1588 - Die falsche Kette
werden noch mehr tun können - viel mehr. Ist dir eigentlich klar, wer und was ES ist und warum die Nakken ihn im Hyperraum suchen und nicht finden? Sie können ihn nicht finden, weil ihre Bindungen an die diesseitige Realität nicht fest genug sind. Sie benutzen pentaskopisch begabte Bionten, um diesen Mangel auszugleichen, aber diese Bionten handeln nicht aus eigenem Antrieb und betreiben die Suche darum nicht intensiv genug. Bei uns wird das anders sein. Wir können beide Ebenen wahrnehmen. Nur darum war ich imstande, mich auf Drumbar mit einem Nakken zu verständigen - über jedes sonst übliche Maß hinaus. Was die Nakken nur mit Hilfe der Technik können, das schaffen wir Linguiden mühelos und aus eigener Kraft. Kann ES sich bessere Helfer wünschen als uns?"
Er hatte sich in Schwung geredet. Er glühte förmlich vor Begeisterung.
Dorina Vaccer hatte ihn nie zuvor so gesehen, und sie hatte Angst um ihn. „Wir werden ES finden, und wir werden ES sehen!" verkündete Aramus Shaenor. „Von da an werden wir seine gleichberechtigten Partner sein."
Dorina Vaccer schwieg.
Aramus Shaenor sah zu ihr auf und lächelte. „Es ist keine falsche Kette", sagte er. „Sondern eine seit langem geplante positive Entwicklung.
Alles, was jetzt mit uns geschieht, ist das Ergebnis eines Planes, der seit Tausenden von Jahren in Kraft ist und jetzt durch uns erfüllt wird. ES hat diesen Plan entworfen. Mehr noch: ES hat uns entworfen. Wir, Dorina - wir sind die Kinder der Superintelligenz."
Es war verrückt.
Besser gesagt: Aramus Shaenor war verrückt.
Oder nicht?
Er saß vor ihr, mit leuchtenden Augen, und in seiner Stimme war wieder jenes Feuer, dem er den Spitznamen verdankte, den man ihm auf der VAROAR gegeben hatte: Flammenzunge.
Er wirkte plötzlich gar nicht mehr verwirrt und kraftlos. „Wir sind die legitimen Nachkommen der Superintelligenz", sagte er. „Und ES wird seine Kinder nicht als billige Hilfskräfte verwenden wollen. Wir werden nicht einfach nur seine Erfüllungsgehilfen sein.
Wir sind nicht seine Diener. Wir sind seine Partner!"
Dorina Vaccer starrte ihn schweigend an. „Geh nach Taumond, Dorina!" befahl er. „Sieh dir deinen Kima-Strauch an, und denke noch einmal über alles nach! ES hat uns auserwählt. ES hat dich auserwählt. Damit hat ES dir besondere Rechte gegeben, aber auch besondere Pflichten. Du hast nicht das Recht, dich diesen Pflichten zu entziehen."
Seine Stimme wurde sanfter, als er fortfuhr: „Und lauf nicht schon wieder vor mir davon. Du weißt doch ganz genau, daß das keinen Sinn hat.
Wir beide haben von Anfang an zusammengehört. Du hast die Dinge nur komplizierter gemacht, als sie hätten sein müssen. Lege den Zellaktivator wieder an, füge dich in dein Schicksal, gehorche der Superintelligenz, und dann laß uns gemeinsam dafür sorgen, daß die Völker der Milchstraße endlich zur Ruhe kommen!"
Woher will ich eigentlich so genau wissen, daß ich recht habe und er nicht? dachte Dorina Vaccer bedrückt.
Weil das, was er sagt, einen Verstoß gegen alle Regeln darstellt, die wir je für uns aufgestellt haben? Was hat das schon zu bedeuten? Die Superintelligenz kümmert sich nicht um unsere Gesetze. Sie benutzt uns nur.
Vielleicht hat Aramus sogar recht. Wäre das so unwahrscheinlich? Ist es nicht mindestens genauso verrückt, das Kima für eine falsche Kette zu halten? Hat Aramus Shaenor nicht viel bessere Argumente als ich?
Es drängte sie, ihm zu glauben.
Sie sah sein Lächeln. Für einen Augenblick schien er ganz der alte zu sein.
Aber das war nur eine Illusion.
Dorina Vaccer straffte sich. „Nein, Aramus", sagte sie leise. „Das schaffst du nicht. Wir haben keine Zukunft. Du hast keine Zukunft. Die Kette existiert, und sie bewegt sich. Du kannst es spüren, wenn du darauf achtest. Deine Beziehungen zur Realität verändern sich, und dieser Vorgang hat keinen einzigen positiven Aspekt."
„Woraus schließt du das? Aus den physischen Veränderungen?"
Er strich sich mit der rechten Hand über die Stirn und hielt Dorina Vaccer dann seine Finger entgegen: Eisengraue Haare klebten daran. „Mir gehen die Haare aus", sagte Aramus Shaenor, und es klang durchaus heiter. „Na und?
Glaubst du, daß ES unbedingt ein paar behaarte Affen zu seinen Partnern machen will? Es wird zweifellos noch zu einigen weiteren Veränderungen kommen. Warum auch nicht? Wir haben in der Vergangenheit viel zuviel Zeit mit der Pflege unserer Frisuren verbracht. In Zukunft werden wir uns auf
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