1576 - Die Planetenspringer
zu öffnen, näherte er sich dem Gebilde weiter. Er hielt die Hände nach vorn ausgestreckt, und seine Fingerspitzen berührten die kühle Oberfläche aus unbekanntem Material. Wie Saugnäpfe lagen sie an, und Gunziram Baal hörte auf zu denken und wartete, daß etwas geschah. Noch einmal legte er sich seinen psychologisch ausgeklügelten Plan zurecht, von dem er nicht wußte, ob er etwas nützte oder ihn lediglich der Lächerlichkeit preisgab.
Wie viele Minuten er so dastand, er wußte es nicht zu sagen. Es mochte eine halbe Stunde oder auch eine ganze sein. Nichts geschah. Keine Hitze griff nach seinem Körper, nichts versuchte, seine Gedanken zu zerstören. Mit seinem geistigen Auge drang er in das Innere der Kiste vor, stellte sich die Ausmaße vor und begann, die Raumeinteilung auf die äußeren Maße zu übertragen. Dicht vor ihm, nur durch die Wand getrennt, mußte sich eine der Steuermaschinen befinden, die für das Innere des Containers zuständig waren. Innerhalb der Kiste war sie ihm gut zwei Meter hoch erschienen, im Maßstab der Außenwelt mußte sie mindestens um das Fünffache kleiner sein.
Ihr Wichte, formulierte er seine Gedanken. Alles, was sich da drinnen befindet, ist klein und unscheinbar. Ich werde mich dafür einsetzen, daß die Kiste mit nach Terra genommen wird. Dort gibt es Menschen, die so etwas für ihren Vorgarten brauchen würden. Den letzten Satz dachte er langsam und eindringlich. Es wurde Zeit, daß er sich zurückzog, denn er wurde langsam müde. Ein warnender Gedanke tauchte in seinem Kopf auf, aber er schob ihn beiseite. Die wohlige Wärme, die ihn erfüllte, machte ihn lethargisch. In einem plötzlichen Aufbäumen wehrte er sich dagegen, warf den Kopf empor und versuchte, die Finger von dem unbekannten Material zu nehmen. Es gelang ihm nicht. Die Fingerkuppen saßen wie festgeschweißt. „Dao", ächzte er. „Ich ..."
Weiter kam er nicht. Ein Blitz zuckte durch sein Gehirn, und in diesem Blitz glaubte er die Gestalt eines echten Gartenzwergs zu erkennen, wie er sie in einem terranischen Museum gesehen hatte. Und der Wicht trug sein Gesicht.
Dao-Lin-H’ay stand einen Meter neben dem Maaliter. Auch sie konzentrierte ihre ganzen Gedankenkraft auf den Würfel. Sie registrierte das Eintreten Voun Braatas und machte ihm ein kaum sichtbares Zeichen, indem sie die Krallen ihrer linken Hand ausfuhr. Er nickte und winkte ab, zog sich zur Wand zurück und verharrte dort.
Er ließ die beiden unterschiedlichen Wesen keinen Moment aus den Augen.
Dao selbst vermied es, Baal anzuschauen. Sie ließ den Würfel auf sich wirken und wartete. Es verging eine Stunde, und in dieser ganzen Zeit stand der Maaliter reglos und wäre umgefallen, wenn er sich nicht mit den Fingerspitzen an dem Container abgestützt hätte. Nichts deutete darauf hin, daß eine Kommunikation stattfand oder sich etwas ereignete.
Und doch war da etwas. Die Kartanin spürte, wie es sich näherte. Sie empfand es als kaum Wahrnehmbare Erhöhung der Raumtemperatur und stieß ein Fauchen aus. „Voun, den Schirm", zischte sie.
Seine Reaktion entging ihr, sie hatte auch keine Zeit, ihre Aufmerksamkeit auf den Bezwinger Stalkers zu richten. Etwas raste auf sie zu, das sie mit ihren äußeren Sinnen nicht erfassen konnte. Aber sie spürte es dennoch und ließ sich zu Boden fallen. Eine violette Lichtflut ergoß sich wie die Woge eines Ozeans in die Halle und füllte sie aus. Überall knisterte es von statischen Entladungen, und gleichzeitig bäumte sich der Körper Baals auf. „Voun!" schrie Dao jetzt. „Hilf mir!" Sie wollte zu Baal hin und ihn von der Wand wegreißen.
Nur zu gut waren ihr ihre eigenen Erfahrungen im Bewußtsein geblieben. Doch Dao kam keinen Zentimeter vorwärts. Sie wollte sich erheben oder vorwärts robben, aber sie steckte in dickem, zähem Sirup, der aus violettem Licht bestand und offenbar besonders gut den Schall leitete. Und die kleinen Scheiben in der Luft über dem Container reagierten noch immer nicht und projizierten keinen Schutzschirm.
Dao warf den Kopf in den Nacken und suchte eine der Kameras. Sie wußte, daß Ron von der Zentrale aus jede Einzelheit der Vorgänge verfolgte. Er zauderte und gab keinen Befehl. Warum nicht? Was hatte er angeordnet, ohne daß sie es wußte?
Wut überkam sie, Wut auf ihn, weil er sie nicht ins Vertrauen gezogen hatte. „Du bist der Wicht!" klang eine kräftige Stimme auf. Sie schien von überall her zu kommen. Die Lautstärke schmerzte die Kartanin in ihren
Weitere Kostenlose Bücher