1552 - Erzfeind der Hölle
Ecke, jeden Winkel.
Und dann hatte er zugeschlagen. Eiskalt und unbarmherzig. Er war ein Satan.
Pisulski lachte auf, als er daran dachte. Ein relativer Satan, ein besonderer Teufel. Tom dachte zudem daran, dass seine Landsleute sehr katholisch waren. Zumindest die Älteren unter ihnen. Sie glaubten an Gott, aber sie glaubten auch an den Teufel oder die Hölle. Er war ebenso existent wie die andere, die gute Seite.
Und wenn die böse Macht in ihr Leben eingriff, musste etwas unternommen werden. Jemand hatte das getan. Jemand hatte gespürt, dass sich der große Verführer an die Menschen herangemacht hatte, um sie auf seine Seite zu ziehen.
So wie bei Ellen Lissek und den Adamskis.
Sie waren den falschen Weg gegangen. Tom hatte es nicht bemerkt.
Auch ein Vorwurf. Es war zum Letzten gekommen. Der nächste Vorwurf.
Und dann?
Ja, dann war etwas passiert. Dann war Sarrazin gekommen. Ein Priester aus der Heimat. Einer wie der letzte Kreuzritter. Unerschütterlich im Glauben. Wie eine Festung.
Er hatte die Mitglieder der kleinen Gemeinde wieder auf den richtigen Weg bringen wollen. Er hatte in seinen Predigten über den verderbten Einfluss der Hölle gesprochen. Er hatte den Menschen den richtigen Weg weisen wollen. Er war wie ein Missionar aufgetreten.
Und dann waren die Morde passiert. Alles in seiner Zeit. Nicht nur Ellen Lissek und die Adamskis waren umgebracht worden. Es hatte noch mehr Tote gegeben.
Pisulski erinnerte sich an zwei Verbrechen, die ebenfalls in seinem Viertel stattgefunden hatten. Zum einen war ein junger Mann getötet worden, der soeben aus dem Knast entlassen worden war. Warum genau er hatte sterben müssen, hatte die Polizei nie herausgefunden.
Sein Mörder wusste es.
Auch beim Tod der alten Frau hatte es Rätsel gegeben. Bei ihr und dem jungen Mann hatte man Kreuze gefunden, als sollten sie in den letzten Stunden ihres Lebens alles bereuen, damit sie auf dem Gang ins Jenseits nicht wieder vom Weg abkamen.
Tom stöhnte leise auf. Es wuchs ihm über den Kopf. Er konnte die Dinge nicht mehr in die richtige Reihenfolge bringen. Für ihn war dies völlig neu.
Der Teufel oder die Hölle waren abstrakte Dinge, mit denen er sich höchstens mal am Rande beschäftigt hatte. Nun aber waren sie konkret geworden. Er sah sich gezwungen, sich damit zu beschäftigen. Sich selbst gegenüber gab er zu, dass er Menschen, die sich auf die Seite der Hölle stellten, nicht mochte. Aber es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, sie so zu hassen, dass er sie umgebracht hätte.
Er hätte versucht, sie durch gutes Zureden auf den richtigen Weg zurückzuführen.
Das hatte der Mörder nicht getan. Er war so grausam vorgegangen, wie es auch die Seite der Hölle getan hätte.
Aber wer war dieser Mann, dieser schreckliche Mensch?
Tom Pisulski hatte viel darüber nachgedacht, um sich dann vor seinen Gedanken zu erschrecken.
Der Besucher aus Krakau. Der Ritter des Glaubens.
Er war es, der sich hier eingeschlichen hatte. Er war nicht der Mensch, der vergab, der Verständnis hatte. Er ging einen gnadenlosen Weg. Er war ein Erzfeind der Hölle.
Diese Gedanken hatten sich in Tom Pisulski festgesetzt.
Aber er hatte keine Beweise gegen den Polen. Er hatte bisher auch mit niemandem über seinen Verdacht gesprochen, auch nicht mit den beiden Polizisten. Er wollte erst Beweise sammeln und danach seine Informationen weitergeben. Erst dann konnte gehandelt werden.
Pisulski hatte sich ein Versteck in der Nähe der Kirche gesucht.
Das Gotteshaus war mehr eine Kapelle, die von außen ebenso dunkel wirkte, wie sie innen war. Tom kannte sich aus. Er war oft genug in der Kirche gewesen, um dies beurteilen zu können.
Da die Stelle des Priesters im Moment vakant war, hatte sich Sarrazin im Pfarrhaus eingerichtet.
Es war alles andere als ein Prunkbau. Es stand auf dem Gelände der Kirche, und zwar dort, wo das Gestrüpp eine Grenze bildete, zusammen mit einem grün gestrichenen Zaun. Die Gemeinde hätte auf dem Gelände noch gern einen Friedhof angelegt, was allerdings nicht genehmigt worden war. So mussten die Toten auf dem normalen Friedhof bestattet werden.
Es hatte Tom viele Überlegungen gekostet, bis er einen Entschluss gefasst hatte. Er wollte Sarrazin stellen. Er wollte ihm gegenüberstehen, um ihm die Vorwürfe ins Gesicht zu schleudern.
Leider war er nicht im Haus.
Nach einem dreimaligen Läuten hätte es der junge Mann aufgegeben und sich zurückgezogen. Er hatte tatsächlich verschwinden wollen, um am Abend oder
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