155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth
treiben.
„Erinnere dich einfach nur daran, welch schweren Schlag am Kopf du bei deinem Sturz davongetragen hast. Ich habe schon mehr erfahrene Krieger gesehen, die einen solchen Sturz nicht überlebt haben.“
„Wo willst du sie gesehen haben?“, wollte sie herausfordernd wissen.
Jetzt war es an Keane, ein wenig verlegen zu werden. Um die Diskussion nicht vertiefen zu müssen, sprang er auf und reichte ihr die Schüssel mit dem Brei. „Hier, iss noch ein bisschen mehr. Ich werde in der Zwischenzeit nach Cora suchen, damit sie dir etwas Warmes zum Anziehen herauslegt.“
Als er gegangen war, geriet Briana in Versuchung, Keanes Forderung einfach nicht Folge zu leisten. Aber dann fiel ihr wieder ein, wie schwach sie sich oft noch fühlte, und beschloss, alles zu tun, um ihre körperliche Genesung voranzutreiben. Selbst wenn sie dafür jeden Morgen eine große Schüssel von dem verhassten Haferbrei essen musste.
Sie überlegte, wo Keane wohl Krieger auf dem Schlachtfeld gesehen haben mochte. Hatte er nicht mehrmals glaubhaft erzählt, er habe stets ein Leben voller Privilegien, in Luxus und allen nur denkbaren Auswüchsen von Dekadenz gelebt?
Vielleicht hatte er diesen Vergleich auch nur gewählt, um ihr die Gründe für die Regeln zu erklären, die sie albern und übertrieben fand. Aber das alles war momentan von geringer Bedeutung.
Briana hatte wichtigere Dinge zu überdenken. Sie musste beispielsweise einen Weg finden, Keane davon zu überzeugen, dass die gegenwärtige erzwungene Tatenlosigkeit und Bequemlichkeit für sie beinahe so schlimm waren wie die strikten Regeln im Kloster.
Keane trat in den Garten, Briana auf den Armen. „Da sind wir, meine Liebe.“
Wie eine Blume ihre Blüten der Sonne entgegenstreckt, so hielt auch Briana das Gesicht in die wärmenden Strahlen. „Oh Keane, es ist wunderbar, endlich wieder draußen zu sein.“
Er blieb einen Moment stehen, damit sie ihre Freude auskosten konnte, bevor er sie den kleinen Pfad hinuntertrug bis zu einer steinernen Bank.
Sobald Keane sie dort behutsam abgesetzt hatte, schaute der Gärtner von seiner Arbeit hoch.
Er stand auf, wischte sich die Hände an seiner grünen Schürze ab und kam zu Briana. „Es tut gut, Euch so wohl zu sehen“, sagte er zu ihr und überreichte ihr mit einer kleinen Verbeugung eine einzelne tiefrote Rose.
„Danke vielmals, Fleming.“ Briana atmete tief den starken Duft der Blume ein. „Meine Mutter hat immer gesagt, dass in einer einzigen Rose der ganze Himmel verborgen sein kann.“
„Richtig.“ Flemings von der ständigen Arbeit im Freien tiefbraun gebranntes Gesicht wurde noch um eine Nuance dunkler. „Ihr seid ein wunderbares Mädchen“, erklärte er etwas verlegen, aber voller Überzeugung. „Manchmal liegt der Himmel auch im Lächeln einer schönen Frau“, fügte er viel sagend hinzu.
Keane verfolgte die Unterhaltung voller Verwunderung. Noch niemals zuvor hatte er den Gärtner mehr als ein halbes Dutzend Wörter hintereinander sprechen gehört. Als Junge hatte er sogar eine Zeit lang geglaubt, Fleming sei stumm. Jeder in Carrick House wusste, dass der Gärtner die Gesellschaft seiner Pflanzen der von Menschen bei weitem vorzog.
Wie auf ein zuvor abgemachtes Signal tauchten nach und nach Diener und Dienstmädchen im Garten auf, jeweils aus einem anscheinend guten Grund. Einige Küchenmädchen erschienen mit Körben, um Kräuter und Gewürze zu pflücken. Sie lächelten und verneigten sich vor Briana, wenn sie stehen blieben, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen.
„Mir geht’s schon viel besser“, versicherte Briana jedem, der sie ansprach, voller Heiterkeit. „In Kürze werde ich so gut wie neu sein“, rief sie den lachenden Bediensteten zu, von denen immer mehr auftauchten.
Fasziniert bemerkte Keane, wie offen und unkompliziert Briana mit all diesen Menschen umzugehen verstand. Außerdem kannte sie jeden und jede mit Namen.
Auch Monroe, der Stallmeister, kam herbei. Doch im Gegensatz zu allen anderen zeigte er eine unterwürfige, schuldbewusste Haltung. Er kniete vor Briana und neigte den Kopf tief auf die Brust. „Verehrte Lady Briana“, stieß er stockend hervor. „Bitte, versucht mir zu vergeben, was ich Euch angetan habe.“
„Vergeben? Aber wofür denn nur?“ Briana schüttelte verständnislos den Kopf.
„Dafür, dass ich ein so gefährliches Tier wie Peregrine ohne Aufsicht im Stall gelassen habe.“
„Peregrine ist wohl der hoch talentierte Springer?“, vergewisserte
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