1556 - Schatten der Vergangenheit
Hand, daß jemand diese Gerüchte gezielt verbreitet. Die Kommandantin hat das Schiff mehrmals bis in die letzten Winkel durchsuchen lassen. Es gibt nirgendwo doppelte Böden oder Hohlräume, deren Inhalt verborgen geblieben wäre. Shina hat das Innere nach außen kehren lassen. Es existieren keine versteckten Geräte, die zu einem bestimmten Zeitpunkt anfangen, Maschinen oder Fallen zu konstruieren. Das ist alles Humbug."
„Ja, ja", seufzte Stalker. „Du wirst schon recht haben, Kartanin-Frau. Natürlich ist an den Gerüchten nichts dran. Ein Angsthase hat sie sich ausgedacht, um die Mannschaft zu erschrecken. Deswegen habe ich meine interessierten Zuhörer auch nicht herbestellt. Mir geht es um etwas anderes." Er hob seine Stimme an und breitete die Arme aus. Die Stoffbahnen wehten um seinen Körper, mit dem Kranz auf dem Kopf sah er aus wie eine Kitschfigur aus einer Rumpelkammer. Er musterte Dao-Lin, die steif neben der Tür stand.
Vor Erregung zeigte sie ein ganz klein wenig ihre Krallen, und niemand außer Stalker bemerkte es. „Alles ist Täuschung!" donnerte das Wesen, das sich die Bezeichnung „Intrigant" in der Vergangenheit wahrlich verdient hatte. „Die Terraner unterliegen ihr, alle Galaktiker und die Völker der Lokalen Gruppe. Von wem geht diese Täuschung aus? Von ES natürlich. Deshalb muß Perry nach Estartu fliegen, denn dort kann er alles aufklären. Dort besteht für ihn die Möglichkeit, seiner Heimat zu helfen. Sein eigenes Leben ist dabei völlig gleichgültig. In einem Geschehen von derart kosmischer Wichtigkeit zählt ein Einzelleben nichts, nur das Gesamte ist wichtig. Wollt ihr Perry deshalb vergessen? Wer weiß, vielleicht kehrt er nie wieder aus Truülau zurück, wohin er zweifellos gehen wird. Glaubt ihr das? Sind ihm seine Frau und seine Tochter wichtiger als alles andere? Läßt er die Menschheit im Stich? Nein, sage ich euch. Er wird die Dinge akzeptieren, wie sie sind. Er hat es immer getan oder meistens. Ist er wirklich das charakterliche Vorbild der Menschheit? Nun, wir werden es erleben."
„Schwätzer!" rief jemand laut, der die Nase voll hatte. „Verschwinde! Wenn es dir in der ROBIN nicht paßt, kannst du ja aussteigen. Ein falsches Wort noch gegen Perry, darin..."
„Stalker hat recht!" meldete sich ein anderer. „Wir dürfen uns nichts vormachen. Wir befinden uns vielleicht sogar auf einem Flug in die Hölle, wer weiß. Wir hätten uns ein eigenes Raumschiff aussuchen sollen!"
Ein Wort gab das andere. Schnell kristallisierten sich zwei Gruppen heraus. Die eine lehnte Stalker und sein Geschwätz ab und ließ nichts auf Perry kommen. Die andere ergriff Partei für Stalker, stilisierte ihn zum Mahner und Warner empor und hielt es für richtig, nicht so zu tun, als könne der ROBIN auf ihrer langen Reise nach Estartu nichts zustoßen.
Dao-Lin-H'ay hielt sich zurück. Sie hatte die Augenlider leicht gesenkt. Ihr Körper entspannte sich sichtbar, und sie tat völlig unbeteiligt. Tatsächlich achtete sie nicht auf die Worte und Widerworte, auf die sich aufschaukelnde Stimmung mit den möglichen Folgen. Sie blickte zur Seite, irgendwohin auf einen imaginären Punkt, und behielt Stalker dabei genau im Auge.
Der Sotho zog sich von seinem Podest an die hintere Wand zurück. Er beobachtete interessiert die Entwicklung. Wenn sie seine fremdartige Mimik nicht täuschte, dann war er zufrieden. Er hatte erwartet, was jetzt eintrat. Er hatte seinen Zuhörern ein paar Reizworte hingeworfen, hübsch verpackt in all die rhetorische Widersprüchlichkeit, die ihn auszeichnete. Jetzt wartete er auf das endgültige Ergebnis.
Mehrere Männer und Frauen gerieten sich in die Wolle. Es kam zu kleinen Handgreiflichkeiten. Andere, die schlichtend Einfluß nehmen wollten, wurden in das Gezerre verwickelt, und keine halbe Minute später war eine intensive Balgerei im Gange. Sie dauerte allerdings nicht lange. Roboter erschienen und trieben einen Keil zwischen die Streitenden und transportierten sie ab.
Jetzt erst schien Stalker wie aus Trance zu erwachen. Er sah über den Pulk der Streitenden und die Roboter hinweg zur Tür.
Aber Dao war verschwunden. Sie war hinausgeschlüpft und schlug den Weg zu ihrem Privatquartier ein. Sie brauchte ein wenig Ruhe, um intensiv nachzudenken. Ein paar der Dinge, die sie beobachtet hatte, erweckten den Eindruck, als gehörten sie zu einem festumrissenen Plan.
Der Drahtzieher war eindeutig Stalker, auch wenn er es gut zu verschleiern verstand. Sie nahm
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