1579 - Roi Danton der Pirat
„Vielleicht ist er ein Provokateur", meinte Kinnor. „Möglich ist alles", erwiderte Danton leise. „Aber das glaube ich nicht. Goosfor hat eine unheimliche Ausstrahlung. Deshalb wollte ich ihn in meiner Nähe haben. Unheimlich, aber nicht unsympathisch. Wer weiß, vielleicht ist er ein Mutant der neuesten Generation, einer mit der Fähigkeit, Momentaufnahmen von der Zukunft zu sehen."
Marfin Kinnor wollte etwas erwidern, doch Danton verhinderte es mit einer Handbewegung, denn sein Minikom hatte sich mit leisem Summen gemeldet. „Danton hier", flüsterte er. „Hier Gensech", flüsterte die Stimme seines Stellvertreters auf der MONTEGO BAY. An einem optischen Signal erkannte Roi, daß Gensech Timol mit hochwertiger Kodierung arbeitete. Wie üblich hatte das betreffende Signal auch bei seinem Minikom die Kodierung aktiviert. „König, wir haben mindestens einen Verräter an Bord. Kurz nach deinem Start zur RI-COSSA verließ ein Hyperkom-Kurzimpuls die MONTEGO BAY. Er war kodiert, aber nicht gut genug. Soeben gelang Talran die Entschlüsselung."
„Und?" fragte Roi gespannt. „Der Text lautete: König zur Linguidin beordert. Soll er ausgeschaltet werden?"
„Das muß allerdings ein Verräter gesendet haben!" entfuhr es dem Terraner. „An wen war der Spruch gerichtet? Er war ja nicht offen, oder?"
„Nein er ging per Richtstrahl an die MAYLPANCER", sagte Timol. „Also an Admiral Tarpin", stellte der Terraner grimmig fest. „Ich habe gleich gemerkt, daß er mir mißtraut und eifersüchtig auf die Rolle ist, die ich bei Cebu spiele. Aber daß er gegen mich intrigiert, zwingt mich doch, ihn als noch gefährlicher einzustufen. Wurde die Meldung des Verräters beantwortet?"
„Ja", bestätigte der Erste Pilot. „Die Antwort lautete lapidar: Nichts unternehmen!"
„Aha!" machte der Terraner verstehend. „Wäre ich ausgeschaltet worden, hätte Cebu Verdacht geschöpft. An sich hätte das jemanden, der nur verhindern wollte, daß ich mit ihr zusammentreffe, nicht weiter stören können."
„Es sei denn, er verfolgt noch weiterreichende Pläne, deren Erfüllung durch frühzeitigen Verdacht gefährdet worden wäre", ergänzte Marfin Kinnor. „Was für Pläne könnten das wohl sein?" überlegte Danton. „Wer könnte dahinterstecken?
Maczinkor fällt aus, denn der ist schon so gut wie tot, wenn wir Goosfor glauben dürfen."
„Tarpin ist es", sagte Kinnor. „Er stand mit dem Verräter in Verbindung und wollte offenbar verhindern, daß du die MONTEGO BAY verläßt und dich mit der Linguidin triffst. Ich ahne übrigens, wer der Verräter bei uns ist - beziehungsweise, wer die Verräter sind!"
Roi winkte ab. „Alles zu seiner Zeit. Ich weiß, an wen du denkst. Wir werden die Sache später wieder aufgreifen, wenn das eigentliche Komplott zerschlagen ist und wir dann noch leben."
„Wir werden überleben!" behauptete der Ertruser impulsiv. „Tarpin ist ein guter Raumkriegstaktiker und Kämpfer, aber das qualifiziert ihn nicht dazu, ein Komplott gegen uns, die Friedensstifterin und gleichzeitig gegen Maczinkor zu schmieden. Dazu fehlen ihm die politischen Ambitionen."
„Vielleicht nicht die Ambitionen, aber bestimmt die Fähigkeiten, sie zu realisieren", erwiderte Danton. „Ich denke, Tarpin wurde nur von jemandem vorgeschoben, der nach der Macht greift, aber nicht vorzeitig entlarvt werden will."
„Paylaczer!" rief Kinnor. „Darum fürchtet Maczinkor sich vor ihm. Was ist das eigentlich für ein Überschwerer, dieser Paylaczer? Ich kenne nur seinen Namen und weiß, daß er von seinem Flaggschiff LETICRON aus einen Verband von neunzig Kampfschiffen kommandiert."
„Mir geht es ebenso", sagte Danton grübelnd. „Niemand von uns weiß mehr als seinen Namen und seine derzeitige Stellung. Er muß einigen Aufwand getrieben haben, um alle wichtigen Daten über sich geheimzuhalten. Aber er ist nicht ohne Eitelkeit, sonst hätte er nicht vorzeitig verraten, was er anstrebt."
„Er will Maczinkor ausstechen", stellte der Ertruser fest. „Er will viel mehr", behauptete Roi Danton. „Er hat seine Absicht verraten, als er seinem Schiff den Namen gab, denn der Name LETICRON ist ein Programm. Ich bin sicher, Paylaczer will nicht mehr und nicht weniger als der neue Corun von Paricza werden. Die Stelle ist frei, wie wir wissen."
„Wenn er das schafft, müssen wir mit ihm zusammenarbeiten", grollte Kinnor. „Das würde mir gar nicht gefallen, obwohl es in der Politik schon immer so zuging. Wer die Macht hat, hat
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