1596 - Dämonengold
Wasser, wohin das Auge schaute. Brechende Masten, Planken, die zersplitterten, zerfetzte Segel - das alles wurde ebenso über das Deck gespült wie die Menschen, die sich nicht mehr retten konnten. Da gab es nichts mehr, was ihnen Halt gab, denn die Flut war gnadenlos und riss alles mit sich.
Am Heck des Seglers befand sich die Kabine des Kapitäns. Orlando Conti führte die wilde Mannschaft. Er war ein guter Seemann und hatte sich bereits einige Meriten erworben und das Mittelmeer erkundet. Der neue Auftrag hatte ihn weit nach Westen geführt, hinweg über das große Meer, um an die Küste des neuen Kontinents zu gelangen, die vor ihm schon der Spanier Columbus entdeckt hatte.
Genau die Tatsache hatte den Dogen von Venedig nicht ruhen lassen.
Es wurmte ihn, dass er und seine Leute nicht die Ersten gewesen waren, und so hatte er Orlando Conti und seiner Mannschaft den Auftrag erteilt, ebenfalls dieses neue Land zu erreichen, um dort das zu finden, worüber man nur hinter verschlossenen Türen flüsterte.
Gold!
Ja, von gewaltigen Goldschätzen war die Rede gewesen. Tief verborgen im Dschungel des Kontinents. Ein sagenumwobenes El Dorado, das Menschen unermesslich reich machte. Gold, das dem Dogen von Venedig gehören sollte.
Orlando Conti und seine Mannschaft waren an Land gegangen. Sie hatten sich vorgekämpft. Sie waren tief in die Regenwälder eingedrungen.
Sie hatten gegen die natürlichen Feinde gekämpft. Hitze, Insekten, gegen Überschwemmungen. Sie waren durch Sümpfe marschiert und in manchen Hinterhalt von Eingeborenen geraten, anders aussehenden Menschen mit einer dunkelbraunen Haut.
Durch manchen Giftpfeil war die Mannschaft reduziert worden, und der Wille, das große Gold zu finden, schwächte sich immer mehr ab. Es blieb den Eroberern nichts anderes übrig, als den Rückzug anzutreten.
Ohne Gold.
Genau das hatte Orlando Conti geärgert. Er wollte es nicht wahrhaben, und er hatte tatsächlich das große Glück, mit dem er nicht mehr hatte rechnen können.
In einer versteckt liegenden Höhle, deren Eingang mit schrecklichen Zeichnungen und fremden Sprüchen versehen war, hatte er das Gold gefunden. Keine Mengen - nur eine Truhe oder Kiste.
Er hatte sie geöffnet und einen Blick in das Innere geworfen.
Ja, da glänzte es ihm entgegen. Das Gold, das für ihn viel, für den Dogen aber zu wenig war. Aus diesem Grunde beschloss er, es für sich zu behalten. Auf keinen Fall würde er es abgeben.
Seiner Mannschaft erzählte er nichts vom Inhalt der recht kleinen Truhe.
Conti war sogar in der Lage, sie selbst zu schleppen. Außerdem waren seine Leute abgelenkt, denn die Gefahren waren nicht weniger geworden.
Sie schlugen sich bis zur Küste durch. Fast auf die Hälfte dezimiert erreichten sie das Schiff und legten in der Abenddämmerung ab.
Conti hatte die Kiste in seine Kabine geschafft. Neugierige Blicke hatte er sich gefallen lassen müssen, es hatte sich jedoch niemand getraut, nach dem Inhalt zu fragen. Jeder wusste, wie knallhart ihr Kapitän reagieren konnte.
Die Heimfahrt entwickelte sich zu einem wahren Horror. Der Ozean benahm sich oft genug wie ein wildes Tier. Durch die Stürme kamen sie mehr als einmal vom Kurs ab, doch die große Richtung, die Fahrt nach Osten, konnten sie beibehalten.
Sie waren nur ein wenig zu stark nach Norden abgedriftet, sodass sie in die Nähe der englischen Westküste gerieten, und da erwischte es sie dann.
Diesmal konnte der Segler den Horrorwellen nichts mehr entgegensetzen. Das merkte auch Orlando Conti, der tief geschlafen hatte. Auf der Heimfahrt hatte er immer öfter dem Alkohol zugesprochen.
Er hatte durch den Wein und den scharfen Schnaps seine Angst betäuben wollen, der er sonst nicht Herr wurde.
Angst vor dem mächtigen Dogen, der enttäuscht sein würde, wenn die Mannschaft ohne Gold zurückkehrte.
Trotz seiner Angst dachte der Kapitän nicht daran, seine Beute dem Dogen zu überlassen. Er spielte bereits mit dem Gedanken, sich klammheimlich aus dem Staub zu machen, weiter nach Osten zu segeln, um sich dann in den Bergen der Skipetaren zu verstecken.
Später würde er sich dann eine der großen Städte aussuchen, um dort ein Leben in Wohlstand zu führen.
Das alles stand auf der Kippe, denn der Sturm war gnadenlos. Orlando Conti schlief nicht in einer Hängematte. Ihm stand ein Bett zu, und er wurde erst richtig wach, als eine mächtige Seitwärtsbewegung des Seglers ihn aus dem Bett schleuderte.
Er fluchte, als er über die Planken
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