155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth
„Nein danke. Sie war sehr delikat, aber nun habe ich genug davon gekostet.“
„Vielleicht noch einen Schluck Wein? Es wird behauptet, dass Wein den Appetit steigert.“
„Nein, ich kann nicht mehr. Aber trotzdem vielen Dank.“
„Tee, Mylady?“, bot ein anderes Dienstmädchen an.
„Nein, danke vielmals. Ich möchte überhaupt nichts mehr.“ Briana schaute sich um. Außer Keane, der neben ihr saß, befand sich ein Dutzend Bediensteter in der Bibliothek, bereit, ihr auf den geringsten Wink hin jeden Wunsch zu erfüllen. Und Vinson stand in der Nähe der Tür und sah aus, als würde er einen Salto vollführen, wenn Briana ihn darum bitten würde.
„Ihr müsst alle sofort damit aufhören“, erklärte sie nachdrücklich.
Keane legte begütigend eine Hand auf ihre. „Was meinst du nur damit, meine Liebe?“
„Ach, ihr behandelt mich wie … wie ein hilfloses, krankes Baby. Aber ich bin nicht krank, sondern nur noch ein wenig schwach von meinem Sturz.“
„Selbstverständlich bist du noch schwach“, bekräftigte Keane. „Du warst auf der Schwelle zum Tod, Briana. Du hast uns einen furchtbaren Schrecken eingejagt.“
„Genau das Gleiche macht ihr mit mir“, versetzte sie heftig. „Ihr jagt mir eine Heidenangst ein mit eurem Getue. Ich will wieder so wie zuvor behandelt werden.“
Keane bedeutete den Bediensteten, ein wenig vom Tisch zurückzutreten. „Nun gut, junge Dame“, gab er widerwillig nach. „Aber du musst mir dein Wort geben, dass du sofort um Hilfe bittest, wenn du dich nicht wohlfühlst.“
Briana schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. „Einverstanden.“ Sie erhob sich und fühlte im selben Moment, wie sich in ihrem Kopf alles zu drehen begann. Schnell umklammerte sie die Tischkante, weil sie fürchtete, sonst zu Boden zu fallen.
Die am nächsten stehenden Dienstboten wollten sie stützen, doch Keane war schneller.
Er hob Briana auf die Arme. Sein Gesichtsausdruck ähnelte einer Gewitterwolke. „Cora, bereite das Bett vor für Miss Briana.“
Während er die Bibliothek verließ, murmelte er erbittert vor sich hin: „Ab jetzt wird alles so gemacht, wie ich es will. Und du wirst dein Bett erst wieder verlassen, wenn ich entscheide, dass du dafür bereit bist.“
„Bitte, Keane! Du kannst mich hier nicht wie ein Tier einsperren.“ Briana saß in ihrem Bett, von allen Seiten durch dicke Kissen gestützt.
Wie jeden Morgen seit mehr als einer Woche, so brachte er ihr auch an diesem Tag ihr Frühstück, das aus Haferbrei bestand, über den er großzügig Zimt und Zucker streute. Zur Krönung goss er noch dicke süße Sahne darüber.
„Probier das mal“, forderte er sie auf, tauchte einen Löffel in den Brei und schob ihn Briana in den Mund.
Gehorsam schluckte sie alles hinunter und nickte dann anerkennend. „Sehr gut, Keane, wirklich. Aber immer nur Haferbrei ist nicht genug. Ich brauche frische Luft und Sonnenstrahlen im Gesicht. Bitte!“
„Einen Löffel noch. Dann werde ich über deine Forderung nachdenken.“
Seufzend gehorchte Briana, doch sobald sie den Brei abermals hinuntergeschluckt hatte, sagte sie herausfordernd: „Und?“
Keane bemühte sich nicht, sein Lächeln zu verbergen. „Okay. Ich verstehe deine Forderung nach Sonne und frischer Luft. Möchtest du im Garten einen Spaziergang unternehmen?“
„Du lässt mich selbstständig laufen?“ Briana warf bereits schwungvoll ihre Decken und Laken zurück und schwang die Beine über den Bettrand. Keane griff nach ihrer Hand und brachte sie dazu, in ihren Bewegungen innezuhalten.
„Das war nur so eine Redensart. Ich werde den Spaziergang machen, und du wirst sowohl die Sonne als auch frische Luft auf meinen Armen genießen, weil ich dich nämlich tragen werde. Wenn es nicht zu kühl ist für dich, darfst du außerdem vielleicht eine kleine Weile auf einer Bank sitzen.“
„Keane!“ Briana hätte am liebsten mit dem Fuß aufgestampft. „Ich bin doch kein Kind mehr.“
Seine Augen leuchteten vor Bewunderung, als er sie ausführlich von oben bis unten musterte. „In diesem Punkt stimme ich durchaus mit dir überein.“
Oh, wie wunderschön sie doch war. Wie gut stand ihr die zarte Röte, die ihr bei seiner viel sagenden Bemerkung in die Wangen stieg. Und dazu dieses koboldhafte Lächeln! Am liebsten hätte er sie in die Arme genommen und geküsst. Doch er hatte ein Gelübde abgelegt im Tausch für ihr Leben. Die Einhaltung dieses Gelübdes würde seine Willenskraft noch oft bis an die Grenze
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