1587 - Midnight-Lady
Fledermaus?«
Justine presste einen wütenden Laut durch die fast geschlossenen Lippen.
»Hör auf damit, so dumm daherzureden. Die MidnightLady ist keine Erfindung von mir. Es gibt sie wirklich, das solltest du akzeptieren.«
»Das hast du mir bei unserer Abfahrt nicht gesagt.«
»Bisher war es auch nicht nötig.«
»Und jetzt suchen wir eine Frau, die um Mitternacht erscheint und Fledermäuse mag.«
»Ja. Nebenbei auch Blut.«
»Na bravo.«
»Bist du jetzt zufrieden?«
»Noch nicht ganz.«
»Du wirst es werden.«
»Okay«, sagte ich, »und du bist dir sicher, dass wir dieser MidnightLady auch begegnen werden?«
»Ja. Wenn wir die ersten Fledermäuse sehen, dann wissen wir, dass sie nicht mehr weit ist.«
Ich hob die Schultern und lenkte den Rover in eine weit gezogene Linkskurve.
Bisher hatte ich nichts gesehen, aber ich durfte auch nicht davon ausgehen, dass mich die Cavallo reingelegt hatte. Dass sie nicht allein losgezogen war, ließ darauf schließen, dass sie diese MidnightLady nicht unterschätzte.
»Hat diese Person auch einen anderen Namen? Einen normalen?«
»Ja. Sie heißt Selma Blair.«
Ich runzelte die Stirn. Allmählich rückte Justine mit den Fakten heraus, nur brachten die mich nicht weiter. Der Name Selma Blair sagte mir nichts.
Justine fragte nach. »Kennst du sie?«
»Nein, den Namen habe ich noch nie gehört.«
Sie lachte kichernd. »Du wirst sie noch erleben. Davon bin ich überzeugt.«
»Soll ich mich darauf freuen?«
»Frag mal, ob ich mich freue.«
»Bestimmt.«
Sie winkte nur ab. Das Thema war für sie erledigt.
Die Spannung war nicht von ihr gewichen. Immer wieder schaute sie aus dem Fenster und suchte den Himmel ab. Noch bekam sie nichts zu sehen, denn ich erhielt keine Rückmeldung.
Das Schweigen gefiel mir auch nicht, deshalb fragte ich: »Wie weit ist es denn noch?«
»Wir müssen bald von der Straße ab.«
»Hm. Denk daran, dass der Rover kein Geländewagen ist.«
»Keine Sorge. So schlimm wird es nicht werden.«
»Das hoffe ich.«
»Fahr mal langsamer.«
Justine beobachtete die linke Straßenseite, und wenig später zuckte ihr Arm hoch. Da ich das Fernlicht eingeschaltet hatte, sah ich vor uns tatsächlich die Einmündung eines schmalen Weges auftauchen.
»Da müssen wir rein.«
»Wie du willst.«
Ich lenkte den Rover von der Straße weg und hatte bereits gesehen, dass der Weg nicht durch einen dichten Wald führte. Es gab hier zwar einige Bäume, aber die wuchsen ziemlich weit auseinander.
Die übrigen Gewächse hielten sich von der Höhe her in Grenzen, und so hatten wir eine recht gute Übersicht. Zudem fuhren wir noch immer im hellen Fernlicht weiter.
»Jetzt müssen wir nur noch das Haus finden.«
»Du weißt, wo es steht?«
»Ungefähr.«
»Und woher beziehst du dein Wissen?«
»Das ist meine Sache, Partner. Du bist da, um dich den Tatsachen zu stellen.«
»Aha.«
An ein zügiges Fahren war nicht mehr zu denken, denn hier gab es keinen glatten Asphaltbelag mehr, und ich wurde an meinen letzten Fall erinnert, der mich an die deutsch-polnische Grenze geführt hatte, wo es zu einer regelrechten Monsterfahrt mit Harry Stahl gekommen war.
Die nächsten Meter entwickelten sich zu einer Schaukelfahrt auf einem unebenen Boden. Mal war die Strecke breit genug, dann verengte sie sich so stark, dass die Zweige des Strauchwerks über den Lack des Rover kratzten.
Wir kamen nur langsam voran. Von einem Haus oder einem Licht war nichts zu sehen. Zudem führte der Weg in Schlangenlinien weiter.
Ich musste mich voll auf die Fahrt konzentrieren und wurde von einem Laut überrascht, den Justine von sich gegeben hatte.
»Was ist los?«
»Sie sind da!«
»Wer?«
»Die Fledermäuse. Wer sonst?« Justine rieb ihre Hände. »Jetzt weiß ich, dass wir hier richtig sind. Du kannst dich schon auf die MidnightLady freuen, Partner.«
»Wenn du das sagst.«
Ich hatte die Tiere bisher nicht gesehen, weil ich mich aufs Fahren konzentrieren musste. Das wollte ich ändern und stoppte ab.
»He, warum fährst du nicht weiter?«
»Ganz einfach. Ich will sie ebenfalls sehen.«
»Dann schau nach oben.«
Das hätte ich auch ohne ihren Ratschlag getan. So glitt mein Blick in den prächtigen dunklen Himmel, über den so gut wie keine Wolken zogen.
Über mir stand der zunehmende Mond, der schon fast voll und mit einem blassgelben Licht gefüllt war.
Von den Fledermäusen sah ich nichts und wollte schon Justine fragen, als ich die ersten zuckenden Gestalten durch
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