorhänge wieder auf. Dann ging er zum Bett zurück und wollte wissen: „Soll ich dich zum Fenster tragen?“
„Wieso? Kann ich denn nicht laufen?“
„Noch nicht. Aber wenn du willst, trage ich dich.“
„Oh ja, gern. Bitte.“ Plötzlich hatte sie ein unbändiges Verlangen danach, von ihm berührt zu werden. Sie warf die Decken zurück, und Keane hob sie auf die Arme. Es schien für Briana die natürlichste Sache der Welt zu sein, ihm die Arme um den Hals zu schlingen und das Gesicht an seine Brust zu legen.
„Du bist immer noch leicht wie eine Feder“, bemerkte Keane. „Es bereitet mir allmählich echte Probleme zu sehen, wie dünn du immer noch bist.“
„Sorg dich nur nicht.“ Briana zog mit einer Fingerspitze die Falte zwischen seinen Augenbrauen nach. „Du machst dir um mich sowieso viel zu viele Sorgen. Außerdem lass dir gesagt sein, dass ich, wenn Mistress Malloy ihren Willen durchsetzt, bald kugelrund sein werde.“
Keane drehte den Kopf ein wenig zur Seite, um Brianas Gesicht nicht so dicht vor sich zu haben. In ihm brodelte mit stetig wachsender Energie eine Leidenschaft, die ihm beinahe Angst einjagte. Er war fest entschlossen, dieses Feuer der Begierde auszulöschen, bevor es ihn überwältigte.
Schließlich hatte er eine Vereinbarung mit dem Himmel. Ihm war das Wunder gewährt worden, um das er gebeten hatte. Nun musste er seine Verpflichtung aus dem Handel auch erfüllen.
„Du hast ein wundervolles Zuhause“, bemerkte Briana, während sie und Keane auf die grünen Hügel und farbenfrohen Dörfer von Carrick schauten.
Er wandte den Kopf, sodass sich ihre Lippen beinahe trafen. „Ich fange gerade erst an, diese Schönheit zu genießen und zu würdigen“, entgegnete er und fügte hinzu: „Und das habe ich dir zu verdanken.“
Briana bemerkte, wie er fasziniert auf ihren Mund starrte. In bebender Erwartung schmiegte sie sich dicht an ihn und schloss die Augen. Sie rechnete fest damit, geküsst zu werden.
Unter Aufbietung aller Willenskraft zwang sich Keane, aus dem Fenster zu schauen. Er befahl sich selber, stark genug zu sein, um Brianas Liebreiz und dem, was sie so bereitwillig geben wollte, zu widerstehen.
„Mylord!“ Cora blieb wie angewurzelt stehen, und Briana riss die Augen auf. Fast hätte sie vor Enttäuschung laut aufgestöhnt. Keane drehte sich ein wenig nach hinten zur Tür. „Ja, was ist denn?“
„Mistress Malloy möchte wissen, ob unser Mädchen heute wohl das Mittagsmahl gemeinsam mit Euch unten einnehmen wird.“
„Ganz gewiss nicht.“
„Bitte, Keane“, flüsterte Briana. „Ich möchte so schrecklich gern endlich mal wieder aus diesem Zimmer heraus.“
„Ich werde es auf keinen Fall zulassen, dass du dich irgendeinem Risiko aussetzt.“
„Aber wie sollte es mir schaden, wenn ich unten mit dir den Lunch einnehme?“
„Du könntest dich erkälten oder deine Kräfte überfordern.“
„Ich werde nichts dergleichen tun, Keane“, bettelte Briana. „Ich verspreche dir hoch und heilig, auf der Stelle Bescheid zu sagen, wenn mir kalt wird oder ich mich erschöpft fühle.“
Er wusste, dass es unmöglich war, ihr zu widerstehen. Trotzdem überlegte er angestrengt, wie er sie hier oben für sich allein behalten konnte. Ihn interessierte nur noch, dass sie in Sicherheit war. Aber wie sollte er ihr ihre Bitte abschlagen? Wer hatte die Kraft, gegenüber ihrem Flehen standhaft zu bleiben?
Schließlich drehte er sich vollständig herum und sah Cora an. „Also gut, dann sag Mistress Malloy, dass Briana mir beim Mittagessen Gesellschaft leisten wird. Man möge es in der Bibliothek servieren. Und dann beschaffe ein warmes Kleid für unsere junge Dame hier, damit sie sich nicht erkältet.“
„Sehr wohl, Mylord.“ Mit einem glücklichen Auflachen rannte Cora davon. Sie hatte der Haushälterin und den anderen Bediensteten gute Nachrichten zu überbringen. Briana O’Neil hatte einen weiteren Schritt in Richtung Genesung getan.
„Noch ein wenig Brühe, Miss?“
Briana schüttelte den Kopf.
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