1557 - Die Blutbraut aus Atlantis
nicht gelogen hat. Setzen Sie sich doch.«
»Danke.«
Als ich meinen Platz eingenommen hatte, fielen mir die Blicke auf, die sich beide zuwarfen.
»Haben Sie Probleme?«, fragte ich.
»Ja.« Rebecca nickte. Dabei deutete sie auf eines der Fenster. »Sie war da, und jetzt ist sie wieder weg.«
Ich verstand.
»Darf ich davon ausgehen, dass Sie von dieser Person gesprochen haben, die in dem Steinsarg gelegen hat?«
»Dürfen Sie«, flüsterte Kosta. Er war ein kräftiger junger Mann mit sehr dunklem Haar, das er glatt zurückgekämmt hatte. In seinem Gesicht malten sich Bartschatten ab, und auf seiner Stirn glitzerten Schweißtropfen.
Mit hastiger Stimme sprach er weiter. »Der Anblick der nackten Frau hat mich und auch Rebecca ziemlich erschreckt, Mr. Sinclair.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Beide schwiegen eine Weile. Ich sah, dass sie mit dieser Tatsache zu kämpfen hatten, und wollte wissen, ob etwas passiert war.
»Zum Glück nicht«, erwiderte Rebecca leise, »aber wir haben ihr Gesicht gesehen, als sie in unser Haus schaute, und dabei ist uns der blutige Mund aufgefallen.«
Ich erschrak leicht, zeigte es aber nicht und fragte mit leiser Stimme nach.
»Da sind Sie sich sicher?«
Beide stimmten zu und schienen von mir eine Erklärung zu erwarten, was ganz natürlich war.
Es hatte keinen Sinn, wenn ich mit der Wahrheit hinter dem Berg hielt. Wir waren an einem Punkt angelangt, wo wir uns nichts mehr vorzumachen brauchten.
»Wenn der Mund blutig gewesen ist«, sagte ich mit leiser Stimme, »dann wird sie bereits ihr erstes Opfer gefunden und Blut getrunken haben.«
Rebecca atmete scharf ein.
»Dann - dann gibt es sie also doch, diese Vampire?«
»Leider.«
Rebecca schlug die Hände vor ihr Gesicht.
Ihr Freund sagte zunächst nichts - bis es aus ihm hervorbrach.
»Ich trage die Schuld daran! Ich allein habe den alten Sarg aufgebrochen und dieses Wesen befreit. Das ist wie bei dem Geist aus der Flasche. Auch er ließ sich von den Menschen nicht mehr kontrollieren. Ich glaube nicht mehr daran, dass wir noch gewinnen können.«
Kosta schaute mich so fragend an, dass ich mich förmlich gezwungen sah, ihn zu beruhigen. Es hatte keinen Sinn, wenn ich hier Pessimismus aufkommen ließ.
»So sollten Sie nicht denken, Kosta. Sie und Ihre Freundin sind nicht allein.«
Er schüttelte den Kopf und bewegte seine Hände unwirsch.
»Das weiß ich, aber ich muss wohl akzeptieren, dass es tatsächlich Vampire gibt, obwohl ich so etwas gestern noch für reinen Unfug gehalten hätte. Und ich weiß, dass wir Menschen den Blutsaugern an Kräften weit unterlegen sind. Das ist doch schon immer so gewesen.«
»Woher haben Sie Ihr Wissen?«
»Dracula«, meldete sich Rebecca. »Ich habe die Geschichte gelesen.« Sie hatte die Hände wieder sinken lassen und sah alles andere als beruhigt aus.
»Ja, aber das ist eine andere Geschichte. Und wenn Sie deren Ende kennen, müssen Sie auch wissen, dass der Vampir gestorben ist. Das Licht der Sonne hat ihn vernichtet.«
»Aber nicht bei den heutigen!«, sagte Rebecca. »Wir haben doch das Gesicht mit dem blutigen Mund hinter der Fensterscheibe gesehen. Das war einfach grauenhaft. Da hat sich auch niemand verkleidet, um uns einen Schrecken einzujagen.«
»Daran habe ich auch nie gedacht.«
»Und was wollen Sie tun?«
»Zur Not auf diese Blutfrau warten.«
»Und dann gegen sie kämpfen?«
»Ja.«
Rebecca und ihr Freund schauten sich an.
Was ich so locker geantwortet hatte, konnten sie nicht begreifen, und deshalb stellte Kosta auch seine Frage.
»Was macht Sie denn so sicher, gegen dieses Wesen gewinnen zu können? Das müssen Sie doch, sonst ist alles aus.«
»Ich weiß.«
»Und woher nehmen Sie Ihre Zuversicht?«
»Weil ich mich mit diesen Dingen auskenne. Ich habe mit Vampiren meine Erfahrung.«
Mit dieser Antwort hatte ich die beiden ziemlich geschockt. Sie wussten zunächst nicht, was sie sagen sollten, bis Rebecca fragte: »Sie haben Erfahrung mit Vampiren?«
»Ja, die habe ich tatsächlich. Sonst hätte mich derjenige nicht geholt, den Sie bereits kennen, Kosta. Es ist ein alter Freund von mir, dieser Myxin.«
Kosta lachte auf.
»Kann man ihn überhaupt als einen Menschen bezeichnen? Der sieht doch ganz anders aus. Wie eine Figur aus einem Fantasy-Streifen. Ich - ich weiß nicht, wie ich ihn sehen soll, obwohl er mir nichts getan hat. Aber noch mal möchte ich ihm nicht begegnen. Der kann kein Freund von mir werden.«
»Das muss er auch nicht«,
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