155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth
leidenschaftlich sich Briana für die Dorfbewohner und deren Anliegen eingesetzt hatte. Er konnte selber kaum noch glauben, dass er bis vor wenigen Wochen noch so sehr dagegen gewesen war, seine Landsleute mit Waffen auszurüsten. Doch inzwischen hatte er erkannt, dass es wohl nur seinen erdrückenden Schuldgefühlen und seiner Verwirrung zuzuschreiben war, dass er tatsächlich davon überzeugt gewesen war, seine Landsleute seien besser dran, wenn sie von vornherein ihre Niederlage eingestanden, statt den Schmerz und das Chaos eines Kampfes durchstehen zu müssen.
Keane würde Briana auch hierfür für alle Zeiten dankbar sein. Seine kleine Kämpferin hatte ihm deutlich gezeigt, was er tun musste. Indem er an der Seite seiner Landsleute kämpfte, konnte er für die Sünden seines Vaters Abbitte leisten. Und wenn es das Schicksal besonders gut mit ihm meinte, würde er Gelegenheit bekommen, den Soldaten namens Halsey für seine Gräueltaten zur Rechenschaft zu ziehen.
Er biss die Zähne aufeinander, bis sie knirschten. Das wäre für ihn die größte Befriedigung, die er sich überhaupt nur vorzustellen vermochte.
Das Licht der Morgensonne brach sich in den Schwertern der ersten englischen Reiter, als sie aus dem Wald heraus auf das Feld ritten und die Richtung einschlugen, in der sie die als Köder agierenden irischen Bauern entdeckt hatten. Keane fühlte, wie sich sein Puls beschleunigte, wie immer, wenn ein Kampf unmittelbar bevorstand.
„Jetzt, Mylord?“ Hugh McCann sah ihn an, doch Keane schüttelte den Kopf. „Nein, Hugh, noch nicht. Unsere einzige Hoffnung, aus der Schlacht siegreich hervorzugehen, ist das Überraschungsmoment. Die Engländer rechnen ja damit, uns wie zuvor hilflos, unbewaffnet und starr vor Angst anzutreffen. Sie erwarten keine Bande geübter, fähiger Schwertkämpfer.“
Ihm fiel auf, dass die Männer ausnahmslos in Schweiß gebadet waren, obwohl es zu dieser frühen Stunde noch sehr kühl war. Doch das überraschte Keane nicht sonderlich. Die Burschen dachten mit Sicherheit alle an ihre Frauen und Kinder, die sie möglicherweise niemals wiedersehen würden.
Er selber war von einer seltsamen Ruhe erfüllt. Er hatte keine Angst vor dem Tod. Auch jetzt, nachdem er mit Briana vereint war, barg der Gedanke an den eigenen Tod keinerlei Schrecken für ihn. Vielmehr hatte er das Gefühl, dass er sein Leben lang nur für diesen heutigen Tag ausgebildet worden zu sein schien. Zu seinem Bedauern konnte Keane die englischen Soldaten nicht allein bekämpfen. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn sich keiner der unschuldigen Dorfbewohner dieser Lebensgefahr hätte aussetzen müssen.
Er kniff die Augen in höchster Konzentration zusammen, als sich die Reiter immer näher auf die Bauern zubewegten. Keane zog sein Schwert aus der Scheide, schwang es hoch über seinem Kopf und nickte. „Jetzt, Leute.“
Die Jungen und Männer brachen mit irrsinnigem Geheul aus ihren Waldverstecken hervor. Die englischen Soldaten wendeten überrascht ihre Pferde, um zu sehen, woher der Lärm stammte.
Keane führte die Attacke gegen die Engländer an und griff den ersten Soldaten an. Bevor dieser auch nur seine Waffe zücken konnte, hatte Keane ihn bereits getötet. Geistesgegenwärtig schnappte er sich die Zügel des nun herrenlosen Pferdes und rief nach einem seiner Männer, der sich behände in den Sattel schwang und sogleich die Verfolgung einiger Soldaten aufnahm, die sich zurückziehen wollten.
„Tod allen Iren!“, erklang plötzlich der Ruf eines Reiters, den Keane bislang noch nicht wahrgenommen hatte. Der Engländer griff nach einem vielleicht zwölfjährigen Jungen und zog ihn zu sich hoch. Er hielt dem Kind ein Messer an die Kehle und schrie unbeherrscht: „Wir werden hier nicht eher verschwinden, Leute, als bis jeder der irischen Hundesöhne in seinem eigenen Blut liegt. Wenn einer von euch versucht zu fliehen, wird er mein Schwert zu spüren bekommen. Habt ihr das verstanden?“
Bevor Keane den Mann näher betrachten konnte, ahnte er bereits, wen er vor sich hatte. Im Näherkommen erkannte er die von Briana beschriebenen Gesichtszüge mit den vielen Narben, der platten Nase und der breiten, langen Narbe an der Stelle, an der zuvor das linke Ohr gewesen war.
„Halsey!“ Keane hob sein Schwert und preschte voran.
Der Engländer sah ihn herankommen und verstärkte den Griff um den kleinen Jungen. „Nicht weiter, sonst stirbt der Bursche“, rief er Keane zu.
Dieser reagierte rein instinktiv. Er
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